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Töwerland brennt

Töwerland brennt

Titel: Töwerland brennt
Autoren: J Zweyer
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zu
nehmen. Beim Näherkommen entdeckte er unter den Trümmern die Überreste einiger Strandkörbe, die einen traurigen
Anblick boten. Ihn ihnen würde sich kein Urlauber mehr ausruhen können. Rainer
stocherte mit den Fußspitzen in der feuchten Asche herum und fragte sich nicht
zum ersten Mal, was er eigentlich an diesem trostlosen Ort finden wollte.
    »He, Sie!«, rief jemand vom Weg her. »Was haben Sie hier zu suchen?«
    Rainer drehte sich um. Am Tor stand ein vielleicht Siebzigjähriger
und stützte sich mit beiden Händen auf den Sattel seines Rades.
    »Das ist Privatbesitz«, erklärte der Alte, als Rainer auf ihn
zuging. »Ist eigentlich nicht zu übersehen.« Er zeigte auf das offen stehende
Tor.
    »Ich weiß.« Rainer nickte dem Mann zur Begrüßung zu. »Rainer Esch.
Rechtsanwalt.«
    »Das gibt Ihnen trotzdem nicht das Recht, fremde Grundstücke zu betreten.«
    »Ich komme von der Versicherung, die den Schaden reguliert. Herr
Harms weiß, dass ich mich ein wenig umsehen wollte.«
    Der Mann schien besänftigt. »Wenn Gerrit informiert ist, ist ja alles
in Ordnung. Aber was, in aller Welt,
wollen Sie denn finden? Außer verbranntem Holz, meine ich.«
    »Ich weiß es auch nicht so genau«, erwiderte
Esch wahrheitsgemäß.
    »Außerdem hat die Polizei schon alles untersucht und die Anwohner
befragt. Viel ist nicht dabei herausgekommen.«
    Rainers Interesse war geweckt. »Die Beamten haben also zumindest
einen Anhaltspunkt gefunden?«
    »Beamte?« Der Alte schüttelte den Kopf. »Nee. Nur der Enno. Der hat
mich befragt. Und ermitteln wäre zu viel gesagt. Ich habe Enno nur von dem Kerl
erzählt, den ich am selben Abend, kurz bevor der Schuppen in Flammen aufging,
gesehen habe.«
    »Wo? Hier auf dem Grundstück?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Nee, da hinten.« Er zeigte mit der
rechten Hand nach Süden. »Kurz vor der Hammersee-Straße. Er fiel mir auf.«
    »Warum? Dies hier ist der Weg zum Strand. Den benutzen doch sicher
häufiger Leute, oder?«
    »In der Saison. Aber an einem Februarabend? Noch dazu im Nebel? Um
die Zeit sind kaum Touristen auf Juist.«
    Das leuchtete dem Anwalt ein. »Und was genau haben Sie beobachtet?«
    »Ich fuhr mit dem Rad die Hammersee-Straße entlang. Und da habe ich
ihn gesehen. Kam langsam den Weg runter,
auf mich zu. Ich habe noch gegrüßt, aber der Kerl hat nicht geantwortet, sondern
sich umgedreht und ist schnell in Richtung Dünen gegangen.«
    »Das war alles?«
    »Das war alles«, kam die Bestätigung. »Um diese Zeit geht hier normalerweise
niemand spazieren. Schon gar nicht zum Strand. Und warum ist er nicht weiter
Richtung Hammersee-Straße gelaufen, als ich ihn angesprochen habe? Kam mir
sofort komisch vor.«
    »Wann war das?«
    »Sagte ich doch. An dem Abend, als es gebrannt hat.«
    »Ich meine die Uhrzeit.«
    »Ach so. Gegen neun.«
    »Und was hat die Polizei dazu gesagt?«
    »Nichts. Aufgeschrieben hat der Enno alles.«
    Diese Aussage schriftlich festzuhalten hielt Rainer für vergebliche Liebesmüh. »Konnten Sie den Mann erkennen?«
    »Sie meinen, ob ich weiß, wie er aussah?«
    »Ja.«
    »Nee. Kann ich nicht. Es war ja dunkel. Und dann der Nebel. Ich
konnte nur feststellen, dass es ein Mann war. Groß gewachsen, schlank. Und so
eine Prinz-Heinrich-Mütze auf dem Kopf. So eine, wie sie unser Altbundeskanzler
Helmut Schmidt getragen hat.«
    »Mehr haben Sie nicht gesehen?«
    Der Alte schüttelte den Kopf.
    Hier würde er nicht mehr erfahren, dachte Esch. Er drehte sich um,
schloss das Tor und verabschiedete sich.
    Ein Mann mit einer Prinz-Heinrich-Mütze als besonderes Merkmal.
Solche Mützen lagen vermutlich bei jedem dritten Juister im Schrank. Den Weg
hätte er sich schenken können. Zumindest würde er auf der Rückfahrt Rückenwind
haben.
    Als er den Schutz der Dünen verlassen und sein Fahrrad erreicht
hatte, musste er erkennen, dass er sich auch in diesem Punkt geirrt hatte. Der
Wind hatte gedreht.

8
    Die Ursache des Streits war wie üblich völlig banal. Heike
Harms hatte ihren Bruder gebeten, ihr die Auflistung der letzten Monatseinnahmen des Sanddornhotels auf den
Schreibtisch zu legen. Sie wollte diese in das Buchhaltungsprogramm am
Rechner übertragen, um den Monat abschließen zu können. Gerrit aber hatte es
versäumt, den Kassenbestand der vergangenen Tage nachzutragen, und die
Einnahmenliste war unvollständig. Als sie dies bemängelte, hatte er sie nur
barsch angeblafft, dass sie sich um ihren Kram kümmern solle. Ihre Erwiderung,
die
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