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Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen
Autoren: Barry Eisler
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Offshore-Konto auf ein anderes und ging dann in eine Citibank, um eine große Menge Bargeld abzuheben. Die volle Summe, die mir für Manny bezahlt worden war. Ich ließ mir den ganzen Betrag in Zehntausend-Yen-Scheinen auszahlen, vier Stapel von der Größe eines Backsteins, je fünfhundert Scheine hoch, und verstaute alles im Aktenkoffer.
    Anschließend ging ich in der Gegend einkaufen: traditionelle japanische Süßigkeiten wie Daifuku und Sakura-mochi und kashiwa-mochi; einen Kimono und Geta-Schuhe; mehrere Packungen edles Kalligraphiepapier. In jedem Laden wurden die Sachen aufwendig verpackt - es waren ja offensichtlich Geschenke - und mir in einer eleganten Tüte übergeben.
    Nach meinem Einkaufsbummel ging ich in einen Kinko's Copyshop und nahm aus einer der Kalligraphiepapierpackungen so viel von dem Inhalt heraus, dass genug Platz für die Backsteine Bargeld war. Ich verschloss die Packung wieder fein säuberlich und tat sie zurück in die entsprechende Tüte.
    Früh am nächsten Morgen checkte ich aus dem Hotel aus und flog nach Manila. Nach der Ankunft um halb zehn gelangte ich mit den Scharen von anderen Geschäftsleuten, die von einem Tokiobesuch zurückkamen und wie ich auch mit traditionellen Geschenken aus dem exotischen Japan bepackt waren, ohne Probleme durch den Zoll. Ich nahm ein Taxi zum Mandarin Oriental in Makati. An der Rezeption erklärte ich, dass ich zwar kein Gast sei, aber geschäftlich in der Stadt zu tun habe und gern für einen halben Tag einen Wagen mit Chauffeur mieten würde. Ich würde selbstverständlich bar bezahlen. Mein Wunsch wurde prompt erfüllt, und kurz darauf nannte ich dem Fahrer eines Mercedes E230 die Adresse, und wir fuhren los.
    Das Wetter war heiß und drückend, wie es in der Region normal ist, und die schmutzige Luft, die den Himmel fast verhüllte, schrie förmlich danach, von einem heftigen Gewitter fortgespült zu werden. Während der Fahrt ersetzte ich den harmlosen Inhalt des Aktenkoffers durch die vier Backsteine Bargeld.
    Das Ballungsgebiet um Manila dünnte allmählich aus, und schon bald fuhren wir an Reisfeldern und Kokosnusshainen vorbei. Ich hatte die gleiche Landschaft nur wenige Tage zuvor gesehen, doch heute kam sie mir anders vor. Unfreundlich, vielleicht. Vielleicht unversöhnlich.
    Ich blickte zum Fenster hinaus auf die Felder und das Vieh und fragte mich, ob die Frau von Mannys Tod erfahren hatte. Es war erst ein paar Tage her, und ich hielt es nicht für aus geschlossen, dass die Nachricht sie irgendwie doch noch nicht erreicht hatte.
    Die Straßen, auf denen wir fuhren, wurden schmaler, hatten immer mehr und immer tiefere Schlaglöcher. Zweimal musste der Fahrer anhalten und sich nach dem Weg erkundigen. Doch schließlich hielten wir vor einem niedrigen, baufälligen Gebäude am Ende einer Sandstraße mit Reisfeldern ringsherum. Ein paar magere Kühe nicht weit vom Haus schlugen mit den Schwänzen, und Hühner und kleine Hunde liefen frei herum. Ein Dutzend Leute saßen draußen auf Plastikstühlen. Eine Großfamilie, vermutete ich, doch so viele konnten unmöglich zusammen in dem kleinen Haus wohnen. Irgendetwas war geschehen, sehr wahrscheinlich irgendeine Tragödie, und die Besucher waren da, um Beistand zu leisten, um den Hinterbliebenen Trost zu spenden.
    Ich sah Mannys Frau. Sie saß gegenüber von zwei anderen jungen Frauen, die ihre Schwestern sein mochten. Der Junge saß teilnahmslos auf dem Schoß einer älteren Frau, vielleicht seine Großmutter. Die Szene war mir nur allzu vertraut, und für einen Moment geriet meine Entschlossenheit ins Wanken. Doch dann passierte perverserweise genau das, was es mir ermöglicht hatte, Manny am Ende doch noch zu erledigen: Die eiskalten Scheuklappen schlossen sich und versetzten mich in die Lage, auch diesmal wieder zur Tat zu schreiten.
    Ich stieg aus dem Wagen. Ich bemerkte, dass die Gespräche erstorben waren. Die versammelten Menschen sahen mich neugierig an. Ich nahm den Aktenkoffer und schritt zielbewusst auf Mannys Frau zu. Ich neigte den Kopf, bevor ich sprach.
    »Ich bin Anwalt und wickle den Nachlass von Manheim Lavi ab«, sagte ich zu ihr. In dem Anzug und mit dem Aktenkoffer in der Hand machte ich bestimmt eine überzeugende Figur. Und wenn ein durchschnittlicher Anwalt in Augenblicken wie diesem bewusst steif auftritt, so erfüllte ich gerade diesen Teil der Rolle fehlerfrei, denn ich hatte schon Mühe, sie überhaupt anzusehen.
    Sie erhob sich. Sie war zierlich und sehr hübsch, und
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