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Tokio Killer - 02 - Die Rache

Tokio Killer - 02 - Die Rache

Titel: Tokio Killer - 02 - Die Rache
Autoren: Barry Eisler
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täuschen lassen und annehmen, dass ich wieder in die Staaten gezogen sei. Die meisten Leute hätten das auch getan. Nicht jedoch Tatsu.
    «Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass du in den Staaten lebst», fuhr er fort. «Du hast dich in Japan sichtlich … wohl gefühlt. Ich habe nicht geglaubt, dass du bereit warst, das Land zu verlassen.»
    «Da könntest du Recht haben.»
    Er zuckte die Achseln. «Ich habe mich gefragt: Wenn mein alter Freund Japan tatsächlich nicht verlassen hat, sondern nur wollte, dass ich das glaube, was hätte er dann wohl gemacht? Er wäre unter einem neuen Namen zurückgekommen und in eine neue Stadt gezogen, weil er in Tokio zu bekannt geworden ist.»
    Er legte eine Pause ein, und ich bemerkte, dass er einen Wahrsagertrick anwandte: Statt dem Kunden wirklich Informationen zu geben, wurden sie ihm geschickt entlockt, indem er mit vermeintlichen Kenntnissen geködert wurde. Bisher hatte Tatsu nur Mutmaßungen und Gemeinplätze von sich gegeben, und ich hatte nicht vor, die Lücken zu füllen, indem ich irgendetwas bestätigte oder in Abrede stellte.
    «Vielleicht hätte er sich in der neuen Stadt auch unter demselben neuen Namen eine Wohnung genommen, unter dem er nach Japan zurückgekehrt war», sagte er nach einem Augenblick.
    Aber ich hatte für meinen Umzug nicht denselben neuen Namen benutzt. Das wäre für einen entschlossenen Spürhund eine zu offensichtliche Spur gewesen. Tatsu war sich in dem Punkt anscheinend nicht sicher und hoffte, durch meine Reaktion mehr zu erfahren.
    Also sagte ich nichts und setzte stattdessen eine etwas gelangweilte Miene auf.
    Er sah mich an, und seine Mundwinkel hoben sich zu der kaum merklichen Andeutung eines Lächelns. Das war seine Art anzuerkennen, dass ich ihn richtig durchschaute, und bedeutete, dass er jetzt tatsächlich zur Sache kommen würde, weil das Theater sinnlos war.
    «Fukuoka war zu klein», sagte er. «Sapporo zu entlegen. Nagoya war zu nahe bei Tokio. Hiroshima war möglich, weil die Atmosphäre gut ist, aber ich hielt die Region Kansai für wahrscheinlicher, weil sie nicht ganz so weit von Tokio entfernt ist, und ich vermutete, dass du dir eine gewisse Nähe zu der Stadt erhalten wolltest. Das hieß also Kyoto, möglicherweise Kobe. Aber am ehesten Osaka.»
    «Weil …» Er zuckte die Achseln. «Weil Osaka größer ist, lebendiger, und daher mehr Raum bietet, sich zu verstecken. Und es ist eine Stadt mit großer Fluktuation, ein Neuankömmling erregt dort wenig Aufmerksamkeit. Außerdem weiß ich, dass du Jazz liebst, und Osaka ist bekannt für seine Clubs.»
    Mir war bewusst gewesen – und zwar genau aus den Gründen, die Tatsu soeben zur Sprache gebracht hatte –, dass Osaka eine etwas vorhersehbare Wahl sein könnte. Aber ich hatte auch festgestellt, dass ich nicht bereit war, auf die Vorzüge einer Großstadt zu verzichten. In jüngeren Jahren hätte ich derartige Annehmlichkeiten niemals über meine persönliche Sicherheit gestellt. Aber ich merkte, dass sich meine Prioritäten mit zunehmendem Alter veränderten, und das war, wie alles andere auch, ein deutliches Zeichen dafür, dass es für mich Zeit wurde, aus dem Spiel auszusteigen.
    Zugegeben, so gut, wie Tatsu mich kannte, war es für ihn ein Leichtes, auf Osaka zu kommen. Aber damit wusste ich noch immer nicht, wie er mich dann letzten Endes aufgespürt hatte.
    «Ich bin beeindruckt», sagte ich. «Aber du hast mir noch nicht verraten, wie du mich in einer Stadt ausfindig gemacht hast, in der an die neun Millionen Menschen leben.»
    Er hob leicht den Kopf und blickte mir in die Augen. «Rain-san», sagte er, «ich verstehe, dass du das wissen möchtest. Und ich werde es dir sagen. Aber du musst die Informationen unbedingt für dich behalten, sonst hätte das einen verheerenden Rückschlag für die Verbrechensbekämpfung zur Folge. Kann ich dir die Informationen anvertrauen?»
    «Das weißt du doch», erwiderte ich.
    Er nickte. «Seit rund zehn Jahren lassen die Kommunen und Städte unabhängig voneinander Überwachungskameras in verschiedenen öffentlichen Bereichen wie U-Bahn-Stationen und Fußgängerzonen installieren. Es gilt inzwischen als hinlänglich erwiesen – in erster Linie aufgrund von Erfahrungen, die Großbritannien gesammelt hat –, dass solche Kameras Kriminelle abschrecken.»
    «Ich hab die Kameras gesehen.»
    «Einige sind zu sehen. Nicht alle. Wie dem auch sei, die Kameras selbst sind nicht entscheidend. Was zählt, ist das, was dahinter
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