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Topkapi

Topkapi

Titel: Topkapi
Autoren: Eric Ambler
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ist einfacher für Zimmerkellner mit Tabletts. Häufig nimmt sich das Zimmermädchen, das abends die Betten aufschlägt, nicht die Zeit, hinter sich abzuschließen. Warum auch? Die Griechen sind äußerst ehrliche Leute und sehr vertrauensselig.
    Sein ganzes Gepäck war im Schlafzimmer. Ich hatte es bereits in den Händen gehabt, als ich es am Flughafen in den Wagen verstaute, mußte mir also um Fingerabdrücke keine Sorgen machen.
    Zuerst nahm ich seine Aktentasche vor. Es waren viele Geschäftspapiere darin – sie bezogen sich auf eine Schweizer Gesellschaft mit Namen Tekelek, die Rechenmaschinen herstellte –, ich wandte ihnen nicht viel Aufmerksamkeit zu. Dann fand ich eine Brieftasche mit Geld – Schweizer Franken, amerikanische Dollar und westdeutsche D-Mark – neben gelben Nummernzetteln über zweitausend Dollar in Reiseschecks. Mit den Nummernzetteln kann man bei Verlust der Schecks die Auszahlung stoppen lassen. Ich ließ das Geld, wo es war, und nahm die Nummernzettel. Die Schecks selber fand ich im Seitenfach eines Koffers. Fünfunddreißig Stück, jeder über fünfzig Dollar. Mit Vornamen hieß er Walter, die zweite Initiale war K.
    Es ist eine alte Erfahrung, daß die meisten Leute außerordentlich leichtsinnig sind im Umgang mit Reiseschecks. Nur weil ein Scheck von ihnen gegengezeichnet werden muß, bevor er eingelöst werden kann, glauben sie, kein anderer könne etwas damit anfangen. Aber jeder, der Augen im Kopf hat, kann eine Originalunterschrift kopieren. Eile, Hitze, eine andere Feder, schlechte Schreibunterlage, wenn man stehend schreibt statt im Sitzen – es gibt wohl ein Dutzend verschiedener Gründe für kleine Abweichungen in der Zweitunterschrift. Sie wird von keinem Handschriftenexperten geprüft, jedenfalls nicht, wenn der Scheck eingelöst wird; und gewöhnlich will nur ein Bankkassierer einen Paß sehen.
    Noch etwas: Bei Bargeld weiß man gewöhnlich, zumindest annähernd, wieviel man hat. Jedesmal, wenn man etwas bezahlt, wird die Erinnerung aufgefrischt; man kann sehen und greifen, was man hat. Nicht so bei Reiseschecks. Man sieht nur ein blaues Heftchen mit Schecks. Wie oft zählt man die Schecks nach, um sich davon zu überzeugen, daß sie noch alle da sind? Angenommen, einer würde den letzten Scheck aus einem Heft entfernen. Wann würde man entdecken, daß er verschwunden ist? Hundert zu eins, nicht eher, als bis alle vorhergehenden Schecks benutzt worden sind. Deshalb kann niemand genau wissen, wann er entnommen wurde; und, wenn der Besitzer auf Reisen ist, würde er wahrscheinlich nicht einmal wissen, wo . Und wenn man das Wann und Wo nicht weiß, wie in aller Welt sollte man schon auf das Wer kommen? In jedem Fall wäre es zu spät, die Auszahlung zu stoppen.
    Leute, die Reiseschecks herumliegen lassen, verdienen es nicht besser.
    Ich nahm genau die sechs untersten Schecks aus dem Heft. Das waren dreihundert Dollar, und ihm blieben um die fünfzehnhundert. Es ist ein Fehler, wenn man zu unverschämt wird.
    Aber unglückseligerweise zögerte ich: Ich überlegte mir, ob er wirklich früher dahinterkommen würde, wenn ich mir noch zwei nahm. Und so stand ich also da wie ein Narr mit den Schecks in den Händen, als Harper ins Zimmer kam.

II
    Ich war im Schlafzimmer, und er kam durchs Wohnzimmer. Er muß die Außentür unwahrscheinlich leise geöffnet haben, sonst hätte ich es gehört. Ich glaube, er hatte erwartet, mich dort zu finden. Dann war die ganze Sache eine gut gestellte Falle.
    Ich stand am Fußende des Bettes, wegzulaufen war sinnlos. Einen Augenblick stand er nur da und grinste mich an.
    »Sieh da, Arthur, Sie sollten doch auf mich warten, oder nicht?«
    »Ich wäre zurückgekommen.« Wahrscheinlich eine dumme Antwort, aber was ich auch sagte, in der Situation hätte alles dumm geklungen.
    Und dann schlug er mich plötzlich mit dem Handrücken ins Gesicht.
    Meine Brille fiel herunter, und ich taumelte gegen das Bett. Als ich schützend meine Arme hochhielt, schlug er mit der anderen Hand zu, und als ich in die Knie ging, zog er mich hoch und schlug immer weiter auf mich ein.
    Ich ging wieder zu Boden, und diesmal ließ er mich liegen. Es rauschte mir in den Ohren, mein Kopf war am Zerspringen, und ich konnte nicht mehr richtig sehen. Meine Nase fing an zu bluten. Ich holte mein Taschentuch heraus, um mir nicht die ganzen Kleider mit Blut zu verschmieren. Ich tastete zwischen den Schecks, die auf dem Teppich lagen, nach meiner Brille. Ich fand sie schließlich. Sie
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