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Totennacht (German Edition)

Totennacht (German Edition)

Titel: Totennacht (German Edition)
Autoren: Todd Ritter
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gestemmt, tauchte Eric aus den Fluten auf und erbrach das Wasser, das er geschluckt hatte. Er schnappte nach Luft und spürte sofort, wie sich die brennenden Lungen beruhigten.
    Glenn hielt ihn jetzt am Arm gepackt und zerrte ihn auf das Ufer zu. Den Blick nach links gerichtet, sah Eric die Abrisskante des Wasserfalls in nur knapp zehn Metern Entfernung. Die Strömung trieb ihn weiter darauf zu, doch Glenn war stärker. Er kämpfte dagegen an und zog Eric hinter sich her.
    Sein Vater lag bäuchlings am Ufer und reichte mit Nick Donnellys Stock über das Wasser hinaus, während Nick ihn an den Beinen festhielt. Als Glenn den Stock ergriffen hatte, halfen beide, ihn und Eric aus dem Wasser zu ziehen.
    Eric ließ sich in den Uferschlamm fallen und hustete Wasser. Ken, der neben ihm lag, schloss ihn in die Arme. Es war seit Jahren, vielleicht Jahrzehnten, das erste Mal, dass ihn sein Vater umarmte. Ein gutes Gefühl.
    Auf dem Rücken ausgestreckt am Boden liegend, blickte er auf und sah seinen Vater und Glenn Stewart, der ihm das Leben gerettet hatte. Aber wo war Nick?
    Eric richtete sich auf und sah ihn auf die Reste der Brücke zulaufen, Holztrümmer, die sich allmählich in ihre Einzelteile auflösten. Kat hielt immer noch daran fest.
    Neben ihr kauerte Charlie.
    «Kat», sagte Eric. «Wir müssen ihr helfen.»

    Die Brücke hatte sich in ein Floß verwandelt. Weniger als einen Quadratmeter groß und von Wasser überspült, wippte es auf den Wellen. Kat hockte darauf und stützte sich mit den Händen ab. Ihr gegenüber kauerte Charlie Olmstead in ähnlicher Position. Zwischen ihnen lag die Pistole.
    Charlie griff danach, so auch Kat.
    Beide prallten aufeinander, worauf Kat nach hinten kippte und mit dem Rücken aufschlug. Ihr Kopf schwebte über dem Wasser, ihr Haar hing bereits darin. Blitzschnell rollte sie sich zu einer Kugel zusammen, als Charlie ihr einen Fußtritt versetzte.
    Der Schmerz war entsetzlich. Er ging vom Unterleib aus und breitete sich wie ein Lauffeuer im ganzen Körper aus. Ein zweiter Tritt löschte all ihre Gedanken aus. Was ihr durch den Kopf ging, verschwand und wurde durch Schmerzen ersetzt.
    Dass Nick und Eric in der Nähe waren, registrierte sie kaum. Die beiden versuchten, sie zu erreichen, was aber unmöglich war. Sie und Charlie befanden sich in der Mitte des Flusses, und schwimmend dorthin zu gelangen, wäre zu riskant gewesen.
    Viel zu riskant.
    Trotzdem versuchten sie es. Eric watete auf den Stumpf einer abgebrochenen Stütze zu, hielt ihn mit beiden Beinen umklammert und langte nach dem nächsten Stumpf, den er aber nicht zu fassen bekam.
    Immerhin hinderte er Charlie daran, ein drittes Mal zuzutreten, denn sein Bruder sah ihn und hielt kurz inne. Nicht lange, nur den Bruchteil einer Sekunde, die Kat jedoch nutzte, um ihm ein Bein wegzuziehen.
    Schreiend kippte Charlie hintenüber, wie Kat kurz zuvor. Der Aufprall setzte das Floß in Bewegung. Kat spürte, wie es von der Strömung mitgerissen wurde. Es trieb kreisend auf die Klippen zu.
    Kat sah nur noch eine Chance. Sie musste ans Ufer schwimmen, konnte aber Charlie nicht mit der Waffe zurücklassen. Er würde, sobald er Gelegenheit dazu hätte, auf sie schießen. Also warf sie sich ungeachtet ihrer Schmerzen auf ihn, setzte sich rittlings auf seine Brust und quetschte mit den Knien seine Oberarme. Ihre Faust landete auf seiner Kinnspitze.
    «Das war für Dennis Kepners Mom.»
    In Gedanken an das Leid, das er anderen zugefügt hatte, konnte sie nicht an sich halten und schlug ein zweites Mal zu.
    «Und für die von Noah Pierce.»
    Diesmal hatte sie seine Nase getroffen. Kat bemerkte Blut an ihrer Faust.
    «Und für die von Dwight Halsey.»
    Zwei weitere Fausthiebe folgten.
    «Für Frankie Pulaski und Bucky Mason.»
    Kat weinte. Wie lange schon, wusste sie nicht. Vielleicht waren ihr die Tränen erst beim letzten Schlag gekommen, vielleicht schon beim ersten. Sie ließ sie strömen. Wenn nicht um sich, weinte sie um die Mütter, die durch Charlies Hand ihre Söhne verloren hatten.
    Sie stand auf und trat ihm so fest in den Bauch, wie er sie getreten hatte.
    «Und das ist für Maggie, die nie aufgehört hat, Sie zu lieben und nach Ihnen zu suchen. Mit so viel Hoffnung und Liebe, die Sie gar nicht verdient haben.»
    Das Floß wurde schneller. Unaufhaltsam trieb es auf die Klippen zu. Kat blickte auf und versuchte, den Abstand zu schätzen. Noch fünfzehn Meter, vielleicht weniger. Und mit jeder Sekunde rückte der Wasserfall
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