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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen
Autoren: Mark Billingham
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blickte sich um. Das hier hatte von allem etwas – einen frischen cremefarbenen Anstrich, die Luft zum Schneiden dick dank der Hitze, die von den beinahe einen halben Meter breiten Radiatoren abgestrahlt wurde. Und ein ansprechendes neues Farbsystem für die Stühle. Blau für Besucher, rot für Insassen …
    Die meisten Stühle waren besetzt, aber ein paar rote waren noch frei. Eine Schwarze in der übernächsten Reihe sah zu ihm herüber. Der Sitz ihr gegenüber war leer. Sie lächelte nervös, wobei ihre Augen hinter den dicken Brillengläsern beinahe zwischen den Lachfalten verschwanden, und sah wieder weg, bevor Thorne Gelegenheit hatte, ihr Lächeln zu erwidern. Er sah, wie die Frau strahlte, als ein junger Mann – ihr Sohn, vermutete Thorne – breitbeinig auf sie zukam. Er lächelte, hatte sich jedoch sofort wieder im Griff und sah sich um, ob jemand diese Schwäche bemerkt hatte.
    Thorne sah auf die Uhr, kurz vor zehn. Er musste das hier so schnell wie möglich hinter sich bringen und anschließend ins Büro. Er hatte DC Dave Holland zuvor angerufen, auf dem Weg in den Londoner Westen, zum Gefängnis Ihrer Majestät Park Royal … »Sie müssen mich decken«, hatte er gesagt. »Sagen Sie Tughan, ich treffe mich mit einem Spitzel oder ich sei an einer Spur dran, irgendwas. Sie wissen schon, Bullenkram eben …«
    »Und darf ich erfahren, was Sie wirklich vorhaben?«
    »Ich tu jemand einen Gefallen. Mittags müsste ich im Büro sein, wenn der Verkehr es zulässt …«
    »Sie fahren mit dem Auto? Seit wann haben Sie es denn wieder?«
    Das Auto, um das es ging, ein gelber BMW, war dreißig Jahre alt, und Thorne hatte vor einem Jahr dafür einen Batzen Geld hingelegt. In Thornes Augen war der Wagen ein Klassiker, andere hielten ihn für eine »alte Karre«. Ganz besonders Holland ließ keine Gelegenheit aus, eine blöde Bemerkung fallen zu lassen. Schließlich war er, seit er den BMW zum ersten Mal gesehen hatte, felsenfest davon überzeugt, dies sei ein Riesenfehlkauf. Er hatte vor zwei Wochen regelrecht gejubelt, als der Wagen mit Bomben und Granaten durch den TÜV gefallen und in einer Werkstatt verschwunden war.
    »Wie viel mussten Sie blechen?«, fragte Holland schadenfroh.
    Thorne fluchte, als die Ampel auf Rot schaltete, und riss die Handbremse hoch. »Es ist schließlich ein altes Auto, die Ersatzteile sind teuer.« Sie waren nicht nur teuer gewesen, es waren anscheinend auch sehr viele gewesen. Thorne konnte sich nicht an alles erinnern, was ausgetauscht werden musste, aber er konnte sich noch sehr gut an das wachsende Gefühl der Verzweiflung erinnern, als ihm freudig ein Ersatzteil nach dem anderen präsentiert wurde. Was die Vorgänge unter der Motorhaube betraf, hätte der Mechaniker auch Serbokroatisch reden können.
    »Fünfhundert?«, riet Holland. »Mehr?«
    »Der Wagen ist alt, ja doch, aber er ist fantastisch. Wie eine Schauspielerin, die schon die eine oder andere Schramme abgekriegt hat, aber noch immer was hermacht, verstehen Sie?« Da es sich bei dem Wagen um einen BMW handelte, suchte Thorne nach einer deutschen Schauspielerin, auf die dieses Beispiel passte. Aber ihm fiel keine ein. Felicity Kendal, dachte er, als die Ampel umschaltete und er wieder losfuhr. Ja, das passt.
    »Sie vergleichen Ihr Auto mit einer Frau?« Holland schien sich königlich zu amüsieren. »Der nächste Schritt sind dann Autofahrerhandschuhe aus Wildleder und eine Pfeife …«
    Auf das scharrende Geräusch hin, als der Stuhl ihm gegenüber zurückgezogen wurde, blickte Thorne auf und sah sich Gordon Rooker gegenüber, der sich auf den roten Sitz fallen ließ. Thorne hatte nie ein Foto von ihm gesehen oder eine Beschreibung erhalten, aber ein Irrtum war unmöglich.
    »Ist der Stuhl besetzt?«, fragte Rooker. Als er lächelte, blitzte ein Goldzahn auf.
    Er war um die sechzig und groß. Sein Gesicht war hager und frisch rasiert. Die Haut am Hals war schlaff und faltig. Der volle weiße Haarschopf über der Stirn hatte durch ein Leben voller Zigaretten einen Gelbstich bekommen.
    Thorne nickte in Richtung des grünen Schürzenlatzes, den Rooker trug, den alle Häftlinge über den blauen Gefängnissweatshirts tragen mussten. »Sieht richtig gut aus.«
    »Die müssen wir jetzt alle anziehn«, sagte Rooker. »In ein paar Knästen gibt es die schon ewig, aber eine Menge Direktoren fanden die Dinger entwürdigend, was eine ehrenvolle und superprogressive Einstellung ist. Und dann tauscht dieser Lebenslängliche in Gartree
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