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0578 - Die Geisel

0578 - Die Geisel

Titel: 0578 - Die Geisel
Autoren: Jason Dark
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Hin und wieder saugte er an seiner Zigarette und schüttete den Kaffee in sich hinein. Die Luft im Wagen stank nach Rauch, sie war zudem feucht, und die Stille wurde hin und wieder von einem trocken klingenden Schluchzen unterbrochen.
    Manchmal warf der Offizier einen Blick über die Schulter. Dann sah er den Mann, der wie ein Häufchen Elend auf dem Stuhl hockte und leise weinte.
    »Beruhigen Sie sich, Mr. Brookman, er wird kommen.«
    »Aber wann?« Die Frage klang wie ein Schrei.
    »Gleich.«
    »Dann sind meine Töchter tot.«
    »Das wird sich der Kerl noch überlegen«, Hamilton stand auf.
    »Und Sie haben sich wirklich nicht verhört? Hat er gesagt, daß er ein Zombie wäre?«
    »Ja, wenn ich es Ihnen sage. Er hat es mehrere Male wiederholt. Er ist ein Zombie.«
    »Okay, okay, es tut mir leid.« Hamilton räusperte sich. Er wußte selbst nicht, wie er sich der verzweifelt wirkenden Gestalt gegenüber verhalten sollte. »Möchten Sie noch einen Kaffee, Mr. Brookman?«
    »Nein, mein Herz.«
    »Ist gut.« Hamilton ging zur Tür.
    »Wo wollen Sie hin?«
    Hamilton öffnete die Tür des hohen Einsatzwagens. »Keine Sorge, ich lasse Sie nicht allein. Ich möchte nur frische Luft in den Wagen lassen.«
    »Ach so – ja.«
    In der Tür blieb Hamilton stehen. Einer seiner beiden Stellvertreter kam. »Es hat sich nichts getan, Sir. Der Kerl verhält sich ruhig.«
    »Gut, sehr gut.«
    »Wenn nur dieser verdammte Sinclair endlich kommen würde!«
    Hamilton hob die Schultern. »Der Weg ist nicht eben nah. Er hat einige Meilen vor sich.«
    »Trotzdem.«
    »Ich hoffe nur, daß uns hier kein Theater vorgespielt wird.«
    »Das kann man immer erst hinterher sagen, Sir.«
    »Danke für den Ratschlag.« Hamilton schaute zum Haus hin. Es besaß eine helle Fassade. Im Licht der Scheinwerfer jedoch leuchtete es fast in einem strahlenden Weiß. Auf dem Dach blitzte eine hohe Antenne, zwei Vögel hatten sich eine der Querstreben als Schlafplätze ausgesucht. Hamilton trank den Becher leer. Er war ein Fachmann für Geisel-Verbrechen, hatte schon einiges hinter sich. Zumeist waren die Fälle glimpflich abgelaufen, auch wenn es schon mal tote Geiseln gegeben hatte. Er konnte stets im voraus sagen, wie ein Fall ablaufen würde. Hamilton verließ sich da voll und ganz auf sein Gefühl.
    In diesem Fall hatte er ein schlechtes…
    Was sich zunächst wie ein Witz angehört hatte, war zu einem Drama eskaliert, in dem leider noch eine Hauptperson fehlte. Ein Mann namens John Sinclair.
    Hamilton kannte den Geisterjäger ziemlich gut. Er wußte, daß Sinclair mit beiden Beinen auf der Erde stand und kein parapsychologisch angehauchter Okkultist war, wie es manche der Kollegen behaupteten. Nein, der Oberinspektor gehörte zu den Menschen, mit denen es sich gut zusammenarbeiten ließ.
    Hamilton schaute auf die Uhr. Vier Minuten nach Mitternacht. In genau sechs Minuten würde das erste Ultimatum des Zombies dort im Haus ablaufen. Dann sollte es Tote geben. Das wußte Sinclair auch. Hamilton hatte mit ihm am Telefon darüber gesprochen.
    Die gesamte Atmosphäre hatte etwas Bedrückendes an sich. Eine gefährliche Ruhe vor dem Sturm, die binnen Sekunden vom Grauen zerstört werden konnte.
    Davor fürchtete sich Hamilton. Daß einer seiner Leute die Nerven verlor, daß die Scharfschützen nicht genau zielten, verdammt, es gab so viel zu, bedenken.
    Aus den Streifenwagen quäkten die Stimmen der Beamten, wenn sie in ihre Geräte sprachen. Jeder stand mit jedem in Kontakt, auch weiter im Westen, wo der Waldweg von der normalen Straße herführte und das Licht eines Scheinwerferpaares durch die noch blattlosen Zweige der Bäume blitzte.
    »Na also«, sagte Hamilton. »Das wird er sein.« Hamilton knüllte den Becher zusammen, in dem sich zuvor Kaffee befunden hatte, und hörte aus dem Wagen wieder das Jammern.
    »Mensch, halts Maul!« keuchte er, allerdings dermaßen leise, daß kein anderer ihn hörte.
    Dann ging er auf den Wagen zu, der von einem seiner Polizisten eingewunken wurde…
    ***
    Ich sah den Uniformierten im Licht meiner Rover-Scheinwerfer wie eine Schattengestalt erscheinen und wußte genau, daß ich mich am Zielort befand.
    Endlich – nach einer Höllenfahrt durch London, einer Stadt, in der es leider auch zu mitternächtlicher Stunde noch genügend Verkehr gab, so daß ein Durchkommen kaum möglich war.
    Der Beamte veränderte seine Haltung, streckte den rechten Arm aus und wies mich ein. Ich rollte in eine Lücke zwischen zwei Bäumen. Als
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