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Totgeburt

Totgeburt

Titel: Totgeburt
Autoren: Sam E. Maas
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Seine Arbeit war sein wunder Punkt, da musste Marie ansetzen. Sie unterdrückte ein Grinsen. Der Spieler interessierte sich tatsächlich für den alten Spinner und er machte Druck. Nur Wenige waren dazu in der Lage.
    Der Doktor setzte unterdessen eine Plastikkappe auf die Nadel auf. Danach wedelte er mit der Spritze vor ihrem Gesicht herum wie mit einem erhobenen Zeigefinger.
    „Bleib bei ihm. Freunde dich mit ihm an. Wenn er überlebt, lass ihn sich erholen. Denk daran, er ist depressiv und suizidgefährdet. Sei vorsichtig, mach ihn nicht kaputt. Zeig ihm das süße Leben, halt ihn bei Laune.“ Er grinste frech. „Ach, was mische ich mich in deine Angelegenheiten ein? Jeder von uns hat ja seine Vorzüge, auch du, Marie. Aber merk dir meine Worte, Mädchen. Wenn das Experiment wegen dir scheitert, wirst D—U zur Verantwortung gezogen.“
    Es war zu spät für leere Drohungen, der Alte konnte ihre Laune nicht mehr verderben. Der große Doktor, man hatte ihn an die kurze Leine genommen. Herrlich!
    „Ich weiß, dass er am Ende ist. Wir haben darüber schon am Telefon gesprochen. Deswegen laufe ich ja auch 'rum wie so ein Unterschichtflittchen, vergessen? Ich werde ihn schon nicht kaputt machen.“
    Sie hatten gesagt, was zu sagen war, also nahm Marie die Spritze entgegen und verstaute sie zusammen mit dem Bier in ihrer Tasche. Danach öffnete sie die Autotür, stieg aus und blickte zur Parkbank. Das Zielobjekt hatte sich bereits verabschiedet und sich auf den Weg ins Parkinnere begeben.
    Als sie die Verfolgung aufnahm, hörte sie den Motor des Wagens starten. Der Doktor fuhr einen kleinen Bogen, kam neben ihr zum Stehen und öffnete das Fenster, anscheinend beschäftigte ihn etwas. Unbeeindruckt setzte sie ihren Weg fort, drehte sich nicht zu ihm um.
    Marie solle Bericht erstatten, rief er ihr hinterher.
    Sie unterdrückte das Grinsen nicht länger, hob die Hand und winkte kurz. Das musste dem Alten genügen. Der Doktor sollte ruhig merken, dass er nicht unantastbar war.
    „Gewöhn dich dran. Du sitzt auf heißen Kohlen, hast keine Freunde, weil du so ein arrogantes Arschloch bist. Wenn du was von den Wölfen willst, musst du auch mit ihnen heulen“, murmelte sie.
    Kurz darauf heulte der Motor auf und der Wagen raste davon. Die Ruhe hatte ihn verlassen. Immerhin ein erster kleiner Sieg.

II
    Marie folgte dem Junkie durch den Park, bis er sich abermals auf einer Bank niederließ. Sie passierte ihn, warf ihm einen verstohlenen Blick zu, den er nicht erwiderte, ging weiter, drehte wieder um und sprach ihn schließlich an.
    „Hey, ehm, hast du vielleicht … keine Ahnung, Stoff?“, fragte sie schüchtern.
    Der Kerl zuckte zusammen, wusste nicht, wie zu reagieren.
    „Keine Ahnung, was du meinst“, entgegnete er und sah sich um.
    „Ich bin kein Bulle“, sagte sie.
    Er war eine misstrauische Natur, was die Sache leider erschweren würde. Sie hielt den Augenkontakt aufrecht, das machte es den Leuten für gewöhnlich schwerer, den Kontakt zu verweigern.
    „Äh“, sagte er und rutschte auf und ab.
    „Ich mein … hör zu, ich brauch unbedingt was.“
    „Ich ja auch“, stammelte der Kerl.
    Er schien seine Offenbarung zu bedauern und blickte hinunter auf seine Füße. Da er den Augenkontakt mied, musste sie ihm ihre Gesellschaft anders aufzwingen. Dieser Fisch hier wollte nicht so recht in den Haken beißen.
    „Echt? Geil. Was dagegen, wenn ich mich zu dir geselle?“
    „Äh.“
    „Heute geht aber auch wirklich gar nichts“, meinte sie und setzte sich zu ihm auf die Lehne, bevor er etwas erwidern konnte.
    „Schon seit Tagen geht das so“, sagte er irritiert.
    „Ach, in diesem Teil der Stadt also auch.“
    „Hast du die Bullen gesehen“, fragte er plötzlich.
    „Keine gesehen. Die sind bestimmt am Fressen, ist ja eh keiner am dealen“, sagte sie.
    „Ach, die Bullen“, flüsterte er und spuckte auf den Boden.
    „Was?“, fragte sie.
    „Die Bullen“, sagte er ein wenig lauter.
    „Du kannst ruhig lauter reden. Außer mir ist keiner da.“
    „Ich weiß“, sagte er, war aber nicht wirklich davon überzeugt und warf einen kurzen Blick in die Richtung, aus der die beiden gekommen waren.
    „Wir sind alleine“, sagte sie.
    Er antwortete nicht, drehte sich eine Zigarette und fing an zu rauchen. Marie spürte, dass ihre Präsenz den Mann überforderte. War er schüchtern, was Frauen anging oder allgemein menschenscheu? Sie steckte sich ebenfalls eine Kippe an, welche sie schweigend rauchte. Sie wollte ihm
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