Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Töwerland brennt

Töwerland brennt

Titel: Töwerland brennt
Autoren: J Zweyer
Vom Netzwerk:
ihn Zeit, wieder zur Schule zu
gehen.
    Knut wurde, seinem Alter entsprechend, wieder in die zweite Klasse
eingeschult. Ihm wurde von der Lehrerin ein Platz in der letzten Reihe zugewiesen,
neben einem Jungen, den er aus dem Kinderheim kannte. Peter war zwei Köpfe
größer, fast zwei Jahre älter als er und zeigte ein ausgeprägtes Desinteresse
für alles, was mit Schule zusammenhing.
    Vielleicht war das der Grund, warum sich Knut zu dem Älteren
hingezogen fühlte, stellte sich doch nur wenige Tage nach dem Schulwechsel
heraus, dass er dem Unterricht nur mit Mühen folgen konnte. Besonders in den
Fächern Deutsch und Mathematik hatte Knut erhebliche Defizite, die er ohne die
Unterstützung seiner Mutter auch nicht ausgleichen konnte. Auch die Betreuer im
Heim waren ihm keine Hilfe. Zwar ließ ihn Peter bei den wenigen Hausaufgaben,
die sie erledigen mussten, bereitwillig abschreiben, da dieser aber auch nicht
gerade eine Leuchte war, half Knut das nur wenig.
    Erschwerend kam hinzu, dass Knut in der neuen Schule häufig Opfer
der Aggressionen seiner Mitschüler wurde.
    »Heimkinder, blöde Rinder«, skandierten sie im Chor und schubsten
ihn von einem zum anderen. Dabei teilten sie harte Knopfnüsse aus und schlugen
Knut in den Magen. Wenn er dann in Tränen ausbrach, ließen sie nicht etwa von
ihm ab, sondern verspotteten ihn umso mehr.
    Erst als Peter nach einigen Tagen dazwischenging und demjenigen, der
Knut am stärksten traktiert hatte, in der großen Pause auf dem Schulhof eine
kräftige Tracht Prügel verabreichte, wurde diesem, aber auch den restlichen Kindern
klar, dass Knut unter Peters Schutz stand. Und da Peter der Kräftigste in der
Klasse war, hatte Knut von nun an nichts mehr von den anderen Schülern zu
befürchten. Allerdings schloss die Klassengemeinschaft die Heimkinder nach
dieser Auseinandersetzung vollständig aus. Auch die Lehrkräfte behandelten sie
wie ein lästiges Übel und ignorierten ihre wenigen Wortmeldungen während des
Unterrichts geflissentlich.
    All das führte nur dazu, dass die beiden immer enger zusammenfanden
und auch im Heim bald unzertrennlich wurden. Knut hatte einen Kameraden
gefunden und klammerte sich wie eine Klette an ihn. Und Peter, stolz, dem neuen
Freund mit seiner körperlichen Überlegenheit zu imponieren, war von der
Anhänglichkeit des Jüngeren geschmeichelt und akzeptierte dessen Nähe.

7
    Ihr Gespräch blieb belanglos, bis Rainer sich unter einem
Vorwand verabschiedete. Der Anwalt war unsicher, ob der Inselpolizist ihm seine
Legende abgekauft hatte. Denn er war konsequent geblieben und hatte tatsächlich
kein Wort über seine Ermittlungen erzählt. Egal. Irgendwie würde er in diesem
Fall schon weiterkommen. Immerhin hatte der Polizist Esch verraten, dass Harms’
Schuppen im Loog gestanden hatte.
    Bei einem Fahrradverleiher in der Wilhelmstraße mietete der Anwalt
sich einen Drahtesel, um dorthin zu fahren. Er wollte sich etwas umsehen. Das
war zwar auch nicht gerade das, was er unter einem Plan verstand, aber besser
als nichts. Außerdem würde ihm die Bewegung guttun.
    Rainer hatte kaum die Billstraße erreicht, als ihm der Westwind
entgegenblies. Er trat heftiger in die Pedalen und verfluchte schon nach
wenigen Metern seine Entscheidung, lediglich ein Rad mit einem Dreiganggetriebe
gemietet zu haben.
    Schwer atmend erreichte Esch
schließlich sein Ziel. Er stellte das Fahrrad in der Nähe des Kindergartens ab
und ging die wenigen Schritte bis zum Rand der Dünen. Die Überreste des Schuppens
waren nicht zu übersehen. Nur eine Seitenwand war noch halbwegs intakt, das
Dach hingegen vollständig eingestürzt, verkohlte Bretter lagen kreuz und quer
ineinander verkeilt, wo sich einmal Harms’ Eigentum befunden hatte.
    Das Gelände war höchstens zweihundert Quadratmeter groß. In dem
Bereich, hinter dem die Dünen anstiegen, wucherte der Sanddorn, weiter vorne
wuchs spärliches Gras. Eingefriedet war das Gelände mit einem Drahtzaun, etwa ein Meter achtzig hoch. Das Metallgewebe war an
einigen Stellen eingedrückt und beschädigt. Kein Problem für einen
Brandstifter, auf das Grundstück zu gelangen.
    Reifenspuren im Sand führten zu einem breiten Tor. Der Anwalt
drückte auf die Klinke. Es wunderte ihn nicht, dass ein Torflügel mit einem
rostigen Ächzen aufschwang. Warum sollte Harms auch das Gelände sichern? Hier
lagerte nichts mehr, was auch nur den geringsten Wert besessen hätte.
    Er betrat das Grundstück, um den Schuppen genauer in Augenschein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher