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0578 - Die Geisel

0578 - Die Geisel

Titel: 0578 - Die Geisel
Autoren: Jason Dark
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Beutel mit dem Geld stand. Scheine haben ihr Gewicht. Das merkte ich, als ich den hellen Sack anhob.
    Noch blieb ich im Wagen. Den Beutel mit dem Lösegeld ließ ich auf meinen Oberschenkeln liegen.
    Am Mercedes rührte sich nichts. Er kam mir vor wie eine dunkle Insel über dem Wasser, die sich plötzlich veränderte, als die linke Beifahrertür aufgedrückt wurde.
    Eine Gestalt taumelte aus dem Fahrzeug, in dem die Innenbeleuchtung nicht anging.
    Die Gestalt mußte einen Stoß bekommen haben. Beinahe wäre sie gefallen.
    Daß es sich bei ihr um eine Frau handelte, erkannte ich bisher nur an den langen Haaren. Sie trug ein Kleid, das für den kühlen Abend zu dünn war.
    Am Kofferraum stützte sie sich ab und wartete. Ihre Haltung war gebückt, sie hatte Furcht, das merkte ich ihr selbst aus dieser Entfernung an. Vor ihrem Mund fächerte der Atem als dünne Wolken auseinander.
    Wieder rief mich der Zombie an. »Steig aus, Sinclair! Nimm das Geld und geh zur Brückenmitte! Dort stellst du es ab und begibst dich wieder zu deinem Wagen.«
    »Was ist mit den Frauen?«
    »Das überlaß mal mir.«
    »Wie du meinst.«
    Ich stieg aus. Mein Gefühl war verdammt ungut. Noch immer hielt der Zombie die Trümpfe in der Hand. Ich bewegte mich nach seinen Befehlen und kam mir vor wie eine Marionette. Dieser Hundesohn hielt mich tatsächlich an der langen Leine.
    Die kalte Wut stieg in mir hoch. Das Gewicht des Geldsacks spürte ich an meiner rechten Hand, sie hing nach unten. Der helle Sack baumelte bei jedem Schritt mit.
    Auch wenn ich etwas hätte sagen wollen, es wäre mir wohl kaum gelungen. In meiner Kehle war es trocken, eine kleine Wüste hatte sich dort gebildet.
    Die Gänsehaut blieb, als ich über die Bohlen der Brücke schritt. Sie waren naß geworden, auch irgendwie weich. Meine Schritte hinterließen kaum Echos.
    Das Wasser gurgelte unter der Brücke hindurch. Ein langes, dunkles Band mit Schaumstreifen auf der Oberfläche. Die Geisel rührte sich nicht vom Fleck. Nach wie vor stützte sie sich auf dem Kofferraum der dunklen Limousine ab.
    Die Geisel hatte genaue Anweisungen bekommen, wie sie sich zu verhalten hatte. Im Wagen waren die zweite Frau und der Zombie geblieben. Erkennen konnte ich von ihnen nichts.
    Jeder Schritt wurde für mich zu einer Qual. Ich starrte die Geisel an, hoffte, sie durch Blicke beeinflussen zu können, nur war die Entfernung zu groß. Unter den dunklen Haaren glich ihr Gesicht nur mehr einem blassen Fleck.
    Bis zur Mitte der Brücke hatte der Zombie mir geraten. Ich blieb stehen, als ich meiner Ansicht nach die Stelle erreicht hatte. Dort stellte ich den Sack mit dem Lösegeld ab.
    Um die Summe tat es mir nicht leid, mir ging es einzig und allein um die Frauen.
    Aus meiner gebückten Haltung schaute ich noch einmal nach vorn. Am Wagen hatte sich nichts verändert, auch der Zombie zeigte sich nicht. Ich richtete mich auf, nickte der Geisel zu, die jedoch nicht reagierte und wieder zurückging. Die ersten drei Schritte lief ich noch rückwärts, dann drehte ich mich um und ging schneller.
    Ich schaute erst wieder zurück, als ich mich in den Wagen setzte.
    Die Geisel setzte sich mit zögernden Schritte in Bewegung. Sie ging wie eine Seiltänzerin, die ihre ersten Versuche auf dem Hochseil übte und Mühe hatte, nicht abzustürzen. Auch der jungen Frau erging es so, denn sie hatte die Arme ausbreiten müssen.
    Ich stand noch neben dem Rover, als sich das Telefon abermals meldete.
    Ich tauchte mit dem Arm hinein und hob ab.
    »Gut gemacht, Sinclair. Bisher hat alles hervorragend geklappt. Gratuliere.«
    »Was ist mit den Geiseln?«
    »Keine Sorge, du wirst auch alles andere hautnah miterleben. Eine wundervolle Inszenierung, findest du nicht auch?«
    Das fand ich nicht, aber ich lauschte dem Klang der Stimme nach.
    Okay, durch irgend etwas war sie verzerrt worden, aber ich ging davon aus, sie schon gehört zu haben. Dieser Zombie mußte ein Bekannter sein, wobei sich die Frage stellte, aus welcher Zeit? Lag es Jahre zurück oder nur Monate?
    »Wie geht es weiter?«
    »Sie holt jetzt das Geld. Wir können ruhig in Verbindung bleiben, es macht mir nichts aus.«
    »Ja, schon gut.«
    Das Mädchen ging nicht schnell. Es schien sich genau an die Regeln zu halten, die man ihm eingegeben hatte. Der Wind drückte ihr Kleid enger gegen den Körper. Sie mußte frieren.
    Neben dem Leinenbeutel blieb sie stehen und bückte sich.
    Ich hielt auch jetzt den Hörer fest. »Ist sie nicht gehorsam?« fragte der
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