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Tödliches Orakel

Tödliches Orakel

Titel: Tödliches Orakel
Autoren: Tina Sabalat
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Staatsgewalt.«
    »Staatsgrenzen sind längst nicht mehr so trennend. Unsere neuen Nationalitäten heißen Euro und Dollar, wir alle singen ihre Hymne.«
    »Schief, wenn ich das anmerken dürfte. So schief, dass es weh tut.«
    Er lachte erneut.
    »Ich dachte, Sie sind so gut wie immun«, sagte ich. »Was macht Ihr Wahlkampf?«
    »Er läuft großartig. Ich werde Ihnen ein paar Buttons mit meinem Wahlspruch schicken. Für besonders gute Freunde haben wir welche mit Swarowski-Kristallen auf Gold. Bildhübsch. Die Damen lieben sie.«
    »Oleg, bleiben Sie bitte beim Thema. Warum würde Sie Ihre Immunität nicht gegen eine Bedrohung aus Weißrussland schützen?«
    »Weil sie keinen Pfifferling mehr wert ist, wenn es um solche Dimensionen geht. Wenn mein geliebtes Vaterland eine Entspannung der Wirtschaftsbeziehungen zu einem Nachbarland vor Augen hätte und einen Zehnjahresauftrag für die staatliche Energiewirtschaft, dann bin ich nur ein Bauernopfer.«
    Ich stöhnte. Wenn, aber, vielleicht ...
    »Oleg, das ist alles nichts Halbes und nichts Ganzes. Ich habe eine Todesliste im Haus, und ich habe Killer im Nacken. Ich möchte keine Leibwächter, und ich möchte auch Ihr kleines Königreich nicht in Gefahr bringen, wenn Sie mir glaubhaft versichern, dass Sie mich nicht in dieses Spiel gebracht haben.«
    »Ich schwöre es Ihnen. Beim Leben meiner Mutter. Und sie wissen, dass ich meine Mutter liebe.«
    Das stimmte: Die weißhaarige Dame lebte wie die Königsmutter inmitten von unzähligen Rassekatzen und trank den ganzen Tag englischen Tee aus edelstem Porzellan.
    »Ich glaube Ihnen«, sagte ich, und auch wenn ich enttäuscht war, meinte ich es ehrlich. »Dann bitte ich Sie nur um einen Rat. Was würden Sie an meiner Stelle tun?«
    »Bringen Sie sich auf die sichere Seite.«
    »Die gibt es nicht. Ich kann alle Seiten sehen, das wissen Sie. Hier gibt es keine.«
    »Es gibt immer eine.«
    Ich bezweifelte das, sagte aber nichts.
    »Ich habe in meinem Leben etwas gelernt, was Ihnen vielleicht nützen könnte«, ließ Oleg sich wieder vernehmen. »Man muss das Spiel nicht mitspielen, was andere mit einem veranstalten. Man muss die Regeln nicht akzeptieren, die andere aufgestellt haben. Und wenn jemand Spielchen mit Ihnen spielt, haben Sie dennoch das Recht, um alles zu tun, um dieses Spiel auch zu gewinnen.« Er trank noch einen Schluck, dann wurde das Glas weggestellt. »Schauen Sie: Sie fühlen sich, als wären Sie in eine Falle gegangen. Ich glaube Ihnen, dass Sie alle Möglichkeiten durchgespielt haben – aber sehr wahrscheinlich sind das nur die Möglichkeiten innerhalb der Spielregeln. Der fremden Spielregeln. Lösen Sie sich von diesen Regeln, akzeptieren Sie sie nicht, denken Sie anders. Und wenn ich sage, dass Sie sich auf die sichere Seite bringen sollen, dann heißt das nicht, dass diese Seite auf den ersten Blick die sichere ist. Die sichere Seite kann manchmal auch die sein, die zunächst am gefährlichsten erscheint. Stehen bleiben, wenn verlangt wird, dass Sie laufen. Nein sagen, wenn verlangt wird, dass Sie Ja sagen.« Oleg seufzte. »Ich weiß schon, dass Sie mich gleich wieder bremsen werden, weil ich mich in Allgemeinplätzen verliere, mein Fräulein, aber ich würde nur ungern deutlicher werden wollen. Aus nahe liegenden Gründen. Sie halten ja den Beweis dafür in Händen, dass man auch am Telefon niemals sicher sein kann. Grüßen Sie mir die liebe Frau Berger«, fügte er dann mit seiner warmen, dunklen Stimme hinzu, »und passen Sie gut auf sich auf. Denken Sie anders, dann werden Sie Erfolg haben. Ich bin mir sicher, dass wir uns bald wieder sehen.«
     
    ***
     
    »Ich mag nicht mehr«, verkündete Sam, nachdem wir eine Viertelstunde schweigend verbracht hatten, und er klang wie ein trotziges Kind, das vom Spielplatz wieder nach Hause möchte.
    »Ich mag nicht mehr, und ich will das jetzt beenden. Dein Oleg hat recht, wir müssen es nach unseren Regeln zu Ende bringen, und nicht nach deren.«
    »Wie?«, fragte ich ihn, er nickte zu seinem Handy, das auf dem Tisch lag.
    »Wir fahren zu dieser Wohnung. Dort schreibe ich eine SMS an Tobias, dass ich die CD habe und sie übergeben werde. Nicht morgen, sondern heute. Jetzt sofort. Dann warten wir auf diese Typen.«
    »Ich sagte schon, dass ich nicht mitkommen werde. In die Wohnung«, erinnerte ich Sam, er lächelte spitzfindig.
    »Richtig. Aber wir werden dieses Mal nicht zu zweit sein, sondern zu dritt. Und wir werden diejenigen sein, die dort im Dunklen
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