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Totentöchter - Die dritte Generation

Totentöchter - Die dritte Generation

Titel: Totentöchter - Die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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um diese vier Seelen zu einer heiligen Einheit zu verbinden, die Früchte tragen wird für kommende Generationen …«
    Während der Mann spricht, mustert Linden uns. Vielleicht ist es das Kerzenlicht oder die milde Abendbrise, auf alle Fälle wirkt er nicht mehr so bedrohlich wie vor ein paar Tagen, als er uns aus der Reihe ausgesucht hat. Er ist ein großer Mann mit zartem Knochenbau, der ihn fast zerbrechlich, ja, kindlich erscheinen lässt. Seine Augen sind strahlend grün und seine glänzenden schwarzen Locken rahmen sein Gesicht wie dicke Ranken. Er lächelt nicht und er grinst auch nicht so, wie er es getan hat, als er mich beim Herumrennen auf dem Flur erwischt hat. Einen Augenblick frage ich mich, ob das wirklich derselbe Mann ist. Doch dann öffnet er den Mund und ich sehe das Gold seiner Backenzähne schimmern.
    Die Aufwärter sind vorgetreten. Der Mann in Weiß hat aufgehört, davon zu reden, wie diese Ehe die Zukunft kommender Generationen sichern wird. Nun spricht Linden jede Einzelne von uns mit Namen an.
    »Cecily Ashby«, sagt er zu der kleinen Braut. Elle öffnet ihre gefalteten Hände und ein goldener Ring kommt zum Vorschein. Linden nimmt diesen Ring und steckt ihn an die Hand der kleinen Braut. »Meine Frau«, sagt Linden.
    Sie wird rot und strahlt.

    Ehe ich verarbeiten kann, was hier geschieht, hat Deidre die Hände geöffnet, der Ring wird ihr von Linden abgenommen und auf meinen Finger gesteckt. »Rhine Ashby«, sagt er. »Meine Frau.«
    Das hat keine Bedeutung, sage ich mir. Soll er mich doch seine Frau nennen. Sobald ich auf der anderen Seite des Zauns bin, wird dieser alberne kleine Ring nichts mehr bedeuten. Ich bin immer noch Rhine Ellery. Diesen Gedanken versuche ich zu verinnerlichen, aber mir bricht der kalte Schweiß aus. Mein Herz ist schwer geworden. Linden fängt meinen Blick auf und wir starren uns in die Augen. Ich will nicht rot werden, wanken oder wegschauen. Ich will mich nicht unterwerfen.
    Einen Moment zögert er, dann macht er mit der dritten Braut weiter.
    »Jenna Ashby«, sagt er zu dem nächsten Mädchen. »Meine Frau.«
    Der Mann in Weiß sagt: »Was das Schicksal zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.«
    Das Schicksal, denke ich, ist ein Dieb.
    Die Musik fängt wieder an zu spielen und Linden nimmt jede von uns an der Hand und führt uns die Stufen hinunter, eine nach der anderen. Seine Hand ist klamm und kühl. Das ist unsere erste Berührung als Mann und Frau.
    Während ich mich vorwärtsbewege, versuche ich mir das herrschaftliche Haus genau anzusehen, das mich in den letzten Tagen gefangen gehalten hat. Aber es ist zu gewaltig, und ich stehe zu dicht davor, um mehr als einen Teil davon sehen zu können. Außer Ziegeln und Fenstern nehme ich nichts wahr. Doch ich glaube, ich sehe Gabriel
für einen Augenblick, als er an einem der Fenster vorbeigeht. Ich erkenne sein ordentlich gescheiteltes Haar und seine großen blauen Augen, die mich beobachten.
    Dann verlässt Linden uns wieder, er verschwindet irgendwohin mit dem Mann aus der ersten Generation, mit dem er sich uns genähert hat. Und die Bräute werden zurück ins Haus getrieben. Es ist mit Efeu bewachsen, und kurz bevor ich reingehe, strecke ich mich nach den grünen Blättern, reiße ein kleines Stück ab und verberge es in meiner Faust. Es lässt mich an zu Hause denken, obwohl dort kein Efeu mehr wächst.
    Zurück in meinem Zimmer, verstecke ich das Efeublatt in meinem Kissenbezug, ehe Deidre wieder um mich herumschwirrt. Sie hilft mir aus meinem Hochzeitskleid, das sie ordentlich faltet. Dann besprüht sie mich mit etwas, was mir zuerst scharf in die Nase steigt und mich zum Niesen bringt, dann aber zu einem angenehmen Rosenduft wird. Ich muss mich wieder auf den Hocker setzen und sie öffnet erneut die Schminkschublade. Sie schrubbt mein Gesicht sauber und fängt von Neuem mit der Arbeit an. Dieses Mal bemalt sie mich in dramatischen Rot- und Lilatönen, die mich richtig heißblütig erscheinen lassen. Das gefällt mir sogar noch besser als der vorherige Look, denn ich finde, es trägt meine Wut und Bitternis nach außen.
    Mir wird ein maßgeschneidertes Kleid angezogen, das zur Farbe meiner Lippen passt, mit Flügelärmeln und schwarzer Spitze am Kragen. Das Kleid reicht nur bis zur Mitte des Oberschenkels. Deidre zupft am Stoff, damit er auch ordentlich fällt. Während sie noch dabei ist, schlüpfe ich in ein weiteres Paar lächerlich hoher Schuhe
und starre mich im Spiegel an. Jede

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