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Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food
Autoren: Karin Baron
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Schließlich will ich nicht das ganze Krankenhaus abfackeln.“ Ich drehte mich zu Jan und zog eine Augenbraue hoch, was er zum Glück sofort kapierte.
    „Feuerfest? Warum nicht gleich atombombensicher“, hörte ich ihn murmeln, während er sich zum Ausgang wandte. „Ich guck mal, was ich finde“, sagte er laut und verschwand durch die pistaziengrüne Tür, die sich mit einem metallischen Klick automatisch hinter ihm schloss.
    „Was hast du vor?“ Mia ignorierte auch diese Frage. Hallo? Saß sie auf ihren Ohren oder was? „Wie geht’s dir?“, versuchte ich es ein drittes Mal und reichte ihr die Riesenbox Meeresfrüchte aus Schokolade, die ich in Westerland für sie erstanden hatte.
    „Oh, danke. Die hatte ich lange nicht.“ Mia riss die Folie um die Schachtel ab und zog die dunkelbraune Form heraus, in der die Schoko-Seesterne, -Schnecken und -Muscheln in ihren Plastikhöhlen der Kernschmelze entgegendämmerten. Sie nahm sich eine Schnecke und hielt mir dann die Packung hin. „Und danke überhaupt.“ Ihre Lider mit den langen dunklen Wimpern flatterten ein wenig, als sie mir in die Augen sah. „Für alles. Mir geht’s viel besser“, setzte sie hinzu, „und das mit dem Bein hier ist nicht so schlimm.“ Sie machte eine Pause. „Wenn ihr nicht gekommen wärt …“
    Ich entspannte mich und setzte mich auf den Stuhl neben ihrem Bett. „Aber wir sind ja gekommen.“
    „Woher wusstet ihr, wo ihr mich suchen müsst?“
    „Als wir aus dem Bunker kamen, fiel mir ein, dass wir dich da schon mal gesehen hatten. Nach einem anderen Apothekeneinbruch. Durch die Taue in der Kiste neben deinem Lager bin ich drauf gekommen.“ Ich biss einen Arm von meinem Seestern ab. „Wozu brauchtest du die eigentlich?“
    „Um die Gänge zu erkunden. Ich wusste ja nicht, wie viele Abzweigungen es gibt. Ich hab sie aneinandergeknotet und später dann die Strickleiter gemacht, für den zweiten Eingang.“
    „Hmm. Aus Fridas Nylonseil.“
    „Frida? Ist das die Kleine mit dem Weichei von Hund im Minikleid, die …“
    „… die du in das Loch zurückgeschubst hast, ja. Und Jasper ist kein Weichei!“
    „Sorry.“ Mia guckte zerknirscht. „Ist sie deine Schwester?“
    „Nee.“ Ich verzog das Gesicht. „Jedenfalls noch nicht, soviel ich weiß.“
    „Aha.“ Mia warf mir einen neugierigen Blick zu.
    „Du hast mit deinem Onkel Igel gesprochen?“
    „Ja, er saß an meinem Bett, als ich aufwachte. Und ist die ganze Zeit über bei mir geblieben. Bis gestern … als meine Mutter kam.“
    „Die war bestimmt überglücklich, dich gesund wiederzuhaben. Einigermaßen jedenfalls“, sagte ich mit Blick auf Mias Gipsfuß. Mia ließ ihre Schokoschnecke auf das weiße Betttuch fallen und stopfte sie dann schnell in den Mund. Verlegen spielte sie mit der silbernen Drahtspirale aus ihrem Block.
    „Schon“, sagte sie vage. „Igel hat mir erzählt, was im Bunker passiert ist, als ich nicht da war. Da hab ich ja wohl noch mal Glück gehabt, dass ich den beiden Typen nicht in die Arme gelaufen bin.“
    „Sieht ganz so aus. Was wollten die eigentlich von dir? Habt ihr das inzwischen rausgekriegt?“
    „Mich zum Schweigen bringen. Ein für alle Mal“, erwiderte Mia düster, um dann zufrieden fortzufahren. „Hat ja bekanntlich nicht geklappt.“
    „War aber verdammt knapp“, sagte Jan, der, ohne zu klopfen, zur Tür hereinkam. Umständlich zog er ein rundes Edelstahlgefäß mit Deckel unter seinem über die Jeans hängenden Hemd hervor und hielt es ihr hin. „Das hab ich aus dem Schwesternzimmer geklaut“, erklärte er. „Meinst du, das geht?“
    „’ne Petrischale.“ Mia fing an zu kichern. „Wie passend. So ähnlich fing das Ganze auch an.“
    Verständnislos sah Jan mich an. „Hast du eine Ahnung, wovon sie redet?“
    Ich zuckte die Schultern. „Ich passe.“
    Mia schien nicht die Absicht zu haben, uns aufzuklären. Stattdessen reichte sie mir die glänzende Schale. „Kannst du die Schnipsel bitte da reintun?“ Danach halfen wir ihr aus dem Bett und zum Balkon, wo ich die Schale auf einem kleinen Tisch abstellte. Mia fummelte ein Feuerzeug aus dem hellbraunen Lederbeutel, den sie um den Hals trug, hob den Deckel ab und warf die Drahtspirale zum Papier. Dann zündete sie das Ganze an. Zögerlich fingen die Schnipsel Feuer und krümmten sich zusammen, als würden sie den Bauch einziehen, um der Hitze zu entgehen. Sie loderten kurz und heftig auf und sanken schließlich zu einem schwarzgrauen Aschehäufchen zusammen,
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