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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang
Autoren: Paul Grote
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sein Hund direkt neben der Haustür, um möglichst sofort ins Warme zurückzukehren. Ein Auto könnte er bereits auf hundert Meter hören – aber da war nichts – nur … nur Schritte, irgendwo hinter ihm? Vor ihm? Rechts oder …?
    Unwillig sah er sich um. War ihm jemand gefolgt, um ihn hier draußen doch noch umzustimmen oder ihm zu erklären, dass er in Wirklichkeit seine Meinung teilte, es nur nicht hatte laut sagen wollen?
    Er blieb stehen und lauschte. Nein – da war niemand. Das Plätschern des Wassers, das Gurgeln irgendeines Strudels hatte ihn verwirrt, und er ging weiter bis zum Geländer vor dem Schwimmanleger, hielt sich am nassen Handlauf fest und starrte ins Nichts. Die sich in weißlichen Schatten auflösende Welt wurde ihm unheimlich, er meinte, einen tiefen Atemzug zu hören, näher kommend, jetzt hinter sich –da packte ihn jemand an den Oberschenkeln, hob ihn in die Luft, er strampelte mit den Beinen, um sich zu befreien, ruderte panisch mit den Armen, verlor das Gleichgewicht, kippte vornüber und sah das Wasser auf sich zukommen …

1
    »Mir bleibt nichts anderes übrig, als runterzufahren. Die Sache ist heikel, ich kann sie keinem anderen überlassen.«
    »Aber Ihre Frau ist doch da«, sagte Georg Hellberger kleinlaut und merkte selbst, wie hilflos sein Einwand klang. Er wollte nicht, dass sein Gastgeber abreiste, jetzt, wo er ihn brauchte. »Und wie Sie gestern meinten, spricht sie viel besser Italienisch als Sie!«
    »Das ist allerdings wahr. Nur – als Frau wird sie von den Behördenhengsten kaum ernst genommen, ich habe das erlebt, und da sie als Eigentümerin des Weinguts fungiert, nimmt man an, dass sie in den Betrug verwickelt ist, ja vielleicht sogar alles gesteuert hat und die Mitarbeiter nur vorgeschoben sind. Die italienische Polizei glaubt, dass sie mit ihr ein leichtes Spiel hat. Wenn wir beide zusammenarbeiten, meine Frau und ich, fällt es uns leichter herauszufinden, auf welche Mitarbeiter wir uns noch verlassen können. Sie hat ein untrügliches Gespür. Und in puncto Zahlen und Geschäftsabläufe ist sie mir sowieso voraus. Vom Keller und Weinberg dagegen verstehe ich mehr …«
    »Schade, ich dachte, ich würde Ihre Frau auch kennenlernen, Sie haben sehr nett von ihr …«
    Stefan Sauter unterbrach seinen Gast, vielleicht weil er die Absicht dahinter bemerkte: »Dazu ist immer noch Zeit. Bestimmt sind wir in zwei Wochen wieder hier, ich werde sie Ihnen nicht vorenthalten. Besonders nach den jüngsten Vorfällenwill sie den Mann unbedingt kennenlernen, der während unserer Abwesenheit für Sicherheit sorgt.« Sauter lächelte verbindlich, aber er schien bereits im Aufbruch. »Ich verstehe Sie, ich kann mir Ihre Lage gut vorstellen. Ich bin sicher, Sie finden sich auch ohne mich zurecht. Wer weiß, vielleicht werden Sie ja unser neuer Geschäftsführer?« Sein Lächeln wurde verständnisvoll. »Aber jemanden wie Sie kann ich sicher nicht bezahlen.«
    Georg Hellberger bezweifelte, dass Sauter sich in seine Lage hineinzudenken vermochte, geschweige denn hineinzuversetzen. Wie auch? Er verstand sie ja selbst kaum.
    »Möglicherweise«, fuhr der Winzer fort, »stecken alle mit drin; die Mitarbeiter könnten unseren Betrieb dazu benutzt haben, dieses Betrugssystem einzurichten, Weine aus der Maremma mit meinem Etikett in den Markt einzuschleusen, die in Wirklichkeit aus Süditalien stammen.«
    »Ich könnte Sie bei den Ermittlungen unterstützen, wir hatten ähnliche Fälle, die es zu verhindern galt. Sicherheit ist ein weites Feld.«
    »Lassen Sie mal. Kommen Sie nach all dem, was Sie in letzter Zeit um die Ohren gehabt haben, erst einmal zur Ruhe, außerdem sprechen Sie weder Italienisch, noch kennen Sie sich mit den Tricks dort aus. Vom Wein verstehen Sie rein gar nichts, noch nicht, will ich mal sagen, die Behörden würden Sie nicht ernst nehmen. Nein, hier sind Sie mir eine größere Hilfe. Ruhen Sie sich aus, Herr Hellberger. So, wie Sie mir Ihre augenblickliche Situation geschildert haben, brauchen Sie Abstand von allem und Ruhe, Zeit zum Nachdenken. Beides haben Sie hier. Wenn Sie wollen, dringt nichts von der Außenwelt in unser schönes Moseltal, alles Böse streicht glatt darüber hinweg. Fallwinde sind selten, und vom Oberlauf sind auch keine Katastrophen zu erwarten, weder Hochwasser aus den Vogesen noch der Einfall französischer Truppen wie unter Ludwig XIV. oder Bonaparte, die unser Land verwüsten. Heute sind wir Frankreichs beste Freunde.«
    Sauter
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