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Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen
Autoren: Steve Mosby
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Ohr, starrte unbeweglich auf das Ding auf dem Bett, das, wie er tief im Inneren wusste, seine ehemalige Freundin war. Einen Augenblick lang hörte er nur das Rauschen aus dem Telefonhörer.
    Und dann sagte Alison mit der gleichen ausdruckslosen Stimme: »Hilf mir.«

1
    Sonntag, 7. August
    I ch lernte Tori vor zwei Jahren durch die Zauberei kennen.
    Es war an einem sonst durchschnittlichen Abend in Edward’s Bar mitten in der Stadt. Das ist eines der Lokale, wo Bier nicht in Gläsern ausgeschenkt wird, es gibt nur Flaschen, Hochprozentiges in kleinen Gläschen oder Cocktails, und das alles zu Preisen, bei denen man das Gefühl bekommt, man sollte sich eigentlich in einem besseren Lokal aufhalten. Am Tresen gab es Platz für fünf, wenn man sich etwas schmal machte. Wollte man sich zum Trinken hinsetzen, konnte man auf Hockern mit superhohen Beinen Platz nehmen oder sich auf tiefe Ledersofas vor kaum kniehohen Couchtischen kauern. Zumindest konnte man das, wenn man früh dran war. Sonst musste man stehen und über das Gefühl hinwegsehen, dass die Schuhe langsam an den Fliesen festklebten.
    Alles an diesem Laden war ein Schuss in den Ofen. Zum Beispiel war die Klientel nie so gepflegt, wie der Geschäftsführer, der George und nicht etwa Edward hieß – und genau das meine ich –, es sich bei der Eröffnung der Bar vorgestellt hatte.
    Die Gäste dagegen fanden, sie hätten Niveau und Schick, aber wäre jemals jemand hereingekommen, der wirklich Geld hatte, dann wäre er wahrscheinlich auf der Toilette von jemandem ausgeraubt worden, der danach auch noch in den Barraum zurückgekommen wäre, um dessen Drink zu leeren.
    George aber hielt durch. Ein Freund machte ihn mit mir und Rob bekannt, und George fand, dass zwei von Tisch zu Tisch ziehende Amateurtaschenspieler seinem Laden einen Anflug von Klasse geben könnten. An sich keine schlechte Idee. Aber leider auch das ein Reinfall, weil er
uns
engagierte.
    Rob und ich traten getrennt auf. Rob hatte eine ziemlich eindrucksvolle Gedankenleser-Nummer, und ich konzentrierte mich auf Zaubertricks mitten im Publikum, meistens mit Spielkarten. Wir waren nicht erstklassig, beim besten Willen nicht. Das Beste, was sich über uns sagen ließ, war, dass wir einen guten Einstieg hinlegten. Am Ende des Abends war ich gewöhnlich besoffener als die meisten Gäste und verriet ihnen Geheimnisse, die die Kollegen vom Magischen Zirkel hätten verzweifeln lassen. Zu diesem Zeitpunkt saß Rob meistens bei irgendeinem Mädchen, schaute ihr tief in die Augen und versuchte, ihre Telefonnummer herauszubekommen.
    Wir verdienten uns das Geld fürs Bier. Und eines Abends lernte ich Tori kennen.
    Das Geheimnis im Umgang mit einer Gruppe Fremder besteht darin, sich die Wortführer herauszupicken und für sich zu gewinnen. Deshalb bemerkte ich Tori nicht gleich, sondern hatte meine Aufmerksamkeit auf zwei ihrer Freunde gerichtet, die an ihrem Tisch den Ton anzugeben schienen.
    Der lauteste, ein Typ, der Choc hieß, war ein kleiner Schwarzer Ende dreißig, der ein ungebügeltes Hemd, eine billige Anzughose und weiße Turnschuhe trug. Haar und Bart waren auf die gleiche Länge zurechtgestutzt, und aus seinem Benehmen und seiner Fahne schloss ich, dass er schon eine ganze Weile am Trinken war, möglicherweise mehrere Tage. Neben ihm saß Cardo, größer, schmächtiger und erst Anfang zwanzig, in überweiten Sportklamotten und mit einer Baseballmütze, die den größten Teil seines Gesichts verdeckte. Im Gegensatz zu Choc hockte er zusammengesunken und schweigsam da. Er zeigte mehr Interesse für sein Mobiltelefon als für die Leute um ihn herum. Aber ich führte einen Trick vor – mit bloßen Händen und hochgerollten Ärmeln zauberte ich eine Münze hinter seinem Ohr hervor, und ein verlegenes Grinsen trat auf sein Gesicht wie bei einem Teenager, der es nicht schafft, cool zu bleiben.
    Außer diesen beiden war der Rest an dem Tisch eine seltsame Mischung. Sie kamen einem vor wie eine Gruppe von Fremden, die eigentlich alle lieber woanders gewesen wären. Während ich meine Vorstellung gab, fand ich langsam heraus, dass das Mädchen am Tischende sie alle zusammenhielt.
    Ich stützte einen Arm auf die Couch, die ihr gegenüberstand.
    »Hi. Wie heißt du?«
    »Tori.«
    »Nett, dich kennenzulernen. Ich bin Dave.«
    Sie wirkte zierlich und selbstbewusst, hatte ihr langes braunes Haar zurückgebunden und trug ein dünnes hellblaues Hemd. Die beiden oberen Knöpfe waren offen, und man konnte ein
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