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Totenpech

Titel: Totenpech
Autoren: Tanja Pleva
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sie
ins Netz ging.
    Er tauschte in der hoteleigenen Wechselstube ein paar Euros in
Ägyptische Pfund um. Auf dem Weg zur Rezeption, wo er seinen Abendflug nach
Deutschland bestätigen lassen wollte, blieb er vor einem Souvenirladen stehen.
Im Fenster lag eine goldene Kette mit einem Skarabäusanhänger aus Lapislazuli.
Lina hatte immer davon geträumt, nach Ägypten zu reisen. Jetzt hatte sie sich
ihren Wunsch selbst erfüllt, indem sie sich einem Kriminellen an den Hals geschmissen
hatte, und das gleich kurz nachdem sie sich gestritten hatten. Trotzdem hatte
Sam das Bedürfnis, ihr diese Kette zu kaufen. Er war nicht wütend auf sie,
lediglich enttäuscht und traurig.
    Er kaufte die Kette, bestätigte seinen Flug für den Abend und bekam
sogar noch einen Platz in der 22.30-Uhr-Maschine von München nach
Hamburg. Dann setzte er sich in das Hotelcafé.
    Er orderte einen Pfefferminztee, lehnte sich in dem Korbsessel
zurück und sah sich die anderen Gäste an. Sein Blick blieb an einem
einheimischen Pärchen hängen. Sie war in ein bodenlanges schwarzes Gewand
gehüllt, das nur die Augen freigab, er war leger in Jeans und Hemd gekleidet.
Sie hatten sich einen Imbiss bestellt. Sam beobachtete gebannt, wie die Frau
das Sandwich unter ihren Schleier schob und aß. Ab und zu verschwand auch die
Limonade, in der ein Strohhalm steckte, darunter und kam wieder zum Vorschein.
Er machte sich gerade Gedanken, wie wohl das Innere des Gewandes nach der
Sandwichmahlzeit aussah, als der Mann mitten im Kauen innehielt und Sam mit
funkelnden Augen fixierte. Sam sah schnell in eine andere Richtung und machte
dem Kellner ein Zeichen, dass er bezahlen wolle.
    Â»Hier sind Sie ja.«
    Rajid setzte sich ihm gegenüber.
    Â»Ich habe mir die Videobänder vom Hotel zu Ende angesehen. Renouillt
und die junge Frau … seine Begleitung …« Rajid sah verlegen zu Sam, der
versuchte, gelassen zu bleiben.
    Â»Was ist damit?«
    Â»Also, sie verließen gemeinsam das Hotel am Morgen. Nach Auskunft
des Fahrers hatte er sie in einem Dorf abgesetzt, wo sie sich Pferde mieteten.
Danach hat er sie nicht mehr gesehen, aber er weiß, dass sie nach den Pyramiden
zum Basar wollten.«
    Sam sah ihn fragend an. Er verstand nicht so recht, warum Rajid ihm
das erzählte.
    Â»Der Mann kam am späten Abend allein wieder und ging auf sein
Zimmer. Seine Begleitung tauchte nicht mehr auf.«
    Das war der zweite Schlag für Sam.
    Â»Ich verstehe nicht ganz«, sagte er laut, obwohl er sich sehr genau
ausmalen konnte, was das zu bedeuten hatte.
    Â»Ihre Kleider waren allesamt aus dem Zimmer verschwunden. Aber sie
hat das Hotel am Morgen mit Renouillt verlassen. Ohne Koffer. Sie verstehen?«
    Â»Ich muss das Band sehen.«
    Â»Ich habe es dabei. Wir können es uns gleich hier im Hotel ansehen.«
    Rajid zeigte auf seine Tasche und lächelte Sam aufmunternd zu.
    Als die beiden die Lobby betraten, dachte Sam, ein Gespenst vor sich
zu sehen. Er musste drei Mal hinschauen, um auch wirklich zu begreifen, wen er
da vor sich hatte.
    Ronald Walter saß angespannt in einem Ledersessel und hielt etwas
auf seinem Schoß umklammert, als könnte es sich selbstständig machen und
davonlaufen. Seine Gesichtsfarbe changierte zwischen Blassgrün und Weiß, und
Sam überlegte, ob es an dem hellgrünen Hemd lag, das er trug und auf dem sich
tellergroße dunkelgrüne Flecke unter dem Achselbereich gebildet hatten, oder ob
etwas Grünliches in der Lobby in seinem Gesicht reflektierte. Er konnte nichts
entdecken.
    Zweifelsohne steht der Mann mal wieder unter argem Stress, dachte
Sam und nahm der ganzen Situation die Spannung, indem er so tat, als wäre
nichts Ungewöhnliches daran, Ronald Walter hier in Kairo zu treffen.
    Ronald Walter blickte mit gehetzten Augen von Rajid zu Sam und dann
durch die Lobby. Schweißtropfen standen auf seiner Stirn, sein Hals glänzte
ebenfalls vor Nässe. Er bat Sam, unter vier Augen mit ihm reden zu dürfen. Sam
machte Rajid ein Zeichen, einen Augenblick hier unten zu warten, und fuhr mit
Ronald Walter hoch in sein Zimmer. Erst hier entspannte sich der Mann.
Schließlich legte er behutsam das Paket aufs Bett. Vorsichtig wie ein rohes Ei
holte er einen Gegenstand aus dem weißen Beutel und wickelte ihn aus seiner
Seidenpapierumhüllung.
    Sam beobachtete jede Bewegung von Ronald Walter, und als dieser am
Ende die Büste der Nofretete
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