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Totennacht (German Edition)

Totennacht (German Edition)

Titel: Totennacht (German Edition)
Autoren: Todd Ritter
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einer Mondlandung gemordet hatte. Die Antwort lag auf der Hand. Während der ersten Mondlandung war Charlie Olmstead gestorben und Kevin Brewster an dessen Stelle getreten. Und jede Apollo-Mission hatte ihm die Chance einer Neuinszenierung jener verhängnisvollen Nacht geboten.
    «Wussten Sie, dass Eric überlebt hat?»
    «Ich hab’s mir gedacht», antwortete Charlie. «Aber in Perry Hollow konnte ich mich ja nicht mehr blicken lassen.»
    «Jetzt, nach all den Jahren, schon. Als Sie erfuhren, dass sich Eric wieder in seinem Elternhaus aufhält, sind Sie gekommen, um zu Ende zu bringen, woran sie 1969 gehindert wurden. Stimmt’s?»
    Charlie grinste. «So ungefähr.»
    «Das werde ich nicht zulassen.»
    Kat trat einen weiteren Schritt auf Charlie zu, woraufhin dieser den Würgegriff um Erics Hals noch enger zuzog und ihn vor die Brüstung stieß. Der Handlauf brach wie ein dürrer Zweig. Splitter flogen ins Wasser und trieben rasend schnell auf die Klippen zu.
    Der Aufprall hatte die Brücke merklich in Schieflage gebracht. Die Stützbalken knackten. Eric und Charlie hielten einander fest umklammert. Sie hatten das Gleichgewicht verloren und drohten über den Rand zu kippen.
    Die Waffe im Anschlag, eilte Kat auf sie zu und sprang über die von ihr aufgerissene Lücke in den Planken. Als sie den Fuß aufsetzte, tat sich ein weiteres Loch unter ihr auf.
    Ihr Schrei hallte von den Bäumen auf der anderen Seite der Brücke wider. Instinktiv streckte sie beide Arme aus, um den Sturz abzufangen. Die Glock fiel ihr dabei aus der Hand und schlitterte über die Planken auf Charlie zu.
    Kat steckte fest. Wieder spürte sie, wie ihre Füße ins Wasser eintauchten. Den Blick auf ihre Waffe gerichtet, sah sie eine Hand danach greifen.
    Die Hand gehörte Charlie. Er hatte ihre Glock und zielte damit auf ihren Kopf.

    Eric sah alles, verstand aber nichts. Was sich vor seinen Augen abspielte, passierte zu schnell, als dass er es hätte begreifen können. Zuerst der splitternde Handlauf, gegen den er mit der Hüfte geprallt war. Dann das unter der Brücke dahinschießende Wasser, von oben gesehen. Und als sich Charlies Arm von seinem Hals löste und seine Schulter erfasste, war für Eric nicht zu unterscheiden, ob sein Bruder ihn in den Fluss stoßen oder zurückhalten wollte. Er sah Kat herbeieilen, auf dem Steg einsacken und die Waffe verlieren, die dann Charlie vom Boden aufhob und auf sie richtete. Er sah dessen Finger am Abzug.
    Eric wusste jetzt nur eines: Er musste Charlie aufhalten.
    «Tu ihr nichts!», schrie er. «Ich bin es doch, auf den du’s abgesehen hast.»
    Charlie fuhr herum und zielte auf seine Brust. Eric hob die Hände.
    «Du willst mich umbringen? Schön. Aber lass sie in Frieden. Bitte.»
    Er sprach, ohne nachzudenken. Gehirn und Zunge schienen nicht miteinander verbunden zu sein. Eric wollte einfach bloß Kat beschützen, und dazu stand ihm nur ein Mittel zur Verfügung, das nämlich, womit er seinen Lebensunterhalt bestritt. Worte.
    «Sie hat dir nichts getan», sagte er. «Sie hat mir nur geholfen, dich zu finden. Das ist alles.»
    Charlie betrachtete ihn mit einem Ausdruck, der Panik und Verzweiflung verriet. Eric stellte sich vor, dass er genau so ausgesehen hatte, als Dennis Kepner tot vor ihm gelegen hatte. Vielleicht auch nach der Ermordung der anderen Jungen.
    «Ich will nur, dass alles wieder so ist wie früher», sagte Charlie. «Als ich hier zu Hause war. Bevor du zur Welt gekommen bist. Ich war glücklich damals.»
    «Das könntest du wieder sein», versprach Eric. «Ich werde wieder von hier fortziehen. Dann habt ihr, du und Dad, das Haus ganz für euch allein. Es wird so sein, als wäre ich nie geboren. Aber du musst Kat gehen lassen.»
    Er betete im Stillen, dass Charlie ihm glaubte und außer Acht lassen würde, dass es kein Happy End für ihn geben konnte und alle Träume ausgeträumt wären, sobald er die Brücke verließ.
    Falls es denn dazu kommen sollte. Charlie schien hin- und hergerissen und zielte mit der Waffe mal auf ihn, mal auf Kat, die hilflos zwischen den aufgebrochenen Planken feststeckte.
    «Lass mich ihr helfen», sagte Eric. «Ich bringe sie ans Ufer und schicke sie fort. Dann sind wir unter uns. Dann kannst du zu Ende bringen, was du vor so vielen Jahren begonnen hast. Du bist mich los und kannst glücklich und zufrieden sein.»
    Charlie schien nachzudenken. Die Pistole wanderte erneut zwischen beiden hin und her. Schließlich richtete sie sich auf Erics Brust. Es war
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