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Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Titel: Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)
Autoren: A. G. Stoll
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schmeckte nach wenig, half aber gegen den Hunger.
    Blechnapf und Becher wusch sie mit kaltem Wasser ab. Kate würde der Köchin keinen Vorwand liefern, sich bei Gustav über sie zu beschweren, oder ihre ewig schlechte Laune an ihr auszulassen.
    Im Gegensatz zu den anderen Angestellten musste Kate mit der launischen Person auskommen, da sie nicht kündigen konnte. Bis sie volljährig wurde, blieb sie Madame dem Gesetz nach mit Haut und Haaren ausgeliefert. Als Findelkind besaß sie weder Mutter noch Vater und keinerlei Verwandtschaft, die sich um sie scherte, geschweige denn vor Madame beschützte.
    Wie naiv sie doch als kleines Mädchen gewesen war, darauf zu hoffen, die Tante oder sonst jemand würde sie von hier erretten! Tante Eulas Schützlinge waren ausgesetzte und im Waisenhaus abgegebene Babys, die ihr als Pfleglinge anvertraut worden waren. Sie lebte davon, die Kinder zu versorgen und aufzuziehen, bis diese das Alter erreichten, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Als Gustav den Vorschlag gemacht hatte, Kate gegen ein entsprechendes Entgelt vorzeitig an eine Arbeitsstelle abzutreten, war die Frau nur zu gerne auf das zusätzliche Geschäft eingegangen. Diese bittere Wahrheit hatte Kate längst von Madame erfahren. Mit einem strahlenden Lächeln hatte ihre Herrin ihr das Dokument gezeigt, mit dem man ihr die Verfügungsgewalt über Kate bescheinigte. Bis heute amüsierte Madame sich über Kates Dummheit, nichts von ihrer erbärmlichen Herkunft gewusst zu haben.
    Kate machte sich auf, nach der Dampfmaschine zu sehen. Wollte sie den Tag nicht vor Kälte zitternd verbringen, musste sie etwas unternehmen. Zudem hatte sie Aufträge für Gustav zu erledigen und brauchte dafür eine der Apparaturen, die mithilfe der Dampfmaschine angetrieben wurden.
    Auf dem Weg in den Keller hielt sie sich gut am Treppengeländer fest. Stürzte sie, würde sie so schnell nicht gefunden werden.
    Sah man vom Hausmeister ab, war sie heute allein. Den Samstag gab Gustav den Hausangestellten bis zum Abend frei, weil er sich an diesem Tag außer Haus befand. Kate fragte sich, warum Madame der Köchin und den beiden anderen Hilfen nicht einige der vielen unbewohnten Zimmer überließ. Stattdessen waren die Frauen in Pensionen untergebracht oder lebten weiterhin bei ihren Familien.
    Unten angekommen vermied Kate es, in die Richtung des kleinen Raums zu sehen, der am entfernten Ende des Kellerganges lag. Obwohl Gustav sie seit Jahren nicht mehr darin eingesperrt hatte, träumte sie ab und zu von dem dunklen Loch und wachte dann schweißgebadet auf.
    Sie lief durch den kurzen Flur zum Heizraum und zog die schwere Eisentür auf. Nur eines der Gaslichter brannte, weshalb sie als Erstes die übrigen drei aufdrehte und entzündete.
    »Albert, sind Sie da?«, rief sie, wobei ihr bereits der ranzige Geruch des Hausmeisters in die Nase kroch. Sie warf einen Blick hinter den Holzverschlag, in dem die Kohlebriketts gestapelt waren.
    Tatsächlich lag eine verkrümmte Gestalt in der Ecke und schnarchte. Kate ging zu ihm und stieß ihn mit dem Fuß an. Die Vorstellung, ihn anzufassen, ekelte sie.
    »Das Feuer. Die Maschine steht. Es ist eisig kalt«, beschwerte sie sich.
    Er knurrte und bewegte sich nicht. Aus der Nähe roch er derart nach abgestandenem Bier und altem Schweiß, dass es ihr die Luft abschnürte.
    Sie stieß ihn nochmals an und warnte ihn: »Wenn Ihr nichts unternehmt, wirft Gustav Euch raus.«
    Diesmal blinzelte er sie aus verquollenen Augen an, verzog den Mund und knurrte: »Verschwinde!«
    Kate griff nach der Blechflasche, die neben ihm auf dem Boden stand. Sie trug kein Etikett und hatte bessere Zeiten gesehen, so verbeult und dreckverschmiert, wie sie aussah. Angewidert roch sie an dem bisschen, was sich noch in ihr befand. Der Inhalt brannte in der Nase und brachte sie zum Husten.
    »Mich wundert, dass Ihr nicht blind von dem Fusel geworden seid«, stellte sie fest, nachdem sie sich erholt hatte.
    Der Hausmeister zeigte sich unbeeindruckt.
    »Stell das hin, oder ich breche dir den Arm«, drohte er.
    Achselzuckend folgte sie der Anweisung. Weiter an seine Vernunft zu appellieren, schien sinnlos. In dieser Verfassung war er nutzlos, also musste sie selbst tätig werden.
    »Ich kümmere mich um den Ofen, lege Brennstoff nach und sehe nach dem Wasser«, teilte sie ihm knapp mit und wandte sich dem Brenner zu.
    Wie vermutet, war das Feuer bis auf die Restglut heruntergebrannt. Sie bearbeite die Aschereste mit einem Schürhaken,
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