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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns
Autoren: Mark Billingham
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    Guy's & St. Thomas'
Hospital Trust
    Abteilung Histopathologie
    Frau Dr.
Angela Wilson
Gerichtsmedizinerin
Southwark
    26. Juni 2000
     
    Sehr geehrte Frau Dr. Wilson,
     
    nach unserem letzten Telefonat möchte ich hier meine Sichtweise zusammenfassen, die Sie als Anhang zu meinem Autopsiebericht (AB2698/RT) zu Ms. Susan Carlish verwenden könnten, einem 26- jährigen Schlaganfallopfer, das am 15. Juni in seiner Wohnung aufgefunden wurde.
     
    Der Tod trat infolge eines Hirnstamm-Infarkts ausgelöst durch einen Basilararterienverschluss ein, der wie eine spontane vertebrale Arterienläsion aussieht. Die Untersuchung erfolgte zwölf Stunden nach dem Tod. Eine Protein-C- und Protein-S-Mangel-Analyse konnte ich nicht durchführen. Abgesehen davon und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Ms. Carlish Gelegenheitsraucherin war, lagen keine herkömmlichen Infarktrisiken vor. Ich entdeckte auch ein kleines Halswirbeltrauma mit Beschädigung der Bänder zwischen HW1 und HW2, was allerdings auch auf ein älteres Peitschenhiebsyndrom oder eine Sportverletzung zurückgeführt werden kann. Im Blut ließen sich Spuren eines Benzodiazepins nachweisen. Nachforschungen haben ergeben, dass sich Ms. Carlishs Mitbewohner vor achtzehn Monaten Valium verschreiben ließ.
     
    Während ich bezüglich der Todesursache keine Zweifel habe und eingestehen muss, dass alle polizeilichen Ermittlungen zu keinen Ergebnissen führten, halte ich mit einigen Kollegen Rücksprache und lasse allen pathologischen Instituten und Leichenschauhäusern von Greater London eine Kopie dieses Schreibens zukommen. Ich möchte Vergleiche anstellen mit weiteren Infarktopfern (möglichst weiblich, 20-30 J.), die alle oder einzelne der folgenden Besonderheiten aufweisen:
     
    Fehlen herkömmlicher Risikofaktoren
durchtrennte Bänder im Halswirbelbereich
Benzodiazepine im Blut
     
    Wenn Sie meine Ergebnisse vielleicht in Hinblick auf eine zweite Autopsie besprechen möchten, würde ich mich freuen, wenn wir uns darüber unterhalten könnten.
     
    Kollegiale Grüße
     
    Dr. Roger Thomas
    FRC Path, beratender Pathologe
     
    PS: Der Zustand der Leiche (die wie ein paar frisch geputzte Gummistiefel quietschte) spielte, wie ich bereits erwähnte, für die Behörden keine Rolle und bereitete den Leichenbestattern einige Freude, doch war er, gelinde gesagt, schon etwas beunruhigend!!
     
    National Health Service

 
     
     
    Teil eins
    Das Verfahren

 
    »Wach auf, Schlafmütze, der Sandmann ist weg …«
    Lichter und Stimmen, eine Maske und süßer, frischer
Sauerstoff in meiner Nase …
    Und vorher?
    Ich und meine Freundinnen haken uns ein, schmettern
»I Will Survive« und verarschen im Club alle Casanovas
aus Camberwell mit weißen Socken …
    Und jetzt tanze ich allein. An einer Kasse. O Gott! Total
besoffen. Toller Abend.
    Und ich kämpfe mit dem Schlüssel, der nicht ins Schloss
will.
    Und im Auto sitzt ein Mann mit einer Flasche Champagner. Was feiert er? Noch ein Schluck kann bei der Menge an
Tequila auch nicht schaden.
    Dann sind wir in der Küche. Ich rieche Seife. Und etwas
anderes. Etwas Verzweifeltes.
    Und der Mann steht hinter mir. Meine Knie werden
weich. Hätte er mich nicht gehalten, wäre ich auf den Bo-
den geknallt. Bin ich schon so hinüber?
    Seine Hände sind an meinem Kopf, an meinem Hals. Er
ist sehr sanft. Er sagt, ich soll mir keine Sorgen machen.
    Und … nichts …

 

Eins
    Thorne hasste den Gedanken an abgestumpfte Polizisten. Sie waren nutzlos. Wie eingetrocknete Farbe. Er hatte sich einfach … damit abgefunden. Mit einem Pennbruder, dessen Schädel eingeschlagen und auf dessen Brust ABSCHAUM eingeritzt worden war. Mit einem halben Dutzend Pfadfinderinnen, die dank eines betrunkenen Busfahrers und einer niedrigen Brücke geköpft worden waren. Und noch schlimmeren Sachen. Abgefunden damit, dass er in die Augen von Frauen blickte, die ihre Söhne verloren hatten, sie anschaute, während sie auf ihre Unterlippe bissen und abwesend zum Wasserkessel griffen. Mit all dem hatte sich Thorne abgefunden. Und er hatte sich mit Alison Willetts abgefunden.
    »Eine gehörige Portion Glück, Sir, wirklich.«
    Er hatte sich damit abgefunden, an dieses kleine Wesen in Mädchengestalt, das in einen Kilometer Mull-Spaghetti gewickelt war, wie an einen großen Erfolg zu denken. Eine gehörige Portion Glück. Ein Glückstreffer. Und sie war kaum anwesend. Glück war es vor allem, dass man sie gefunden hatte. »Und, wer hat sie so versaut?« Detective
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