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Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food
Autoren: Karin Baron
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seinem Indianerzelt. Dabei hat er es umgestoßen. Es regnete Vogelfutter – und dazu mein Notebook.“
    „Aber …“
    „Susanne war so blöd, das bei der Arbeit zu erzählen, und Glatzen-Peter und sein Kumpel waren leider schneller als die Polizei. Sie haben Susannes Auto aufgebrochen und das Notebook gestohlen. Da hat meine Mutter sie endlich angezeigt. Sie und sich selbst.“ Mia schwieg. „Noch nicht mal Achim hatte sie gesagt, dass sie jahrelang erpresst wurde.“
    „Warum hat sie dir denn nicht viel früher die Wahrheit erzählt – über deinen Vater?“
    „Das wollte sie immer, aber sie hatte auch immer Angst davor, wie ich reagieren würde. Außerdem hatte mein feinerArzt-Erzeuger selber Familie und keinen Bock darauf, dass die dahinterkommen.“
    „Wie, sie hat den auch noch in Schutz genommen?“
    „Sie hat wohl Angst gehabt, ich geh dahin und stelle den zur Rede. Das hätte sie mir jedenfalls zugetraut. Zu Recht“, fügte Mia nach einer kurzen Pause hinzu.
    „Das hätte natürlich einen Skandal verursacht in deinem Friedrichstadt“, dachte ich laut nach.
    „Tja, und darauf hatte sie wohl keine Lust.“ Mia pustete eine lange Ponysträhne aus ihrer Stirn. „Irgendwann war wohl auch einfach der richtige Zeitpunkt verpasst, es mir zu sagen.“
    „Hmm. Und jetzt?“
    „Sie hat sich einen Anwalt genommen und hofft, dass sie mildernde Umstände kriegt, weil sie erpresst wurde. Ich hoffe, wir kommen gleichzeitig raus. Ich aus meinem Gips … und sie aus dem … Knast.“
    „Mann, was für eine Geschichte.“ Jan fuhr sich mit allen zehn Fingern durch seine Locken. „Bestimmt kriegt sie nur eine Bewährungsstrafe und muss gar nicht ins Gefängnis.“ Mir fiel etwas ein.
    „Sitzt Muffin noch im Bunker?“, fragte ich.
    „Nein, Igel hat sie mit ihrem Lieblingsfutter rausgelockt und meinen ganzen Kram abgeholt. Und die Gemeinde List will das Bunkerloch bei den Dünen zuschütten lassen und die Falltür beim Königshafen ein für alle Mal dichtmachen.“
    „Das wird Frida gar nicht gefallen“, sagte ich, als Jan und ich mit unseren Rädern über die alte Eisenbahntrasse zurückfuhren nach List. Meines sah ziemlich schrottig aus undhatte nur drei Gänge, aber auf die Dauer war es einfach unpraktisch, nicht selbst mobil zu sein. Tags zuvor war mir das Teil sozusagen zugelaufen. Beim Königshafen, wo es ganz offensichtlich herrenlos an einem Gatter lehnte.
    „Wieso wird das Frida nicht gefallen?“
    „Sie sucht noch eine passende Wohnung für ihre Schlangenzucht auf Sylt.“
    „Da wäre die Stelle bei der Falltür natürlich ideal gewesen“, grinste Jan. „Und dein geklautes Rad hättest du bei der Gelegenheit auch gleich wieder da abstellen können.“
    „Geklaut? Wieso geklaut? Ich bin sicher, das hat Tante Hedi dort extra für mich geparkt.“
    „Du meinst, deine Tante Hedi schaut dir vom Himmel aus zu?“
    „Na sicher. Für alle Fälle. Falls mein Berliner Schutzengel mal gerade keine Zeit hat, weil er andere Leute babysitten muss.“ Mit einem wilden Schlenker wich ich einem gehbehinderten Mops aus, der mich mit seiner Leine um ein Haar zu Fall gebracht hätte.
    „Du hast recht“, sagte Jan. „Kann gar nicht anders sein. Ein einziger Schutzengel ist mit dir nämlich komplett überfordert.“
    Ich gab Gas.

EPILOG
    Als wir nach Hause kamen in den Priel Nr. 11, war Frida ausgezogen. Aus Solidarität mit Marzipans zukünftigen Söhnen und Töchtern hatte sie sich in Martins Zelt im Garten eingerichtet. Dort übernachtete sie bis zum Ende der Ferien in der Gesellschaft von neun Hühnerkacke-Eiern und mit Jasper als Bodyguard. Auf keinen Fall wollte sie verpassen, wie die Babys schlüpften, sagte sie, auch wenn das freudige Ereignis laut Wikipedia erst in sechzig bis achtzig Tagen zu erwarten war. Einmal allerdings, als ich nachts aufs Klo musste und danach das Fenster zum Garten aufmachte, sah ich, wie Frida sich verschlafen aus ihrem Zelt wurstelte und mit ihrer Patchworkdecke im Schlepptau zurück in ihr kuscheliges Bett in Tante Hedis Haus tappte.
    Jan und ich verbrachten den Rest der Ferien überwiegend und unfallfrei auf einer von Tante Hedis selbst gestrickten Wolldecken in einer Sandkuhle am Oststrand. Nicht weit von den sogenannten Lister Seekühen, die seit rund siebzig Jahren stoisch im Wattenmeer stehen.
    „Hey, sag mal, wusstest du eigentlich, dass die Lister Seekühe ebenfalls Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg sind? Das waren Seezielbatterien für Schießübungen und
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