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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext
Autoren: Terry Pratchett
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hasteten.
    »Nicht so schnell«, schnaufte sie.
    »Aber Oma könnte verletzt sein …«
    »Du könntest dich verletzen, wenn du weiterhin in diesem Tempo rennst. Außerdem … Ich bezweifle, daß Esme vor dem Turm liegt. Vermutlich hat ihre Schwester recht. Sie ist in die Tiefe gesprungen, um Lily abzulenken – von uns. Vielleicht hielt sie uns für … Wie hieß der tsortanische Bursche, der nur an einer ganz bestimmten Stelle verwundet werden konnte? Er blieb unbesiegbar, bis man seinen schwachen Punkt entdeckte. Das Knie war’s, glaube ich. Nun, wir sind Esmes tsortanisches Knie.«
    »Aber wir wissen doch, daß sie hin und her laufen muß, um ihren Besen zu starten!« jammerte Magrat.
    »Ja, das wissen wir tatsächlich«, sagte Nanny. »Und genau daran habe ich gedacht. Und jetzt denke ich … Welche Geschwindigkeit erreicht man im freien Fall, zum Beispiel von einem hohen Turm?«
    »Äh, keine Ahnung«, erwiderte Magrat.
    »Ich schätze, Esme wollte es herausfinden.«
    Die Wendeltreppe führte in engen Kurven nach unten. Eine Gestalt begegnete den beiden Hexen. Sie war nach oben unterwegs.
    Nanny und Magrat traten höflich beiseite.
    »Wenn mir doch endlich einfiele, an welcher Stelle man den Tsortaner treffen mußte«, murmelte Nanny. »Es läßt mir keine Ruhe …«
    AN DER FERSE.
    »Oh, ja. Danke.«
    GERN GESCHEHEN.
    Die Gestalt setzte den Weg fort.
    »Gute Maske, nicht wahr?« fragte Magrat nach einer Weile. Es klang eher zaghaft.
    Die beiden Hexen sahen sich an, auf der Suche nach einer Bestätigung.
    Magrat erbleichte und blickte in die Richtung, aus der sie kamen.
    »Vielleicht sollten wir nach oben laufen …«, begann sie.
    Nanny Ogg war viel älter. »Ich glaube, wir sollten nach oben gehen«,
    sagte sie.
     
    Lady Volentia D’Arrangement saß im Rosengarten vor dem großen Turm und putzte sich die Nase.
    Sie wartete schon seit einer halben Stunde und hatte genug.
    Ursprünglich galten ihre Hoffnungen einem romantischen Tête-à-tête. Der Mann schien recht nett zu sein, gleichzeitig eifrig und schüchtern. Aber wer kam statt dessen? Ein altes Weib auf einem Besen, deren weißes Kleid Lady Volentia an ihr eigenes Gewand erinnerte. Mit schrillen Schreien raste die Vettel aus dem Nebel, und ihre Stiefel hinterließen Furchen in den Rosenbeeten, bevor die Flugbahn den tiefsten Punkt erreichte und sich wieder nach oben neigte.
    Außerdem strich ihr dauernd ein schmutziger, übelriechender Kater um die Beine.
    Und der Abend hatte auf eine so angenehme Weise begonnen …
    »Äh, Euer Ladyschaft?«
    Sie drehte sich um.
    »Ich heiße Casanunda«, sagte eine hoffnungsvolle Stimme.
     
    Lily Wetterwachs drehte sich um, als sie ein leises Klirren im Labyrinth der Spiegel vernahm.
    Dünne Falten bildeten sich auf ihrer Stirn. Sie lief über die Steinplatten und öffnete die Tür, hinter der sich die Spiegelwelt erstreckte.
    Völlig still war es nun, abgesehen vom leisen Rascheln des Kleids und dem verhaltenen Zischen des Atems. Lily schob sich zwischen die Spiegel.
    Ihr myriadenfaches Ich warf ihr anerkennende Blicke zu. Sie entspannte sich.
    Dann stieß ihr Fuß gegen etwas. Sie senkte den Kopf, und im matten Mondschein bemerkte sie einen Besen, der in einem Durcheinander aus Glassplittern lag.
    Entsetzt sah sie zu ihrem Spiegelbild.
    Es erwiderte den Blick.
    »Gewinnen macht doch überhaupt keinen Spaß, wenn der Verlierer nicht überlebt und sich seiner Niederlage bewußt sein kann, oder?«
    Lily wich zurück. Ihr Mund öffnete und schloß sich mehrmals.
    Oma Wetterwachs trat durch den leeren Rahmen. Lily blickte an ihrer Schwester vorbei.
    »Du hast den Spiegel zerbrochen!«
    »Mehr steckte nicht dahinter?« fragte Oma. »Auf diese Weise hast du Königin in einer feuchten Stadt gespielt und Geschichten in Wirklichkeit verwandelt? Was soll das für eine Macht sein?«
    »Du verstehst nicht … Du hast den Spiegel zerbrochen …«
    »Es heißt, das sollte man besser vermeiden«, erwiderte Oma. »Aber ich dachte mir: Was sind schon sieben Jahre Pech?«
    Bild um Bild zerbricht, und dieser Prozeß setzt sich entlang der gewölbten Kurve des Spiegeluniversums fort. Mit Überlichtgeschwindigkeit dehnt sich das Splittern aus …
    »Man muß beide zerbrechen, um sicher zu sein. Du hast das Gleichgewicht gestört …«
    »Ach, habe ich das?« Oma trat vor, und Bitterkeit leuchtete in ihren saphirblauen Augen. »Ich gebe dir jetzt etwas, was du von unserer Mutter nicht oft genug bekommen hast, Schwester: eine Tracht
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