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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel
Autoren: Mary Stanton
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Es kann nicht Aufgabe eines Rechtsanwalts sein,
darüber zu befinden, wie gerecht oder ungerecht
die von ihm vertretene Sache ist. James Boswell, Reise zu den Hebriden
    »Diese siebzehnjährige Cheerleaderin aus der Highschool hat einer Pfadfinderin einhundertfünfundsechzig Dollar und sechsundzwanzig Cent gestohlen?« Die meisten Rechtsanwälte lernten schon früh, eine möglichst undurchdringliche Miene zu wahren. Bree war da keine Ausnahme. Sie setzte sich zwar ein wenig aufrechter hin, zeigte sonst jedoch keinerlei Reaktion. »Was genau ist denn passiert?«
    Brees Tante Cissy lief aufgeregt in der Küche hin und her. »Lindsey, so heißt die Diebin, kurvte mit zwei Freundinnen in dem Hummer ihres Daddys herum – auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums. Plötzlich fuhr sie zum Haupteingang, machte dort halt, sprang aus dem Wagen, schubste das kleine Mädchen zu Boden und schnappte sich den Schuhkarton, der das Geld enthielt. Dann stieg sie wieder in den Hummer und brauste mitder Beute davon.« Tante Cissy verdrehte die Augen. »Es gab zahlreiche Augenzeugen, darunter auch die Mutter der Pfadfinderin. Die Teenies müssen die ganze Sache für einen köstlichen Jux gehalten haben. Jedenfalls hingen sie lachend aus den Fenstern des Hummers .«
    Cissy war acht Jahre jünger als Brees Mutter, doch während Francesca Winston-Beaufort eine rundliche Figur und rote Haare hatte, war Cecily blond und ziemlich knochig. Ihr sonnenhelles Haar verdankte sie Fontina, der Inhaberin von Savannahs populärstem Schönheitssalon. Die drahtige Gestalt dagegen war hauptsächlich auf die Besuche im Fitnessstudio in der Front Street und auf das wöchentliche Tennisspielen zurückzuführen. Cissy schwang sich auf den blau gekachelten Küchentresen und prallte mit den Hacken gegen den Schrank, der darunter stand. »Es war nämlich so, dass irgendeins der Kinder von der ganzen Geschichte eine Videoaufnahme gemacht hat – mit dem Handy. Und blitzschnell beim Fernsehen angerufen haben muss. Du kannst also davon ausgehen, dass schon in den Sechs-Uhr-Nachrichten darüber berichtet wird. Carrie-Alice ist jedenfalls ganz außer sich.«
    »Und Carrie-Alice ist Lindseys Mutter, ja?«, hakte Bree nach. Sie machte sich ein paar Notizen auf dem gelben Block, der vor ihr lag. »Ich glaube nicht, dass ich Carrie-Alice kenne. Ist sie eine enge Freundin von dir?«
    »Nein, eigentlich nicht«, räumte Cissy ein. »Aber sie bekam den Anruf von der Polizei als wir Bridge spielten, wie jeden Donnerstagnachmittag. Carrie-Alice und ich waren Spielpartnerinnen. Ich war Strohmann. Wir waren gerade dabei«, fügte sie mit düsterer Miene hinzu, »einen Schlemm zu landen. Carrie warf die Karten hin und bekam einen hysterischen Anfall. Da war’s natürlich vorbei mit dem Schlemm.« Sie sprang vom Küchentresen auf den Fußboden. »Tja, was sollte ich machen? Ich konnte sie doch nicht so aufgelöst, wie sie war, im Kartenzimmer des Clubs sitzen lassen. Ich hab da eine Nichte, habe ich gesagt, die ist vermutlich die beste Rechtsanwältin von Savannah. Bestimmt kann sie deine Lindsey im Handumdrehen aus dem Gefängnis holen.«
    Bree zog die Augenbrauen hoch. »Lindsey ist im Gefängnis?«
    »So gut wie. Die Polizisten haben sie zum Revier in der Montgomery Street mitgenommen und den Hummer beschlagnahmt. Also nehme ich an, dass sie Lindsey eingesperrt haben.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, stimmt nicht. Höchstwahrscheinlich ist das Mädchen schon wieder zu Hause. Carrie-Alice ist ja sofort zum Revier gesaust, und ich bin losgefahren, um dich zu suchen.« Ihre Tante kniff die hellblauen Augen zusammen. »Ich wollte zu deinem Büro kommen, bloß dass ich das verdammt noch mal überhaupt nicht finden konnte. Dabei hab ich doch fast mein ganzes Leben in Savannah verbracht. Wo ist denn nun diese Angelus Street?«
    »Ich bin ohnehin zum Lunch nach Hause gegangen«, wich Bree der Frage aus. Nur sehr wenige Personen wussten, dass ausschließlich tote Klienten die Angelus Street 66 finden konnten. Die Kanzlei Beaufort & Compagnie hatte ein zweites Büro in der Bay Street für diejenigen Klienten, die noch unter den Lebenden weilten.Doch dieses Büro wurde gerade renoviert, nachdem es von einem Feuer verwüstet worden war. »Mama hat dir vielleicht schon erzählt, dass ich das Büro in der Angelus Street nur vorübergehend habe«, schwindelte Bree, »so lange, bis ich in Großonkel Franklins altes Büro übersiedeln kann. Jedenfalls ist es hier wesentlich
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