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Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)

Titel: Tot ist nur, wer vergessen ist (German Edition)
Autoren: C.J. Lyons
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Sarah, noch mit fester Zahnspange, bei ihrem Highschool-Abschluss, dann gab es noch ein Foto ohne die Spange, auf dem sie ihr College-Diplom entgegennahm. Letztes Jahr hatte eines Tages ohne jegliche Vorwarnung ein Bild von Sam und Josh einen Ehrenplatz an der Wand bekommen. Josh hielt darauf einen Hecht in den Händen, der fast so groß war wie er selbst. Sam hatte von hinten die Arme um seinen Sohn geschlungen und lächelte mit stolzem Blick in die Kamera.
    Dieses Foto zwischen Aufnahmen von Glanzpunkten der Militärlaufbahn des Colonels und den wichtigsten Stationen der Familienmitglieder aufzuhängen war wahrscheinlich das Einfühlsamste, was Sarahs Vater je getan hatte. Seitdem war sie wieder öfter hierhergekommen. Zwar redete sie nicht besonders viel mit ihrem Vater – aber manchmal griffen Worte ohnehin zu kurz.
    »Hey, Kleines«, rief er laut und wischte einen Thekenplatz für sie sauber. »Unser George hier glaubt, dass Marsmännchen gelandet sind.«
    »Ich habe nicht von Außerirdischen gesprochen«, erwiderte George Dolan und tauchte seine Zimtschnecke in den Kaffee, bis er überschwappte. Nach einem Bissen leckte er sich den Kaffee vom Kinn und fuhr fort: »Ich sagte, diese Lichter könnten auf Eindringlinge hinweisen, im Sinne von illegale Eindringlinge.«
    Mit geübter Hand verteilte der Colonel Teig auf der heißen Platte, bis sich perfekt symmetrische Pfannkuchen von exakt siebeneinhalb Zentimeter Durchmesser bildeten. »Was zum Teufel sollten illegale Einwanderer hier wollen?«
    »Sie könnten sich in den Höhlen oben auf dem Snakehead verstecken. So wie in Nam.«
    Stille senkte sich über den Raum, während sich der Colonel umdrehte und George einen Moment lang anstarrte. Der hatte immerhin genügend Anstand, rot zu werden und mit gesenktem Blick in seine Kaffeetasse zu schauen.
    »Du hast ja nicht die geringste Ahnung, wovon du da sprichst. Dafür siehst du dir offensichtlich zu viele Dokus im Fernsehen an.« Der Colonel drehte sich wieder zurück, um Sarahs Pfannkuchen fertig zu backen, stürzte sie auf einen Teller und stellte ihn mit einer geschmeidigen Bewegung vor ihrer Nase ab.
    »Mag sein. Aber du hast diese Lichter ja nicht gesehen. Bewegen sich über dem Damm des Stausees auf und ab und lösen sich dann wieder in nichts auf.«
    »Sicher, dass es Menschen waren? Könnte auch eine Art Naturerscheinung sein.« Sarah tränkte ihren kleinen Pfannkuchenstapel mit Ahornsirup aus dem Wald hinter ihrem Haus. »Der Snakehead ist für Sprühregen und dichten Nebel bekannt, ganz besonders zu dieser Jahreszeit.«
    Hal Waverly kam herein, setzte sich neben Sarah, schlug seine Zeitung auf und nickte dankend, als der Colonel ihm Kaffee einschenkte. Er und Sarah waren hier in Hopewell zusammen aufgewachsen und von Kindheit an befreundet gewesen, doch in den letzten zwei Jahren, nachdem Sam und Josh gestorben waren, waren sie einander irgendwie fremd geworden. Obwohl er immer für sie da war, stets hilfsbereit, hatte sie bis jetzt weder die tiefen Falten, die sich um seine Augen gebildet hatten, noch die dunklen Schatten darunter bemerkt.
    Schuldbewusst wandte sie den Blick ab. Wie viele Dinge mochten in den letzten zwei Jahren um sie herum geschehen sein, denen gegenüber sie blind gewesen war?
    »Du meinst Sumpfgase oder so Polarlichter, wie wir sie letztes Jahr gesehen haben?«, fragte George, immer noch mit seinen mysteriösen Lichtern beschäftigt. »Nein, Sir, diese hier waren in Bodennähe. Und haben sich bewegt. Hal, wann wirst du jemanden rausschicken, um nachzusehen? Wozu bezahlen wir dir eigentlich gutes Geld?«
    Hal schlug die Zeitung zu. »Frag den Colonel! Er ist schließlich Vorsitzender des Gemeinderats. Wann werdet ihr genügend ausspucken, damit ich noch jemanden einstellen kann? Denn unter den gegebenen Umständen –«
    »Also, Hal, fang doch nicht wieder damit an! Wir haben dir das neue Verwaltungszentrumgegeben, oder etwa nicht?« Bei dem scharfen Unterton in der Stimme des Colonels wären in seiner Vergangenheit sämtliche Männer strammgestanden.
    George und Sarah lehnten sich beide leicht zurück, um aus der Schusslinie zu kommen. Das neue Verwaltungszentrum hatte in letzter Zeit zu jeder Menge Diskussionen im Ort geführt. Irgendwie hatte die Frau des Colonels die Regierung davon überzeugen können, dass Hopewell im Staate New York mit stolzen vierhundertachtundsechzig Einwohnern nicht nur eine eigene Postleitzahl samt dazugehörigem neuem Postamt benötigte, sondern, da der
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