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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext
Autoren: Terry Pratchett
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Bad an einem heißen Tag. Wenn sich Dumme machtlos fühlen, wenn sie die Fesseln der Sinnlosigkeit tragen, wenn sie eine Niederlage erlitten haben und nichts anderes mehr besitzen als das Feuer der Demütigung und des Zorns … Das ist herrlich. Und dann die Geschichten. Auf ihnen zu reiten, ihre Kraft und Behaglichkeit zu genießen, in ihrem verborgenen Zentrum zu weilen … Hast du auch nur eine Ahnung, was das bedeutet? Das Vergnügen, sich wiederholende Muster zu betrachten … Ich habe solche Muster immer geliebt. Übrigens, wenn die alte Ogg weiterhin versucht, sich von hinten anzuschleichen, lasse ich die junge Frau dort oben noch viel höher über den Hof aufsteigen. Und anschließend könnte ich das Interesse an ihr verlieren.«
    »Ich bin nur ein wenig umhergewandert«, sagte Nanny. »Ist doch nicht verboten, oder?«
    Lily wandte sich wieder an ihre Schwester. »Du hast die Geschichte auf deine Weise geändert, und nun ändere ich sie auf meine. Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Du brauchst nur zu gehen. Kehr heim. Was hier geschieht, spielt keine Rolle für dich. Gennua ist eine weit entfernte Stadt, die du kaum kennst. Ich bin nicht ganz sicher, ob es mir gelänge, dich zu überlisten, aber deine beiden Kolleginnen … Sie sind nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt wie du. Ich könnte ganz nach Belieben mit ihnen verfahren. Das weißt du hoffentlich. Ausnahmen bestätigen die Regel, hast du gesagt. Du bist also der Ansicht, daß heute abend eine Wetterwachs lernt zu verlieren.«
    Oma schwieg eine Zeitlang und stützte sich auf ihren Besen.
    »Na schön«, brummte sie schließlich. »Gib Magrat frei. Dann sage ich, daß du gewonnen hast.«
    »Ich wünschte, das könnte ich glauben. Andererseits … Du bist die Gute, nicht wahr? Du mußt dein Wort halten.«
    »Ja.« Oma ging zur Brüstung und sah nach unten. Der Halbmond spendete genug Licht, um den Nebel zu erhellen, der das Schloß wie ein grauweißes Meer umwogte.
    »Magrat? Gytha?« Esme atmete tief durch. »Es tut mir leid. Du hast gewonnen, Lily. Ich gebe mich geschlagen.«
    Sie sprang.
    Nanny Ogg eilte zu den Zinnen, starrte in die Tiefe und sah noch, wie eine kleine Gestalt im Nebel verschwand.
    Die drei Frauen auf dem Turm schnappten nach Luft.
    »Es ist ein Trick«, argwöhnte Lily. »Ein Trick, mit dem ich abgelenkt werden soll.«
    »Nein!« rief Magrat und landete.
    »Sie hatte ihren Besen dabei«, wandte Lily ein.
    »Aber er funktioniert nicht!« platzte es aus Nanny heraus. Und dann: »Na schön. « Drohend schritt sie Lily entgegen. »Wir sorgen jetzt dafür, daß die Selbstgefälligkeit aus deinem Gesicht verschwindet.«
    Sie blieb abrupt stehen, als stechender Schmerz ihren Leib entflammte.
    Lily lachte.
    »Es stimmt also«, sagte sie. »Ja. Ich sehe es euch an. Esme war klug genug, um zu wissen, daß sie verloren hat. Ich rate euch, nicht dümmer zu sein. Und verzichte bloß darauf, den lächerlichen Zauberstab auf mich zu richten, Fräulein Knoblauch. Die alte Desiderata hätte mich schon vor langer Zeit besiegt, wenn ihr das möglich gewesen wäre. Sie verstand ebensowenig wie ihr.«
    »Wir sollten nach unten gehen«, schlug Magrat vor. »Vielleicht liegt sie dort …«
    Lily nickte. »Genau«, sagte sie und sah den Hexen nach, als sie zur Treppe liefen. »Seid gut. Darauf versteht ihr euch.«
    »Wir kommen zurück«, drohte Nanny Ogg. »Selbst wenn wir zusammen mit Frau Gogol im Sumpf leben und Schlangenköpfe essen müssen!«
    »Oh, natürlich.« Lily wölbte eine Braue. »Genau das meinte ich eben. Es gefällt mir, Leute wie euch in der Nähe zu wissen. Eure Präsenz sagt mir deutlich, daß ich noch am Leben bin. Sie verspricht mir weitere Erfolge.«
    Omas Schwester beobachtete, wie die Hexen nach unten entschwanden.
    Wind wehte über den Turm. Lily raffte ihren Rock und schritt zur gegenüberliegenden Brüstung, von der aus sie die Dächer der Stadt sehen konnte. Hier und dort zogen Nebelfetzen darüber hinweg. In der Ferne erklang Musik von den Karnevalsumzügen, die sich wie Schlangen ganz besonderer Art durch Gennua wanden.
    Es dauerte nicht mehr lange bis Mitternacht. Bis zur richtigen Mitternacht, kaum zu vergleichen mit jener banalen Version, die auf ein manipuliertes Uhrwerk zurückging.
    Lily versuchte, den Dunst ganz unten am Turm mit ihren Blicken zu durchdringen.
    »Das Verlieren nimmst du offenbar sehr ernst, Esme«, murmelte sie.
     
    Nanny streckte die Hand nach Magrats Arm aus, als sie über die Treppenstufen
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