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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext
Autoren: Terry Pratchett
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ICH HEUTE ABEND MIT DIR VERABREDET BIN. Der Baron überließ seinen Spazierstock der Voodoo-Magierin. Er nahm den Zylinder vom Kopf und streifte die Jacke ab. Magische Energie knisterte zwischen ihren Falten.
    »Von jetzt an gibt’s keinen Baron Samstag mehr«, sagte er.
    KOMMT DARAUF AN. HÜBSCHER HUT.
    Der Baron wandte sich an Erzulie.
    »Ich glaube, ich muß jetzt gehen.«
    »Ja.«
    »Was hast du vor?«
    Frau Gogol betrachtete den Hut in ihren Händen.
    »Ich kehre in den Sumpf zurück.«
    »Vielleicht solltest du hierbleiben. Ich traue dieser fremden Hexe nicht.«
    »Ich schon. Und deshalb kehre ich zum Sumpf zurück. Gewisse Geschichten müssen zu Ende gehen. Von jetzt an bleibt Ella gar keine andere Wahl, als allein zurechtzukommen.«
    Der Weg zum schlammigen Wasser des Flusses war nicht weit.
    Am Ufer zögerte der Baron.
    »Wird Ella von jetzt an immer glücklich und zufrieden sein?« fragte er.
    NICHT FÜR IMMER. ABER VIELLEICHT WÄHRT IHR GLÜCK LANGE GENUG.
    Und wenn sie nicht gestorben sind …
    So enden Geschichten.
    Die böse Hexe wird besiegt, die gute Prinzessin bekommt den Thron, und es herrscht wieder Frieden im Königreich. Von jetzt an folgt ein glücklicher Tag dem anderen. Mit anderen Worten: Das Leben wird langweilig.
    Geschichten möchten enden. Ihnen ist völlig gleich, was später geschieht …
     
    Nanny Ogg schnaufte durch den Flur.
    »So habe ich Esme noch nie gesehen«, keuchte sie. »Sie ist in einer sehr sonderbaren Stimmung. Könnte zu einer Gefahr für sich selbst werden.«
    »Sie ist eine Gefahr für alle anderen«, sagte Magrat. »Sie …«
    Die Schlangenfrauen traten vor ihnen in den Korridor. »Sehen wir’s mal so«, hauchte Nanny. »Was können sie uns antun?« »Ich finde Schlangen abscheulich«, erwiderte Magrat leise. »Natürlich haben sie spitze Zähne«, fuhr Nanny im Tonfall eines Dozenten fort. »Einige davon sind mit Giftdrüsen ausgestattet …
    Komm, Mädchen. Vielleicht finden wir einen anderen Weg.«
    »Ich hasse sie.«
    Nanny zog an Magrats Arm, doch die jüngere Hexe rührte sich nicht von der Stelle.
    »Komm jetzt!«
    »Ich hasse Schlangen, und zwar von ganzem Herzen.«
    »Aus sicherer Entfernung kannst du sie noch viel besser hassen!«
    Die Schwestern glitten immer näher. Vielleicht konzentrierte sich Lilynicht mehr richtig, denn sie hatten jetzt viel größere Ähnlichkeit mit Schlangen. Nanny glaubte, Schuppenmuster unter der halbtransparenten Haut zu erkennen. Mit den Kiefern stimmte etwas nicht – ihre Form war völlig verkehrt.
    »Magrat!«
    Eine der Schwestern beugte sich vor. Magrat schauderte.
    Das Wesen öffnete den Mund.
    Die junge Hexe sah auf und schlug wie in Trance zu. Es war ein so wuchtiger Hieb, daß die Schlange zwei Meter weit flog, bevor sie zu Boden fiel.
    Ein solcher Schlag fehlte im illustrierten Handbuch für Selbstverteidigung. Niemand band sich ein Tuch um den Kopf und probierte ihn vor einem Spiegel. Er stammte direkt aus dem Lexikon vererbter und panischer Überlebensreflexe.
    »Nimm den Zauberstab!« rief Nanny und sprang vor. »Hör auf, Ninja zu spielen. Benutze den Zauberstab – dafür ist er da!«
    Die zweite Schlange drehte sich instinktiv zu ihrer Gefährtin um, wasbeweist, daß Instinkte nicht unbedingt gut fürs Überleben sind. Magrat benutzte den Zauberstab als improvisierte Keule, die auf einen schuppigen Hinterkopf herabsauste. Die Schlangenfrau ging zu Boden, und dabei veränderte sich ihre Gestalt.
    Das Problem von Hexen ist, daß sie nie vor Dingen weglaufen, die sie von ganzem Herzen hassen.
    Das kann auch bei kleinen pelzigen Tieren in der Ecke problematisch sein. Manchmal ist eins von ihnen ein Mungo.
     
    Oma Wetterwachs hatte sich immer gefragt, warum der Vollmond als etwas Besonderes galt. Schließlich war er nur eine helle Scheibe am Himmel. Und der Neumond war überhaupt nicht zu sehen, weil er dunkel blieb.
    Aber auf halbem Wege, wenn der Mond zwischen den Welten des Lichts und der Finsternis weilte, wenn er weder hierhin noch dorthin gehörte … Dann konnte eine Hexe vielleicht an ihn glauben.
    Jetzt glühte ein Halbmond über den Nebelschwaden des Sumpfes.
    Lilys Spiegelnest reflektierte das kühle Licht ebenso wie alles andere. An der einen Wand lehnten drei Besen.
    Oma griff nach ihrem Exemplar. Ihr Kleid hatte die falsche Farbe, und außerdem trug sie keinen Hut – sie brauchte wenigstens etwas, mit dem sie vertraut war.
    Nichts rührte sich.
    »Lily?« fragte sie leise.
    Ihr eigenes Gesicht blickte
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