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0014 - Ich eroberte die Gangsterfestung

0014 - Ich eroberte die Gangsterfestung

Titel: 0014 - Ich eroberte die Gangsterfestung
Autoren: Heinz Werner Höber
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Gewissermaßen ein Vorspiel
    Es geht nichts über ein freies Wochenende, wenn die Sonne vom Himmel lacht, daß sogar die Brücken über den East River anfangen zu singen. Sagen Sie nicht, Brücken könnten nicht singen! Gehen Sie mal morgens, kurz nach Sonnenaufgang, über die Washington Bridge, wenn die letzte Morgenkälte die Stahltrossen der Hängebrücke so spannt, daß der Nachttau in blitzenden Perlen davon abspringt: wenn Sie dann ganz genau hinhören, dann singen die Brücken in New York ihr leises, geheimnisvolles Lied. O ja, es ist eine Stadt wie keine andere, dieses New York…
    Wenn ich so enthusiastisch werde, dann hat das natürlich seinen Grund.
    Versteht sich. Jerry Cotton, der Special Agent der amerikanischen Bundeskriminalpolizei, die wir nur kurz das FBI nennen, dieser Jerry Cotton hatte von seinem Distriktschef, einem gewissen Mister High, Urlaub für das ganze Wochenende. Regelrechten Urlaub! Mein Freund Phil Decker war in der gleichen glücklichen Lage wie ich. Kein Wunder also, daß wir in so guter Stimmung waren.
    Es war nachts gegen drei Uhr dreißig, als wir unser Office verließen. Wir hatten in aller Eile, aber auch in aller Gründlichkeit, sämtliche von uns bearbeiteten Akten auf den neuesten Stand gebracht. Wenn man von Sonnabend früh bis Montag früh Urlaub hat, muß man das schon. Einem FBI-Beamten kann leicht etwas zustoßen hier in unserem gesegneten Städtchen.
    So gegen vier Uhr überquerten wir die Washington Bridge. Ausnahmsweise einmal zu Fuß. Aber ich war nicht müde und Phil auch nicht. Die Sonne war wohl schon aufgegangen, der Helligkeit nach zu schließen, aber sie steckt irgendwo hinter dem Betonhaufen der Wolkenkratzer.
    »Hör mal. Jerry!« sagte Phil und blieb stehen.
    Ich tat ihm den Gefallen und lauschte ebenfalls. Aber ich hörte nichts.
    »Du mußt näher herankommen!« meinte Phil mit' verklärtem Gesicht. .
    Ich dachte schon, unten auf dem Fluß führe vielleicht ein Dampfer vorbei, auf dem irgendeiner Schallplatten spielte. Phil ist ein ziemlicher Narr in Punkto Schallplatten. Für Bob Mairries ,Soon in the Night’ und ähnliche Sachen läßt er fast sein Leben.
    Weil ich in so guter Stimmung war, trat ich also an Phil heran. Der deutete auf eines der doppelt fingerdicken Stahltaue, an denen die riesige Brücke hängt.
    »Singt!« sagte er nur.
    Donnerwetter! So dumm habe ich Phil noch nicht wieder angesehen wie damals in der Sekunde. Singt! Ein Tau! Das müssen Sie sich vorstellen! Ich schüttelte den Kopf und wollte gerade etwas nicht sehr Schmeichelhaftes sagen, da vernahm ich es selber. Na, so kindisch haben wir beide uns noch nie angestellt. Aber es steckt nun mal in jedem Mann eine gehörige Portion Kind.
    Eine geschlagene halbe Stunde liefen wir von einem Tau zum anderen. Die längeren Stahltrossen brummten ganz tief, die ganz kurzen summten sehr hoch. Wenn man das Ohr direkt an das Tau legte, hörte man nichts, aber wenn man mit dem Gehör so auf zwei Zentimeter Abstand heranging, dann konnte man das melodische Summen ganz deutlich höreh. Als Phil aber auch noch anfing, wie ein Schullehrer Zensuren für das Singen der Stahltrossen auf der Washington Bridge auszuteilen, da wurde es mir nun doch zu dumm.
    »Komm«, sagte ich. »Bevor du ganz überschnappst!«
    Er kam ärgerlich hinter mir her.
    »Du trockener Polizist«, knurrte er.
    »Kein bißchen Sinn für die verborgenen Schönheiten dieser Welt.«
    Na, den Rest des blödsinnigen Gesprächs will ich Ihnen ersparen. Wir stritten uns nachts um vier auf der Washington Bridge tatsächlich darüber, ob man den Schulen Zensuren in Form von Zahlen oder lieber Beurteilungen in knapp gefaßten Sätzen abgeben sollte.
    Es muß gegen fünf gewesen sein, als wir in meiner kleinen Wohnung ankamen. Wir hatten uns inzwischen vorgenommen, uns bei mir in aller Ruhe die nötige Bettwärme anzutrinken, dann zu schlafen, bis wir von selbst wach wurden, und dann wollten wir einmal so richtig bummeln gehen. New Yorker Nachtleben zwischen Samstagabend und Sonntagfrüh! Ich sage Ihnen, das Wasser läuft einem im Munde zusammen, wenn man nur daran denkt.
    Ich schloß die Tür auf. Phil ging voran und knipste in der Garderobe das Licht an. Wir hingen unsere Mäntel an die Haken, warfen unsere Hüte hinauf auf den Ständer und marschierten ins Wohnzimmer. Ich knipste dort das Licht an.
    »Morning!« sagte ein stiernackiger Kerl, der es sich in einem meiner Sessel bequem gemacht hatte. »Sie lassen aber lange auf sich warten,
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