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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns
Autoren: Mark Billingham
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und schloss die Tür. Er hatte vorgehabt, das Thema beim Essen zu besprechen, war dann aber an anderem mehr interessiert gewesen.
    »Die Aussichten sind … eher trübe.«
    Sie lächelte.
    »Jeden Tag gibt es in der Zeitung irgendeine dumme Geschichte über Einbrecher, die in der Wohnung einschlafen, in die sie eingebrochen sind, doch Tatsache ist, dass die meisten Menschen, die das Gesetz brechen, ernsthaft glauben, sie würden nicht geschnappt werden. Bei Mördern hat man eine Chance, wenn das eigene Zuhause oder Sex im Spiel ist.«
    Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und trank einen Schluck Wasser.
    Thorne beobachtete sie. »Entschuldigung, ich wollte keinen Vortrag halten.«
    »Nein, das interessiert mich, wirklich.«
    »Jede Art von sexueller Obsession kann dazu führen, dass die Leute nachlässig werden. Sie lassen es darauf ankommen und machen Fehler. Bei unserem Freund sehe ich nicht, dass er einen Fehler macht. Was ihn auch antreiben mag, es ist nicht sexuell motiviert.«
    Ihr Blick wurde plötzlich kalt und leer. »Tatsächlich?«
    »Nicht körperlich. Er ist pervers … aber er ist –«
    »Was er macht, ist grotesk.«
    An der Aussage war etwas Endgültiges, gegen das Thorne nichts einwenden konnte. Was ihn betroffen machte, war, dass sie die Gegenwartsform verwendet hatte. Es gab Leute, die dachten oder hofften – und bei Gott, er hoffte es –, dass vielleicht keine neuen Bilder an die Wand gehängt werden mussten. Aber er wusste es besser. Welcher Mission dieser Mann auch immer meinte folgen zu müssen, was auch immer er zu erreichen hoffte, Tatsache war, dass er Frauen verfolgte und sie in ihren Wohnungen umbrachte. Und er hatte Spaß daran. Thorne spürte, wie er rot wurde.
    »In diesem Fall gibt es kein herkömmliches Muster. Das Alter der Opfer scheint für den Mörder unwichtig zu sein, Hauptsache, sie sind verfügbar. Er sucht sich irgendwelche Frauen aus, und wenn er nicht kriegt, was er will, lässt er sie einfach liegen. Gewaschen und geschrubbt, zusammengesunken auf einem Stuhl oder flach ausgestreckt auf dem Küchenboden, bis sie von ihren Angehörigen gefunden werden. Niemand sieht etwas. Niemand weiß etwas.«
    »Außer Alison.«
    Unangenehme Stille senkte sich über das kleine Büro, was die Luft irgendwie noch stickiger machte. Als sein Mobiltelefon klingelte, fühlte sich Thorne nicht wie üblich gestört. Dankbar griff er danach. Detective Inspector Nick Tughan leitete das Backhand- Büro. Tughan konnte gut organisieren und Informationen ordnen – noch einer, der auf Vorschriften stand. Mit seinem weichen Dubliner Akzent war er in der Lage, Vorgesetzte zu beruhigen oder zu überzeugen. Anders als Frank Keable hatte Tughan jedoch das aufgeblasene Selbstbewusstsein eines Herkules und wenig Zeit für Leute wie Tom Thorne. Der bisherige Erfolg der Sonderkommission war in der Hauptsache ihm und seiner unerschütterlichen Effizienz zu verdanken. Nie verlor er die Beherrschung.
    »Es gab einen größeren Midazolam-Diebstahl. Vor zwei Jahren im Leicester Royal Infirmary. Fünf Gramm wurden entwendet.«
    Thorne griff über den Schreibtisch nach einem Stück Papier und einem Stift. Anne schob ihm den Block zu, und er schrieb sich die Einzelheiten auf. Vielleicht hatte sich der Kerl doch einen Ausrutscher geleistet.
    »Gut, schicken wir Holland nach Leicester, um weitere Einzelheiten herauszubekommen. Wir brauchen auch eine Liste von allen, die, sagen wir, seit 1997 dort gearbeitet haben.«
    »Seit 1996. Schon aussortiert. Wurde durchgefaxt.«
    Tughan war mal wieder einen Schritt voraus und schien es zu genießen. »Nächste Frage ist klar: Gibt es Treffer?«
    »Ein paar im Südwesten und ein halbes Dutzend in London. Einer davon ist interessant. Arbeitet im Royal London.«
    »Interessant« war das richtige Wort. Anne Coburn hatte es gleich erkannt. Vorausgesetzt, Alison war bei sich zu Hause überfallen worden – warum war sie dann ins Royal London gebracht worden? Warum nicht ins nächstgelegene Krankenhaus? Thorne notierte sich den Namen, ließ die obligatorischen und widerlich jovialen Anweisungen über sich ergehen und drückte die Aus-Taste.
    »Hat sich wie eine gute Nachricht angehört.« Sie entschuldigte sich nicht dafür, dass sie mitgehört hatte.
    Thorne fand sie immer sympathischer. Er erhob sich und griff nach seiner Jacke. »Hoffen wir’s. Fünf Gramm Midazolam – ist das viel?«
    »Das ist verdammt viel. Wir verwenden höchstens fünf Milligramm, um einen Erwachsenen zu
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