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Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen
Autoren: Steve Mosby
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Erinnerungen hin, von denen es sozusagen den Staub abwischte, vielleicht in der Hoffnung, dass sich das eine oder andere Stück als wertvoll herausstellen würde.
    Emma war im letzten Jahr meine Freundin gewesen. Ich hatte sie nicht beim Zaubern kennengelernt, sondern im Internet, und am Anfang passte alles so gut, dass sie tatsächlich schon nach zweieinhalb Monaten zu mir in meine kleine Wohnung zog. Wir mochten die gleiche Musik und die gleichen Filme und Bücher. Eine Zeitlang war alles
großartig
gewesen. Jetzt war mein Unterbewusstsein auf der Suche nach dem Augenblick, an dem aus großartig annehmbar wurde und annehmbar sich in gleichgültig verwandelte. Vielleicht hätte sich mein Unterbewusstsein für die Veränderung des Beziehungsstatus von gleichgültig zu unglücklich entschieden, aber das war wohl eher schon letzten Montag geschehen, als Emma mir gesagt hatte, es sei aus zwischen uns, und ausgezogen war. Heute wollte sie noch einmal vorbeikommen und die letzten Kartons mit ihren Sachen aus dem Wohnzimmer holen. Wie sich das anfühlen würde, darüber war das letzte Wort noch nicht gesprochen.
    Aber davon abgesehen hatte ich Arbeit zu erledigen.
    Ich trank einen Kaffee, aß etwas Toast und nahm eine weitere Tasse Kaffee mit ins Arbeitszimmer. Eigentlich war es nur das Gästezimmer, kaum groß genug, um zwei Bücherregale an einer Wand, einen Schreibtisch in der Ecke und ein Bett für ein »zweites Schlafzimmer« mit den Lügen des Immobilienmaklers in Einklang zu bringen. Wie in den anderen Räumen der Wohnung passten auch hier die Einrichtungsgegenstände nicht zueinander. Ich wohnte seit fast drei Jahren hier, hatte Möbel aber immer nur aus einer momentanen Laune heraus gekauft, statt damit einem umfassenden Einrichtungsplan zu folgen. Als ich zum Beispiel auf den Regalen keinen Platz mehr hatte, kaufte ich einfach ein neues Bücherregal und suchte dann erst eine Wand, wo es hinpassen würde.
    Ich setzte mich auf den Bürostuhl aus Leder, an dessen Hebel noch das Preisschild hing, fuhr den Computer hoch und machte mich für den Tag bereit, der vor mir lag.
    Was die Arbeit betraf, musste ich einen Artikel für den
Anonymous Skeptic
schreiben, die monatlich erscheinende Zeitschrift, die Rob und ich verlegten. Wir brachten Besprechungen von Zauber-Vorstellungen, widmeten uns aber hauptsächlich der kritischen Betrachtung einer ganzen Reihe von New-Age-Themen. Geistererscheinungen, Medien mit übersinnlichen Fähigkeiten, UFO s, alternative Therapien, Kristalle; alle, die das Wort »Energie« in den Mund nehmen, ohne zu wissen, was es bedeutet, nehmen wir uns vor. Der Artikel, den ich heute schreiben musste, befasste sich mit Astrologie und war reine Routine, nur zwei Seiten, die ich im Schlaf hätte schreiben können, wäre es mir nur gelungen einzuschlafen.
    Zwanzig Minuten später hatte ich den halben Artikel fertig, als sich mein Handy meldete. Es lag auf dem Schreibtisch und vibrierte. Ich hielt inne, die Finger über der Tastatur bereithaltend.
    (Rufnummer unterdrückt)
    Ich nahm ab.
    »Hallo?«
    »Dave!« Ich erkannte Toris Stimme, aber irgendwie klang sie schon, als sei etwas nicht in Ordnung. »Es ist so schön, deine Stimme zu hören.«
    »Ich find’s auch schön, dich zu hören. Tut mir leid, schon ’ne Ewigkeit her, oder?«
    Ich erinnerte mich, dass es schon mindestens vier oder fünf Monate her war, seit ich richtig mit ihr geredet hatte, und ich hatte auch kaum E-Mails oder SMS geschickt. Der Grund war hauptsächlich, dass die Situation mit Emma sich so verschlechtert hatte, die es selbst in den besten Zeiten nicht gut gefunden hatte, dass ich einer Ex noch freundschaftlich verbunden war. Ich hatte die Probleme nicht noch verschlimmern wollen. Aber wie die Dinge sich jetzt entwickelt hatten, schien das kaum eine gute Ausrede, und mich plagte das Gewissen, weil wir so wenig Kontakt gehabt hatten.
    »Wie geht es dir?«, sagte ich.
    »Nicht so toll. Allerdings hab ich heute Vormittag draußen in der Sonne gesessen, das war schön. Überall Blätter.«
    Die Alarmglocken schrillten jetzt lauter.
    »Wo bist du?«
    »In Staunton. Bin seit zwei Tagen hier. Sie haben mich eingewiesen.«
    »Was ist passiert?«
    »Es war Eddie.«
    Automatisch nahm ich eine Münze vom Computertisch und begann, damit zu spielen – eine stetig wiederholte Handbewegung, die mir half, einen klaren Kopf zu behalten. Mit dem Mittelfinger schob ich die Münze am Daumen entlang, hielt sie dort einen Moment fest, ließ sie
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