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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag
Autoren: Barry Eisler
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entfernt, die rechte Hand an einem Griff an der Decke. Von jetzt an musste ich dicht bei ihm bleiben.
    Man erwartete von mir, dass es ganz natürlich aussah: Das ist meine Spezialität und der Grund, weshalb meine Dienste so begehrt sind. Harry hatte Kawamuras Krankengeschichte aus dem Universitätskrankenhaus Jikei besorgt. Daher wusste ich, dass er schwer herzkrank und nur dank eines Herzschrittmachers, den man ihm vor fünf Jahren eingesetzt hatte, noch am Leben war.
    Ich drehte mich um, so dass ich mit dem Rücken zur Tür stand -ein leichter Verstoß gegen Tokios minimale Zugetikette, aber ich wollte nicht, dass irgendwer, der des Englischen mächtig war, mitbekam, welche Eingabeaufforderungen auf dem Bildschirm des Handheld erscheinen würden, das ich bei mir hatte. Ich hatte ein kardiologisches Testprogramm daraufgeladen, wie Ärzte es benutzen, um die Schrittmacher ihrer Patienten einzustellen. Und ich hatte es so manipuliert, dass es Infrarot-Befehle an den Steuerungsmagneten sendete. Der einzige Unterschied zwischen meinem Gerät und dem eines Kardiologen war der, dass meins ein Miniaturformat hatte und drahtlos funktionierte. Außerdem hatte ich keinen hippokratischen Eid abgelegt.
    Der Computer war schon eingeschaltet und befand sich im Stand-by-Modus, so dass er sofort zum Leben erwachte. Auf dem Bildschirm blinkte der Auswahlpunkt «Rhythmus-Parameter». Ich drückte die Enter-Taste, und der Monitor bot mir die Wahl an zwischen «Schwellen-Test» und «Abtast-Test». Ich wählte Ersteres und bekam eine Reihe von Parametern angeboten: Pulsrate, Pulsdauer, Amplitude. Ich wählte die Pulsrate und stellte den Schrittmacher rasch auf sein unterstes Limit ein, nämlich vierzig Schläge pro Minute. Dann ging ich zurück auf die vorige Seite und wählte die Pulsdauer aus. Der Monitor zeigte an, dass der Schrittmacher darauf eingestellt war, Stromstöße von 0,84 Millisekunden abzugeben. Ich senkte die Pulsdauer so weit wie möglich und wechselte dann zur Amplitude. Die Voreinstellung betrug 8,5 Volt, und ich fing an, sie Schritt für Schritt um jeweils ein halbes Volt zu verringern. Als ich sie zwei ganze Volt abgesenkt hatte, blinkte der Bildschirm: «Amplitude wurde um zwei Volt verringert. Soll Amplitude wirklich weiter verringert werden?» Ich tippte «Ja» ein, machte weiter und bestätigte jedes Mal, wenn ich die Einstellung wieder um zwei Volt gesenkt hatte.
    Als der Zug in die Station Yoyogi einfuhr, stieg Kawamura aus. Wollte er bloß bis hierhin fahren? Das wäre ein Problem: Das Infrarot meines Gerätes hatte nur eine begrenzte Reichweite, und es wäre riskant, es zu bedienen und ihm gleichzeitig dicht auf den Fersen zu bleiben. Verdammt, bloß noch ein paar Sekunden, dachte ich und stellte mich innerlich darauf ein, ihm folgen zu müssen. Aber er wollte nur ein paar andere Fahrgäste aus dem Zug lassen und blieb draußen gleich neben der Tür stehen, bis der Strom der Aussteiger verebbt war. Dann stieg er wieder ein, und mit ihm etliche neue Passagiere, die auf dem Bahnsteig gewartet hatten. Die Türen schlossen sich, und die Fahrt ging weiter.
    Bei zwei Volt warnte mich der Bildschirm, dass ich mich den Mindestwerten nähere und es gefährlich sei, die Ausgangsleistung weiter zu verringern. Ich missachtete die Warnung, reduzierte die Spannung um ein weiteres halbes Volt und blickte gleichzeitig zu Kawamura hinüber. Er hatte seine Position nicht verändert.
    Als ich bei einem Volt angekommen war und noch weiter herunterwollte, blinkte der Bildschirm: «Befehl setzt Schrittmacher auf minimale Ausgangswerte. Soll dieser Befehl wirklich ausgeführt werden?» Ich gab «Ja» ein. Trotzdem wurde ich ein weiteres Mal gewarnt: «Schrittmacher wurde auf minimale Ausgangswerte programmiert. Bitte bestätigen.» Wieder gab ich «Ja» ein. Es gab eine Verzögerung von einer Sekunde, dann erschienen blinkende fette Buchstaben auf dem Bildschirm: Inakzeptable Ausgangswerte. Inakzeptable Ausgangswerte.
    Ich klappte den Deckel zu, ließ das Handheld aber eingeschaltet. Es würde automatisch auf Reset gehen. Es bestand immer die Möglichkeit, dass die Sequenz beim ersten Mal nicht funktioniert hatte, und ich wollte in der Lage sein, es falls nötig noch einmal zu probieren.
    Es war nicht nötig. Als der Zug in den Bahnhof Shinjuku einrollte und mit einem Ruck hielt, taumelte Kawamura gegen die Frau neben ihm. Die Türen gingen auf, und die anderen Fahrgäste strömten hinaus, doch Kawamura blieb, wo er war,
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