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Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger
Autoren: Kim Harrison
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übertragen, von der du wusstest, dass er sie nicht bewältigen konnte. Währenddessen hast du selbst denjenigen unterrichtet, den das Schicksal zu deinem Nachfolger bestimmt hat. Es war dein Plan, Madison ohne jegliche Fähigkeiten dastehen zu lassen. Unwissend und klar im Nachteil, falls die Wahrheit eines Tages ans Licht käme und sie meinen Platz übernehmen müsste. Wie bequem für dich!« Kairos wandte sich zu mir um, in seinen Augen spiegelte sich die Verachtung. »Und du hast es zugelassen.«
    Abwehrend schüttelte ich den Kopf. Ich hatte es doch nicht gewusst. Woher denn auch?
    Ich machte einen Satz, als Nakita plötzlich an meiner Seite stand und ihre Flügel mich sanft streiften. Ihr Schwert war fort. Ich starrte sie an und sah ihre Verwirrung. Ich wusste, wie sie sich fühlte, denn ich fühlte mich genauso: verraten, entsetzt, verrückt vor Angst.
    »Wenigstens hab ich nicht versucht, sie umzubringen«, murrte Ron.
    »Nein, du hast sie nur im Dunkeln über ihr Schicksal gelassen.«
    »Immerhin habe ich sie gerettet!«, brüllte Ron zurück. »Du hast mich nicht gerettet«, sagte ich. Meine Lippen bewegten sich kaum. »Ich bin gestorben, falls du dich erinnerst.«
    Die sanfte Brise, die vom Strand heraufwehte, fuhr mir ins Haar, sodass die lila Spitzen meine Wangen kitzelten. Ich versuchte, das alles zu verstehen. Es ergab einfach keinen Sinn. Ich konnte nicht die neue schwarze Zeitwächterin sein, ich glaubte doch noch nicht mal an das Schicksal.
    Plötzlich stürzte Ron vorwärts und riss mich aus dem Nebel meiner Gedanken.
    »Halt!«, rief ich, umklammerte mit der einen Hand mein Amulett und streckte die andere abwehrend nach vorn. Ergeben blieb er stehen.
    »Die Seraphim haben Madison dazu bestimmt, deinen Platz einzunehmen?«, fragte Nakita mit brüchiger Stimme. »Ich sollte meine neue Herrin töten? Die als Nächste den Willen der Seraphim vertreten soll?« Kairos blickte sie finster an. »Sie wäre nicht deine neue Herrin, wenn du mich ihre Seele vernichten ließest.« Kairos richtete sich zu einer stolzen Pose auf »Ich könnte unsterblich sein. Unsterblich, Nakita!«, wiederholte er wild gestikulierend und warf dabei beinahe sein Glas um. »Wir könnten den Gang der Zeit für immer zu unseren Gunsten wenden. Stell dir das doch nur vor!«
    »Du hast versprochen, mir zu helfen«, flüsterte Nakita, leiser als der Wind.
    Kairos warf ihr einen verärgerten Blick zu, doch als er begriff, was für eine Bedrohung sie darstellte, wurden seine Augen schmal. »Gib mir dein Amulett«, befahl er und streckte die Hand aus. Als sie nicht gehorchte, kam er langsam auf sie zu. Jede seiner Bewegungen drückte Ärger und Autorität aus.
    Ich unterdrückte ein erschrecktes Keuchen, als Nakita mich hinter sich stieß. Strauchelnd bemühte ich mich, nicht hinzufallen. Ein scharfes Ping schien die zarten Sonnenstrahlen zu erschüttern, und als ich wieder aufsah, lag Nakitas Amulett in Kairos' Hand und er ging auf den Tisch zu. Er hatte sie hilflos gemacht. Mist. Und jetzt?
    »Ich bin immer noch dein Herr, du schwachköpfiger Engel«, sagte er und ließ die Quelle ihrer Macht auf den Tisch fallen. Sein Lächeln ließ mein Blut bis ins Mark gefrieren. »Nun, Madison. Kommen wir zu deinem Körper.«
    Verdammt. Er hatte meinen Körper. Er konnte meine Seele vernichten. Ron stand regungslos da. Nicht, dass ich von ihm noch irgendetwas erwartet hätte. Nakita fiel vor Kairos auf die Knie, ihr Gesicht war bleich und von ihrem Auge löste sich ein schmales, feuchtes Rinnsal. »Du hast gesagt, du würdest dafür sorgen, dass es mir wieder gut geht«, klagte sie. Ihre Stimme klang verzweifelt. »Ich will keine Angst mehr haben!«
    Trotz meiner eigenen Angst regte sich Mitleid in mir. Sie war eine Gefallene, ein zweifach betrogener Engel. Wie ein unschuldiges, mächtiges Tier, dem plötzlich die eigene Sterblichkeit enthüllt wurde. »Du hast es mir versprochen, Kairos«, flüsterte Nakita. Tränen liefen ihre Wangen hinunter und sie wischte sie weg, einen Moment lang bestürzt, dass sie zu so etwas überhaupt fähig war. »Ich musste ertragen, dass die Schwarzflügel meine Erinnerungen fressen. Ich habe dir geglaubt. Und du schickst mich los, sie zu töten, weil du den Tod fürchtest?« »Ich werde unsterblich sein!«, schrie Kairos mit plötzlich aufflammender Wut. »Wie kannst du dir anmaßen zu wissen, wie es ist, den Tod zu fürchten? Du, die seit Anbeginn der Zeiten existiert und die existieren wird, bis alles zu Ende
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