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Töwerland brennt

Töwerland brennt

Titel: Töwerland brennt
Autoren: J Zweyer
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Augenbrauen. »Verstehe ich Sie richtig? Ihr
Auftraggeber vermutet Versicherungsbetrug?« Der Polizist schüttelte den Kopf
und gab sich selbst eine Antwort. »Völlig undenkbar. Zwei alte Schuppen. Einige
kaputte Liegen. Und dann der Abstellraum in Harms’ Hotel. Kaum Schaden. Da war
nichts mit einem warmen Abriss. Da wurde nichts von wirklichem Wert abgefackelt.«
    »Wahrscheinlich haben Sie recht«, erklärte
Rainer. »Aber meine Auftraggeber macht stutzig, dass die Brände so kurz
hintereinander erfolgt sind. Zufall kann das ja kaum sein, oder?«
    »Das nicht.« Altehuus stand auf. »Aber Versicherungsbetrug? Nee. Ich
hole mir jetzt einen Tee. Möchten Sie nicht auch einen?«
    Der Anwalt lehnte erneut ab und Altehuus verschwand im Nachbarraum.
Geschirr klapperte. Wenig später saßen sich die beiden Männer wieder gegenüber.
Der Polizist rührte geräuschvoll drei Stücke Kandis in seine Tasse. »Ich kenne
die Familie Harms seit Ewigkeiten. Denen geht es wirklich gut. Das Hotel läuft,
wie man so hört, prima. Nee, nee. Da können Sie gleich wieder Ihre Koffer
packen, Herr Anwalt. Da ist Ihre Versicherung auf dem Holzweg. Das können Sie
mir glauben.« Selbst wenn es anders gewesen wäre, würde er das dem Schnüffler
nicht auf die Nase binden. Der Polizist griff zur Tasse, nahm einen großen
Schluck Tee und schnalzte befriedigt mit der Zunge. »Es geht doch bei diesem
Schietwetter nichts über einen heißen Tee, meinen Sie nicht auch?«
    »Wenn es sich also nicht um Brandstiftung handelt …«
    »Das, Herr Esch, habe ich nicht gesagt. Nur hätte Harms nicht das geringste
Interesse daran, für die paar Euro, die er dafür von der Versicherung bekommt,
seine alten Hütten anzustecken.«
    »War es nun Brandstiftung oder nicht?«
    Altehuus stellte seine Tasse energisch ab. »Sicher war es das.«
    »Und? Haben Sie einen Verdacht?«
    »Mein lieber Herr Anwalt, diese Frage kann ich nicht beantworten.
Das wissen Sie doch ebenso gut wie ich.« Er beugte sich etwas nach vorn, sah
seinem Gast direkt ins Gesicht und senkte seine Stimme. »Aber weil wir uns
schon so lange kennen, kann ich Ihnen ganz im Vertrauen Folgendes
mitteilen …« Er machte eine Pause. »Ich denke, dass ich …«
    Rainer sah Altehuus erwartungsvoll an. »Ja?«
    »… nicht die geringste Ahnung habe.« Altehuus lachte dröhnend, als
er das enttäuschte Gesicht des Anwalts sah. »Nun gucken Sie doch nicht so. Sie
haben doch nicht im Ernst erwartet, dass ich vor Ihnen die Ergebnisse meiner
Ermittlungsarbeit ausbreite, oder?«
    »Eigentlich nicht. Aber das mit der Brandstiftung haben Sie ernst gemeint?«
    Altehuus nickte. »So wie ich es gesagt habe.«
    »Sie haben aber doch sicher nichts dagegen, wenn ich mich etwas umhöre?«
    »Umhören? Meinetwegen. Ermitteln? Kommt nicht infrage.«
    »Sie können sich darauf verlassen, Herr Altehuus. Es bleibt bei den
Erkundigungen.« Rainer versuchte, ein ehrliches Gesicht zu machen, denn der
Juister Polizist war ihm eigentlich sympathisch. Deshalb ging ihm diese Lüge
nicht gerade leicht über die Lippen.
    »Na hoffentlich.« Altehuus lehnte sich zurück. »Und wie geht es
Ihrer Freundin?«

6
    Sommer 1981
    Knut
    Knut war unmittelbar nach dem Unfall zunächst in ein
Krankenhaus, zwei Tage später aber, nachdem sich sein psychischer Zustand
stabilisiert hatte, auf Anweisung des Jugendamtes in ein Kinderheim gebracht
worden. Schnell hatte sich herausgestellt, dass sein leiblicher Vater nicht zu
ermitteln war und Knuts Großeltern, die einzigen näheren Verwandten des Kindes,
jede Verantwortung kategorisch ablehnten. So war der Kleine schließlich in dem
Heim vor den Toren Münsters gelandet.
    Die ersten zwei Tage in seinem neuen Zuhause verbrachte der Siebenjährige
überwiegend in der Obhut der Betreuer. Sie versuchten erfolglos, mit dem Jungen
über den Tod seiner Mutter zu sprechen. Von einsilbigen Antworten abgesehen,
schwieg Knut. Nach einiger Zeit gaben die Betreuer auf und ließen den Kleinen
mit seinem Schmerz allein. Da Knut ruhig blieb und sich offensichtlich in die
Gemeinschaft der anderen Kinder einfügte, hieß es bald, der Junge wäre nur ein
wenig verschlossen, was angesichts seines Verlustes auch nicht weiter
verwunderlich war. Das würde sich mit der Zeit geben, meinten die Betreuer und
behandelten Knut kurz darauf mehr oder weniger wie die anderen Heimkinder auch.
Zusätzliche psychologische Begleitung hielten die Verantwortlichen für unnötig.
So war es eine Woche nach dem Unfall auch für
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