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Totenfrau

Totenfrau

Titel: Totenfrau
Autoren: Bernhard Aichner
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Blum weiß es. Er kann sich kaum noch zurückhalten, er möchte springen und sie zu Boden reißen.
    Weil er spürt, dass es nichts mehr nützt. Weil er in ihrem Gesicht sieht, dass es egal ist, was er sagt. Dass es vorbei ist. Mit jedem Wort mehr aus ihrem Mund weiß er es. Blum meint es ernst. Blum will, dass er stirbt. Wie sie ihn anstarrt. Kalt alles, kein Ausweg. Nichts hilft. Und deshalb dreht sich der Wind wieder. Von einem Moment zum anderen zieht ein Sturm auf. Langsam wieder seine Wut. Langsam erwacht das Tier, das sie gleich töten wird.
    – Was ist mit den anderen, Blum?
    – Tot.
    – Das traue ich dir nicht zu.
    – Genau das war dein Fehler.
    – Du hast sie umgebracht?
    – Ich habe sie bestattet.
    – Nein.
    – Doch.
    – Und du denkst, du bist besser als ich?
    – Ja.
    – Da irrst du dich.
    – Du hast sie so lange getreten und geschlagen, bis sie ihr Kind verloren hat. Sie ist verblutet. Dann hast du sie einfach irgendwo weggeworfen.
    – Und du hast einem Priester den Kopf abgeschnitten.
    – Ja. Und jetzt werde ich dich verbrennen.
    – So weit gehst du nicht.
    – Doch.
    – Nein.
    – Für Mark.
    – Das ist doch lächerlich, Blum.
    – Du warst der Schlimmste von allen.
    – Das hat dir deine kleine Freundin erzählt, oder?
    – Ja.
    – Hätte sie ihren Mund gehalten, würde sie noch leben.
    – Sie hatte kein Leben. Ihr habt es ihr genommen.
    – Ich habe nur ihren Kopf unter Wasser gehalten. Es ging ganz leicht. Eine Minute lang oder zwei, dann ist sie den Inn hinuntergeschwommen. Genauso wie der Junge.
    – Du verdammtes Schwein.
    – Sehr schade, dass wir unseren kleinen Club schließen mussten. Dein Mann und diese kleine Fotze mussten ja unbedingt die Helden spielen.
    – Schluss jetzt.
    – Ich hatte sehr viel Spaß mit Dunja. Sie war unser Goldstück. Wie dumm von ihr, dass sie weggelaufen ist. Dumme kleine Schlampe.
    – Lass das.
    – Ich war sehr überrascht, dass ich sie im Kinderzimmer der Mädchen gesehen habe. Nachdem ich dich gefickt hatte. Dieses kleine Luder war einfach nicht unterzukriegen.
    – Du sollst das lassen.
    – Sie war richtig gut, das kannst du mir glauben. Mark war bestimmt auch begeistert von ihr.
    – Es reicht.
    – Nein, es reicht noch lange nicht.
    – Doch.
    Kein Wort mehr. Kein Sturm mehr. Kein Wind, keine Wellen, Blum drückt den Knopf. Sie will nichts mehr hören, nichts mehr wissen, sie will, dass er für immer verschwindet. Was er sagt, was er getan hat. Nur ihr Zeigefinger auf einem Knopf und wie er zu schreien beginnt. Wie die Ofentür sich öffnet und der Sarg einfährt. Mit den Füßen voraus, Massimo brüllt. Er beschimpft sie, flucht, schreit, doch niemand kann ihn hören, niemand hilft ihm. Nur Blum und Reza sind da. Hand in Hand stehen sie nebeneinander und schauen zu. Sie rühren sich nicht, tun nichts, um es aufzuhalten. Es rückgängig zu machen. Nichts, nur ihre Finger ineinander, fest verbunden, sie bewegen sich keinen Zentimeter, alles passiert einfach. Der Sarg, ihre Hände und die Ofentür, die sich wieder schließt. Wie er schreit. Massimo, kurz noch. Einen kleinen Augenblick lang. Und dann wie es still ist. Nur noch sie beide plötzlich.
    Mitten in der Nacht. Zeit, um sich daran zu gewöhnen. Dass alles gut wird. Dass es vorbei ist. Zwei Stunden brennt er. Nebeneinander sitzen sie am Boden vor dem Ofen und warten. Reza und Blum. Sie reden nicht, immer noch halten sie ihre Hände. Immer wieder steht Blum auf und schaut durch das kleine Fenster. Sie schaut zu, wie Massimo sich auflöst. Siebenhundertfünfzig Grad und das Gefühl, dass es leichter wird. Langsam. Wenn sie wieder hinaus in die Nacht gehen und mit dem Bus auf die Autobahn fahren. Dieses Gefühl, dass sie leben will. Irgendwo auf einem Rastplatz spürt sie es. Weiterleben. Weil da nur noch Asche ist. In einer Plastiktüte. Massimo. Wie er in eine verdreckte Toilette fällt. Und wie Blum ihn hinunterspült.

Acht Jahre
vorher

– Blum?
    – Ja.
    – Darf ich dich etwas fragen?
    – Alles, was du willst.
    – Wir müssen danach auch nie wieder darüber reden.
    – Worüber?
    – Du weißt, dass ich auf deiner Seite bin. Immer, egal, was passiert, aber du musst mir jetzt die Wahrheit sagen.
    – Du machst mir Angst, Mark.
    – Alles ist gut, Blum.
    – Ist es das? Du klingst komisch. Was ist los?
    – Ich will wissen, ob du einen Grund hattest.
    – Ich verstehe nicht.
    – Ob sie es verdient haben.
    – Wovon redest du?
    – Deine Eltern.
    – Was ist mit ihnen?
    – Dass
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