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Topkapi

Topkapi

Titel: Topkapi
Autoren: Eric Ambler
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nicht gebilligt, selbstverständlich, aber verstanden. Aber er war mindestens zehn bis fünfzehn Jahre jünger als ich.
    Im Club haben sie Kerzen auf den Tischen, und man sieht die verschiedensten Leute. Als die Floor-Show anfing, beobachtete ich ihn. Er betrachtete die Mädchen, darunter Nicki, als seien sie Fliegen auf einer Fensterscheibe. Ich fragte ihn, wie ihm die dritte von links gefiele – Nicki.
    »Zu kurze Beine. Ich ziehe längere Beine vor. Haben Sie die vorgesehen?«
    »Vorgesehen? Ich verstehe nicht, Sir.« Langsam wurde er mir zuwider.
    Er warf mir einen schiefen Blick zu. »Lassen wir das«, sagte er unfreundlich.
    Wir tranken griechischen Brandy. Er griff nach der Flasche und schenkte sich ein. Ich sah, daß sein Kinn zuckte, als sei er wütend. Anscheinend hatte er sich über etwas geärgert, was ich gesagt oder nicht gesagt hatte. Es lag mir auf der Zunge zu erzählen, daß Nicki meine Frau sei, aber ich tat es nicht. Es fiel mir noch im letzten Augenblick ein, daß ich nur von Annette gesprochen hatte.
    Er kippte den Schnaps hinunter und sagte mir, ich solle die Rechnung verlangen.
    »Gefällt es Ihnen hier nicht, Sir?«
    »Was gibt es denn noch zu sehen? Ziehen sie sich später aus?«
    Ich lächelte. Die einzig mögliche Antwort auf so viel Plumpheit. Zudem hatte ich nichts dagegen, mein Programm für den Abend schneller abzuwickeln.
    »Es gibt noch ein anderes Lokal«, sagte ich.
    »So wie das hier?«
    »Was dort geboten wird, ist mehr individueller und privater Natur.« Ich wählte die Worte sorgfältig.
    »Sie meinen ein Bordell?«
    »Ich würde es nicht ganz so ausdrücken, Sir.«
    »Davon bin ich überzeugt. Wie wär’s mit ›maison de rendez-Vous‹ ? Kommt das hin?«
    »Madame Irma ist sehr diskret, Sir.«
    Er schüttelte sich vor Vergnügen. »Wissen Sie was, Arthur? Wenn Sie sich etwas besser rasierten und die Haare schneiden ließen, könnten Sie jederzeit als Butler gehen.«
    Seinem Gesicht war nicht abzulesen, ob er mit Absicht beleidigend war oder nur einen plumpen Witz machte. Es erschien mir angezeigt, das letztere anzunehmen.
    »Ist das amerikanischer Humor, Sir?« fragte ich höflich.
    Das schien ihn noch mehr zu amüsieren. »Okay, Arthur«, sagte er endlich, »okay. Besuchen wir Ihre Madame Irma.«
    Das » Ihre Madame Irma« gefiel mir nicht, aber ich tat so, als merkte ich es nicht.
    Irma hat ein sehr hübsches Haus mit Garten an der Straße nach Kifissia. Sie hat nie mehr als sechs Mädchen und wechselt sie alle paar Monate. Ihre Preise sind natürlich nicht niedrig, aber es ist alles sehr gut arrangiert. Die Besucher kommen und gehen durch verschiedene Türen, um peinliche Begegnungen zu vermeiden. Der Besucher bekommt nur Irma selbst, Kira, die den finanziellen Teil erledigt, und natürlich die Dame seiner Wahl zu Gesicht.
    Harper schien beeindruckt. Ich sage »schien«, denn er war betont höflich zu Irma, als ich ihn vorstellte, und machte ihr Komplimente über ihr Haus. Irma selbst ist durchaus attraktiv und schätzt ansehnliche Kunden. Wie ich nicht anders erwartet hatte, gab es hier keine Einladung, daß ich an diesen Tisch mitkommen sollte. Als Irma ihm einen Drink anbot, warf er mir einen Blick zu und entließ mich mit einer Handbewegung.
    »Bis später«, sagte er.
    Nun war ich sicher, daß alles in Ordnung war. Ich ging zu Kira, um meine Prozente zu kassieren und ihr zu verraten, wieviel Geld er bei sich hat. Das war kurz nach Mitternacht. Ich sagte, ich würde jetzt gehen und zu Abend essen. Sie erklärte, heute nacht sei nicht sonderlich viel Betrieb, und es hätte keine Eile.
    Ich fuhr sofort zum »Grande Bretagne«, parkte den Wagen auf der Seite, ging zur Bar hinüber und bestellte mir einen Drink. Sollte mich jemand sehen und sich später daran erinnern, dann war das eine gute Erklärung für meine Anwesenheit.
    Ich trank aus, gab dem Ober ein gutes Trinkgeld und ging durchs Foyer zu den Aufzügen. Sie sind vollautomatisch; man bedient die Knöpfe selbst. Ich fuhr in den dritten Stock hinauf.

    Harpers Appartement lag über dem Innenhof, weg vom Lärm des Syntagmaios-Platzes. Die Türen waren von der Treppe aus nicht zu sehen.
    Es war alles ganz leicht. Ich hatte meinen Dietrich wie immer in einem Seitenfach eines alten Geldbeutels versteckt; aber auch diesmal brauchte ich ihn nicht. Die meisten Appartements im älteren Trakt des Hotels können ohne Schlüssel von außen geöffnet werden, das heißt, wenn sie nicht ausdrücklich abgeschlossen wurden; das
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