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Totenfrau

Totenfrau

Titel: Totenfrau
Autoren: Bernhard Aichner
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unbeschreiblich grausam. Ein Clown. Er kam, um sie zu demütigen, sie zu schlagen. Manchmal vergewaltigte er sie nicht, er schlug sie nur. Nur Prügel. Er schlug zu und lachte. Wie verrückt, völlig außer sich, laut, ohne Kontrolle. Er nahm Dunjas Kopf und schlug ihn auf den Boden. Einfach so. Nur weil sie nicht lächelte. Nur weil sie seinem Wunsch nicht entsprach. Du sollst mich anlächeln, du Schlampe. Ich sagte, du sollst lächeln. Bin ich nicht gut genug für dich? Du sollst mich anlächeln . Dann nahm er sie bei den Haaren und schmetterte ihren Kopf auf den roten Teppichboden. Hart. Bis Dunja das Bewusstsein verlor. Dann ließ er sie liegen. Und ging.
    Massimo. Die gute Seele. Der Mann, der für Recht und Ordnung sorgt. Wie er mit Mark nächtelang unten in der Garage stand und Bier trank. Zwei Männer nach der Arbeit. Zwei Männer, die sich umarmten und Spaß hatten, Kindsköpfe, Freunde. Blum kann es immer noch nicht fassen, es nicht verstehen. Warum er sich mit Jaunig abgegeben hat, mit Schönborn und Puch. Mit Ludwig. Warum er sich mit diesen Männern in einem Keller verkrochen hat, warum er zu alldem fähig gewesen ist. Diese Wut, das Monster unter der Maske. Kein liebenswerter Clown, ein Mörder. Er hat sie nicht zum Lachen gebracht. Dunja. Ilena. Youn. Nie. Das Lachen hat nur wehgetan.
    Dreckschwein. Blum hat kein anderes Wort. Immer wieder kommt es auf ihre Lippen, leise, während der faule Willi am Bildschirm Honig schleckt. Während Uma und Nela kichern und sich an sie schmiegen. Dreckschwein. Massimo. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Du wirst sterben.

46

Sie macht langsam die Augen auf. Ganz langsam, weil sie ahnt, was kommen wird. Weil sie weiß, dass sie nicht sehen will, was da ist. Weil sie es riechen kann. Und hören. Das Desinfektionsmittel, den Motor der Kühlung, das Surren der alten Neonröhre links über ihr, den Kran, mit dem sie die Leichen in die Särge heben. Blum weiß, wo sie ist. Sie weiß nicht, wie sie da hingekommen ist, aber sie weiß, dass sie im Versorgungsraum liegt. Dass jemand sie niedergeschlagen hat, sie ausgezogen und auf dem Tisch festgebunden hat. Kalt das Aluminium auf ihrer Haut. Sie kann sich nicht bewegen, sie zittert, ihr Mund ist zugeklebt, ihre Augen sind offen. Sie versucht, sich ein Bild zu machen. Zu verstehen, was passiert ist. Was passieren wird. Das Einzige, was sich bewegt, ist ihr Kopf. Sie dreht ihn hin und her, ihre Augen suchen nach Hilfe, sie will schreien, doch was sie hört, ist nur Stöhnen. Unter dem Klebeband ihre Lippen, verzweifelt ihr Mund, der nach Hilfe schreit. Weil sie es nicht wahrhaben will. Dass es passiert ist. Dass er neben ihr liegt.
    Reza. Das Blut auf dem Tisch, sein Rumpf ohne Arme. Ohne Kopf, Reza ist tot, Reza bewegt sich nicht, Reza kann ihr nicht mehr helfen. Da ist nur noch ein Rest von ihm. Fleisch. Was er zuletzt gesagt hat. Wie er sie noch umarmt hat. Wie sich ihre Hände berührt haben. Seine und ihre. Wie er jetzt daliegt. Auf dem Boden seine Arme wie Müll. Seine Beine. Zerschnitten. Was sie gemacht hat, hat er mit Reza gemacht, es ihr nachgemacht. In ihrem Versorgungsraum, in ihrem Haus. Blum schreit unter dem Klebeband. Laut. Doch niemand hört sie. Niemand ist da, sie sieht ihn nicht, da sind nur Rezas Rumpf und sie selbst. Allein, egal wie oft sie ihren Kopf hin und her wirft, sie kann ihn nicht sehen. Wenn er im Raum ist, müsste sie ihn hören, es ist zu still. Er ist irgendwo im Haus, er will warten, bis sie wach ist, er ist bei den Kindern, bei Karl. Was er mit ihnen macht? Blum sieht es vor sich. Sie will sich losreißen, sie will nicht, dass er sie berührt, dass er ihnen etwas tut, sie muss sie beschützen, ihre kleinen Engel. Karl. Nicht. Das darf nicht sein. Nichts davon. Dass es so weit gekommen ist. Dass sie ihn plötzlich hört. Dass er im Raum ist. Von einem Stuhl aufsteht und auf sie zukommt.
    Plötzlich Schritte, sein Atmen, das näher kommt. Aus dem Nichts, langsam, er lässt sich Zeit, er will, dass sie Angst hat, dass sie leidet, er will sie quälen, sie im Ungewissen lassen. Er bleibt stehen, spielt mit ihr. Beobachtet sie. Wie ihr Brustkorb sich hebt und senkt, wie ihr Herz immer schneller schlägt, wie ihre Handgelenke sich drehen, wie ihre Finger nach einem Ausweg suchen. Blum. Nackt auf dem Tisch. Wehrlos ihre Haut, ihre Brüste. Wie lange sie schon da liegt, wie lange er sie schon anstarrt? Blum fragt sich. Ob er sie berührt hat. Was er mit ihr gemacht hat, während sie bewusstlos
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