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Tokio Killer - 02 - Die Rache

Tokio Killer - 02 - Die Rache

Titel: Tokio Killer - 02 - Die Rache
Autoren: Barry Eisler
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steckt. Nach den Anschlägen vom elften September in New York hat die hiesige Polizei unter großem Aufwand diese losen Kameranetzwerke mit einem Zentralcomputer verbunden, der mit der allerneuesten Software für Gesichtserkennung ausgestattet ist. Die Software liest die unverkennbaren, persönlichen Merkmale, die nur schwer oder gar nicht zu verbergen sind – zum Beispiel den Augenabstand oder die genauen Winkel des Dreiecks, das von den Augen bis zur Mitte des Mundes gebildet wird. Wenn eine Kamera also ein Gesicht aufnimmt, das mit einem Foto in der Datenbank übereinstimmt, wird automatisch bei den entsprechenden Polizeibehörden ein Alarm ausgelöst. Was ursprünglich als psychologische Abschreckung gedacht war, ist inzwischen ein wirkungsvolles Instrument der Verbrechensbekämpfung.»
    Ich wusste natürlich von der Software, die Tatsu beschrieb. Sie wurde in bestimmten Flughäfen und Sportstadien getestet, vor allem in den Vereinigten Staaten, um bekannte Terroristen zu entdecken und unschädlich zu machen. Doch nach dem, was ich gelesen hatte, waren die ersten Versuche enttäuschend ausgefallen. Vielleicht waren das aber auch bloß Falschinformationen. Jedenfalls hatte ich keine Ahnung gehabt, dass Japan auf diesem Gebiet schon so weit war.
    «Die Kameras sind mit dem Juki Net verbunden?», fragte ich.
    «Möglich», erwiderte er auf seine trockene Art.
    Das Juki Net war im August 2002 in Betrieb genommen worden, auf Wunsch der japanischen Regierung, alle kommunalen Daten zu einem einzigen nationalen Datennetz zu vereinen. Im Juki Net war jede gemeldete Person in Japan mit einer elfstelligen Identifikationsnummer erfasst, die Aussagen über Namen, Geschlecht, Adresse und Geburtsdatum machte. Die Regierung behauptete, dass keine anderen Daten gespeichert würden, was jedoch nur wenige Leute glaubten.
    «Aber es gab doch Proteste gegen das Juki Net?», fragte ich.
    Er nickte. «Ja. Wie du vielleicht weißt, hat die Regierung das Netz ohne ein entsprechendes Gesetz zum Schutz der Persönlichkeit eingeführt. Anschließende Gesetzesentwürfe waren alles andere als befriedigend. In Suginami-ku findet ein Boykott statt. Leute, die nicht in dem Bezirk wohnen, versuchen, dort eine Adresse zu bekommen, um sich der Kontrolle des Systems zu entziehen.»
    Jetzt verstand ich, warum die Regierung mit allen Mitteln geheim halten wollte, dass das Juki Net mit dem Netz der Überwachungskameras verbunden war. Der Grund war zweifellos die Angst der Regierung vor Protesten, die es mit Sicherheit geben würde, wenn die Öffentlichkeit Wind davon bekam, dass der offizielle Einsatzbereich des Systems in Wahrheit nur die Spitze des Eisbergs war. Wenn die Überwachungskameras mit dem Juki Net verbunden waren, hatte die Bevölkerung allen Grund, einen Überwachungsstaat zu befürchten.
    «Man kann es den Leuten nicht verdenken, dass sie in dem Punkt kein Vertrauen zur Regierung haben», sagte ich. «Irgendwo hab ich gelesen, dass man im letzten Frühjahr dem Verteidigungsministerium auf die Schliche gekommen ist, wie es dabei war, eine Datenbank über Leute anzulegen, die mit Berufung auf das Informationsgesetz Einsicht in öffentliche Unterlagen verlangt haben – unter anderem solche, in denen Informationen über ihre politischen Ansichten gesammelt worden waren.»
    Tatsu lächelte sein trauriges Lächeln. «Als die Sache rauskam, hat jemand versucht, die Beweise zu vernichten.»
    «Stimmt, darüber habe ich auch gelesen. Hat die LDP nicht versucht, einen vierzigseitigen Bericht über die Vorkommnisse verschwinden zu lassen?»
    Diesmal lächelte Tatsu gequält. «Die führenden Liberaldemokraten, die an dem Vertuschungsversuch beteiligt waren, wurden natürlich bestraft. Ihnen wurden die Diäten gekürzt.»
    «Na, das ist mal eine wirkungsvolle Abschreckungsmaßnahme gegen zukünftige Missbrauchsfälle», lachte ich. «Erst recht, wenn man weiß, dass sie mit dem doppelten Betrag geschmiert wurden, um den man ihre Diäten gekürzt hat.»
    Er zuckte die Achseln. «Als Polizist begrüße ich die Netzwerke, weil es Mittel zur Verbrechensbekämpfung sind. Als Bürger finde ich das alles beängstigend.»
    «Warum soll ich dir denn dann Geheimhaltung versprechen? Hört sich an, als wären ein paar Indiskretionen genau das Richtige.»
    Er neigte den Kopf zur Seite, als würde er sich über meine Naivität wundern. «Wenn derartige Indiskretionen zum falschen Zeitpunkt kommen», sagte er, «wären sie genauso nutzlos wie eine dicke, aber
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