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Tote essen kein Fast Food

Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food
Autoren: Karin Baron
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dichtmachen.“
    â€žDas wird Frida gar nicht gefallen“, sagte ich, als Jan und ich mit unseren Rädern über die alte Eisenbahntrasse zurückfuhren nach List. Meines sah ziemlich schrottig aus undhatte nur drei Gänge, aber auf die Dauer war es einfach unpraktisch, nicht selbst mobil zu sein. Tags zuvor war mir das Teil sozusagen zugelaufen. Beim Königshafen, wo es ganz offensichtlich herrenlos an einem Gatter lehnte.
    â€žWieso wird das Frida nicht gefallen?“
    â€žSie sucht noch eine passende Wohnung für ihre Schlangenzucht auf Sylt.“
    â€žDa wäre die Stelle bei der Falltür natürlich ideal gewesen“, grinste Jan. „Und dein geklautes Rad hättest du bei der Gelegenheit auch gleich wieder da abstellen können.“
    â€žGeklaut? Wieso geklaut? Ich bin sicher, das hat Tante Hedi dort extra für mich geparkt.“
    â€žDu meinst, deine Tante Hedi schaut dir vom Himmel aus zu?“
    â€žNa sicher. Für alle Fälle. Falls mein Berliner Schutzengel mal gerade keine Zeit hat, weil er andere Leute babysitten muss.“ Mit einem wilden Schlenker wich ich einem gehbehinderten Mops aus, der mich mit seiner Leine um ein Haar zu Fall gebracht hätte.
    â€žDu hast recht“, sagte Jan. „Kann gar nicht anders sein. Ein einziger Schutzengel ist mit dir nämlich komplett überfordert.“
    Ich gab Gas.

EPILOG
    Als wir nach Hause kamen in den Priel Nr. 11, war Frida ausgezogen. Aus Solidarität mit Marzipans zukünftigen Söhnen und Töchtern hatte sie sich in Martins Zelt im Garten eingerichtet. Dort übernachtete sie bis zum Ende der Ferien in der Gesellschaft von neun Hühnerkacke-Eiern und mit Jasper als Bodyguard. Auf keinen Fall wollte sie verpassen, wie die Babys schlüpften, sagte sie, auch wenn das freudige Ereignis laut Wikipedia erst in sechzig bis achtzig Tagen zu erwarten war. Einmal allerdings, als ich nachts aufs Klo musste und danach das Fenster zum Garten aufmachte, sah ich, wie Frida sich verschlafen aus ihrem Zelt wurstelte und mit ihrer Patchworkdecke im Schlepptau zurück in ihr kuscheliges Bett in Tante Hedis Haus tappte.
    Jan und ich verbrachten den Rest der Ferien überwiegend und unfallfrei auf einer von Tante Hedis selbst gestrickten Wolldecken in einer Sandkuhle am Oststrand. Nicht weit von den sogenannten Lister Seekühen, die seit rund siebzig Jahren stoisch im Wattenmeer stehen.
    â€žHey, sag mal, wusstest du eigentlich, dass die Lister Seekühe ebenfalls Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg sind? Das waren Seezielbatterien für Schießübungen und sie gehörten ...“
    Der Rest dieser hochinteressanten Information ging leider verloren. Sie vernuschelte zwischen zwei Lippen, dienach Marshmallows schmeckten, und einem abgrundtiefen Grübchen.
    Von Mia hab ich übrigens noch einen Brief bekommen, vor ein paar Wochen, als die Schule längst wieder angefangen hatte. Ihre Sauklaue hat sich auch unter Tageslicht-Bedingungen nicht wesentlich gebessert, aber ihr selbst geht’s wieder gut. Sie hinkt nur noch ein kleines bisschen und epileptische Anfälle hatte sie seit dem auf Sylt auch keine mehr.
    â€žAber diesem Feigling von meinem Doktor-Vater hab ich vorletzte Woche die Meinung gegeigt“
, schrieb sie.
„Ohne Zeugen. Seine Familie kann ja schließlich nix dafür, dass er so ein Arsch ist. Meine Mutter sagt, er hat gestern gekündigt, um irgendwo in Süddeutschland Chefarzt zu werden. Dahin kann er seine epileptischen Gene gern mitnehmen. Ich hoffe nur, alle Krankenschwestern bringen sich dort rechtzeitig in Sicherheit.
    Und apropos Krankenschwester: Meine Mutter hat tatsächlich nur eine Strafe auf Bewährung bekommen, so wie dein Jan vermutet hatte. Sie war keinen Tag von zu Hause weg, außer zur Gerichtsverhandlung natürlich. Jetzt arbeitet sie wieder im Krankenhaus. Nur ohne kriminelle Kollegen. Und der neue Oberarzt ist jetzt eine Frau
☺ .“
    Von meinem Schutzengel krieg ich auch Post. Regelmäßig und jede Menge, wenn auch per Mail oder SMS.
    â€žVermisst wird sehnsüchtig die 16-jährige Fanny Filius aus Heidrege bei Hamburg. Sie ist meistens ein bisschen verwirrt und verdreht damit auch anderen Leuten ständig den Kopf. Sachdienliche Hinweise und Küsse, auch fernmündlich, wenn’s nicht anders geht, nimmt Jan entgegen. Tel. 0172...“
    Fernbeziehung ist zwar bescheuert, aber für solche SMS
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