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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen
Autoren: Mark Billingham
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erzähle er mir Dinge, die klar wie Kloßbrühe sind. Als erinnere er mich an Dinge, die ich vergessen habe …«
    »Ein Akzent?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Eine Vorstellung, wie alt er sein könnte?«
    Wieder ein Kopfschütteln.
    »Hör mal, ich weiß, das klingt jetzt komisch, aber mir ist nicht klar, warum du nicht die Polizei angerufen hast.«
    Sie wollte etwas sagen, aber Thorne fiel ihr ins Wort.
    »Damit meine ich die Leute vor Ort. Das ist irgendein Irrer, Carol. Ein Verrückter, der dich verarschen möchte. Der so ein mieses Heftchen über wahre Kriminalfälle gelesen hat und nichts Besseres mit seiner Zeit anzufangen weiß.«
    »Er weiß eine Menge, Tom. Eine Menge Dinge, die niemals an die Öffentlichkeit gelangt sind. Er weiß von dem Feuerzeug, das am Tatort gefunden wurde, er weiß, welcher Brennspiritus verwendet wurde …«
    »Dann ist es jemand, den Rooker im Knast kennen gelernt hat. Den Rooker auf dich angesetzt hat.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Rooker hat keinen Grund, mir jemanden auf den Hals zu hetzen. Vergiss nicht, Rooker hat alles gestanden. Außerdem mochte er mich, verdammt noch mal.«
    »Das war so eine Art Beziehung zwischen euch. Du warst es, die ihn verhört hat. Deshalb bist du jetzt die Zielscheibe und nicht der SIO von damals.«
    »Ich glaube, es trifft mich, weil ich in der Hierarchie die Nächste bin. Der zuständige Detective Inspector hat die Polizei lange vor mir verlassen. Er ist vor zehn Jahren nach Neuseeland ausgewandert. Der ist wesentlich schwieriger aufzuspüren als ich.«
    Das klang logisch, aber Thorne hatte noch eine andere Idee. »Es könnte aber auch sein, dass, wer immer dahinter steckt, genau weiß, wie sehr dir diese Sache mit Jessica … unter die Haut ging.«
    Betroffen sah sie ihn an. »Woher sollte das jemand wissen? Woher weißt du das …?«
    Sie liefen die nächsten hundert Meter schweigend nebeneinander her, bis Thorne wieder das Wort ergriff. »Machst du dir Gedanken, du könntest den Falschen hinter Gitter geschickt haben, Carol? Geht es darum?«
    »Nein, das ist es nicht. Gordon Rooker hat Jessica Clarke angezündet. Ich weiß, dass er es war.«
    Sie sprachen nicht mehr bis zum Bahnhof.
    Auf halbem Weg zu den Gleisen blieb sie stehen und wandte sich zu ihm. »Du brauchst mich nicht bis zum Zug zu begleiten. Der nächste geht in einer Viertelstunde.«
    »Das macht mir nichts aus.«
    »Geh zurück ins Büro. Ich hab sowieso Lust, ein bisschen rumzubummeln. Ich kauf mir eine Zeitung und versuch einen klaren Kopf zu bekommen. Ich bin eine richtige nervige alte Schlampe geworden.«
    »Also nervig bist du wirklich nicht.«
    Sie beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange. »Frecher Kerl.«
    Seufzend entzog sich Thorne ihrer Umarmung. »Ich weiß nicht genau, was du von mir in dieser Sache erwartest, Carol. Offiziell kann ich nichts tun, was nicht jeder andere auch tun kann.«
    »Ich erwarte nicht, dass du offiziell etwas unternimmst.«
    Da begriff er, wie durcheinander sie trotz des Geplänkels vorhin wirklich war. Das Letzte, was sie wollte, war, dass die oberen Chargen das mitbekamen. Er glaubte zwar nicht, dass man ihr deshalb die Mitarbeit an den kalt gewordenen Fällen aufkündigen würde, aber es gab genug Stimmen, die fanden, die Met brauche keine Leute, die besser in einer Schlange vor dem Postschalter aufgehoben wären.
    »Klar«, sagte Thorne schließlich. »Aber es spricht nichts dagegen, wenn ich meine Zeit verschwende.«
    Chamberlain hängte sich ihre riesige Handtasche über die schmale Schulter und wandte sich um zum Gehen. »Etwas in der Richtung …«
    Thorne sah ihr nach, wie sie im WH-Smith-Kiosk verschwand.
    Auf dem Weg zurück zur U-Bahn dachte er nach über Narben, die man versteckte, und solche, die man offen zeigte. Über Narben, die so schlimm waren, dass man von einem Parkhaus sprang.

Drittes Kapitel
    Eines war diesen Räumen gemein. Die Größe mochte variieren, die Einrichtung hing vom Stil der Zeit ab und die Ausstattung von dem jeweiligen Budget oder dem Interesse des dafür zuständigen hohen Tiers. Doch der Geruch war stets derselbe. Chrom und Rauchglas oder abblätternde orangefarbene Fasergipsplatten. Eiskalt oder überheizt. Gemütlich oder alles andere. Wie immer das Zimmer ausgestattet war, an diesem Geruch erkannte man sofort, wo man sich befand, selbst mit einem Sack über dem Kopf. Schnüffelnd wie ein Connaisseur konnte Thorne die Ingredienzien benennen: schaler Zigarettenrauch, Schweiß und Verzweiflung.
    Er
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