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Tore nach Thulien 3 : Ferner Donner (German Edition)

Tore nach Thulien 3 : Ferner Donner (German Edition)

Titel: Tore nach Thulien 3 : Ferner Donner (German Edition)
Autoren: Jörg Kohlmeyer
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umklammerte. Fasziniert und verwirrt zugleich betrachtete er das Geschehen. Als Kind hatte er viel Zeit im Kloster bei den Fraternern verbracht und er kannte die Heil- und Gebetspraktiken der Priester gut genug, um zu wissen, dass das, wovon er gerade Zeuge wurde, nicht wirklich dazu zählte. Es sah zwar auf den ersten Blick danach aus und Linwens Mimik passte auch zudem, was sie tat, und doch wirkte es auf Tristan irgendwie befremdlich. Er konnte nicht sagen warum, doch auf eine seltsame Art und Weise und nur für den Bruchteil einer Sekunde wurde ihm klar, dass das Geschehen nicht zu den Bildern der Herrin und ihrer Religion, die Tristan seit seiner Kindheit geprägt hatten, gehörte. Gerade als aus dem reinen Gefühl für den Gedanken mehr wurde, und er ihn zu fassen und zu formen versuchte, entwischte er ihm plötzlich wieder. Schließlich zuckte er nur mit den Schultern, trat einen Schritt zurück und schloss endgültig die Luke. Er war kein Priester und nur das Zusehen reichte nicht aus, um zu erfahren, was in Momenten tiefsten Gebets wirklich zwischen der Herrin und ihren Dienern geschah. Außerdem gab es nun Dringenderes, das seiner Aufmerksamkeit bedurfte, als die augenscheinliche Wirkung einer Priesterin und ihrer Liturgie nach außen.
          Tristan ging ein paar Schritte vom Wagen weg und sah sich um. Odoak hatte klug gehandelt. Der Wagen stand etwa zwanzig Schritte abseits der Straße in einer kleinen, mit Farn überwucherten und von Kiefern und Tannen umstandenen Senke. Die Senke war von außen offensichtlich nur schwer einsehbar, hatte sie Tristan doch vor wenigen Augenblicken selber nicht entdeckt. Der Blick auf die Straße hingegen war gut und auch der gegenüberliegende Waldrand und die Anhöhe dahinter waren zu sehen. Berenghor versteckte sich oben hinter einem der Bäume und beobachtete das Vorfeld. Von Shachin allerdings war nichts zu sehen. Jorek stand noch immer in der kleinen Kanzel hinter dem Mantikor und suchte die Umgebung mit zusammengekniffenen Augen ab. Als er Tristans Blick bemerkte, zuckte er nur mit den Schultern. Odoak hielt sich bei den Pferden auf, strich ihnen abwechselnd über die Nüstern und sprach in ruhigem Tonfall mit ihnen.
          Tristan ging zu Berenghor. >> Und? Schon was entdeckt? <<
          Der Söldner rümpfte auf Tristans Frage hin die Nase. >> Ich weiß ja nicht, was das ganze Theater soll, aber zu sehen war bisher rein gar nichts. Wir wissen ja nicht einmal, wonach wir Ausschau halten sollen. << , brummelte er und sah Tristan missmutig an. Dann jedoch schlich sich ganz plötzlich ein feistes Lächeln auf sein wettergegerbtes Gesicht. Tristan ahnte, was nun kommen würde, sah er Berenghor doch den Schalk im Nacken sitzen. >> Ach warte, nein … vorhin ist ein Reh durchs Unterholz spaziert und nicht zu vergessen der dicke, fette Dachs drüben am Waldrand. << Berenghor deutete mit einer seiner gewaltigen Pranken auf die andere Straßenseite. >> Als du kamst, hat er sich rasch in seinen Bau verdrückt. <<
          Irritiert suchte Tristan den Blick des Söldners. Er wusste, dass der jetzt eine Frage erwartete, doch den Gefallen wollte er ihm nicht tun. Als Tristan ihn nur stumm ansah, neigte sich Berenghor schließlich etwas zur Seite und rümpfte abermals die Nase.
          >> Scheinbar hat er dich gerochen. << Jetzt grinste Berenghor über das ganze Gesicht, und einen Augenblick später musste auch Tristan schmunzeln. Auf ihn wirkte der Hüne plötzlich wie ein kleiner frecher Bengel, für den es keinen größeren Erfolg gab, als anderen Leuten gepflegt ans Bein zu pinkeln. Tristan konnte damit leben. Es war Berenghors Art zu sagen, was er von der ganzen Aktion hielt, und solange der riesige Söldner machte, was man von ihm verlangte, war alles in Ordnung. Außerdem schien das Streitgespräch von vorhin vergessen.
          >> Na wenigstens hat sich der Dachs dann bei dir in bester Gesellschaft gewähnt. << , antwortete Tristan und klopfte dem Riesen auf die Schulter. Etwas ernster fügte er hinzu: >> Es wird bald dunkel und wir werden die Nacht heute hier in der Senke verbringen. Odoak wird dich gleich ablösen. Ich brauche dich beim Wagen. << Mit einem Lächeln machte er kehrt und ging zu den Anderen zurück.
     
          Es dämmerte bereits, als Tristan und Berenghor schließlich an einem kleinen Feuer saßen und Linwen aus dem Wagen kam. Sie sah erschöpft aus und auf ihrer Stirn schimmerten unzählige Schweißperlen. Neugierig und
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