Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang
Autoren: Paul Grote
Vom Netzwerk:
schrie Mord und Brand. Er sei schuld, er zerstöre alles, er habe die Familie auf dem Gewissen, genau wie das Leben seiner Tochter. Sie werde ihn vor Gericht bringen und ins Gefängnis. Es war kaum möglich, mit einer konkreten Frage durchzudringen, von ihr zu erfahren, was unternommen worden sei, um Rose zu finden, wen man benachrichtigt habe, wer bei der Suche helfe und an wen bei der Polizei sie sich gewendet habe. Er ließ sie toben und wartete, so schwer es ihm fiel, bis ihr die Luft ausging. Von Kathrin sagte er nichts. Aber das würde nicht so bleiben können, wenn Rose nicht auftauchte.
    Schließlich erfuhr er, dass Rose zwar ihr Mobiltelefon mitgenommen habe, es aber nicht eingeschaltet sei, und Miriam rückte erst nach langem Drängen damit heraus, dass sich Beamte der Polizeiinspektion Süd des Falles angenommen und Streifenwagen in Marsch gesetzt hatten.
    In dem Moment klopfte es an seine Wohnungstür. Mitdem Telefon am Ohr und Panik in den Augen öffnete Georg. Stefan Sauter sah sofort, dass etwas nicht stimmte.
    Er teilte Miriam noch mit, dass er, falls Rose am Nachmittag nicht wieder auftauchte, am Abend in Hannover sei. Ohne sich zu verabschieden, drückte er die rote Taste.
    »Meine Tochter ist verschwunden, die jüngste.«
    »Komm rüber«, sagte Sauter knapp, »wir besprechen das mit allen zusammen, dann fahren wir eben später raus.«
    Georg war ihm dankbar und bat ihn vorzugehen, er müsse noch mit der Polizei reden. Als Sauter verschwunden war, rief er Edgar Bach an und erreichte ihn zu seiner großen Erleichterung.
    Sein persönlicher V-Mann beruhigte ihn und klärte ihn über alle nötigen Schritte auf, es gebe Spezialisten für derartige Fälle, und er erläuterte, wann und wie sie eingreifen würden. Besonders in Trennungssituationen neigten Kinder oft zu unerwarteten Schritten.
    »Sie ziehen sich zurück, verkriechen sich an geliebten Plätzen oder finden Unterschlupf bei Verwandten.«
    Bach empfahl, eine Liste möglicher Kontakte zusammenzustellen und sie ihm zu faxen. »Ich gebe sie dann weiter. Ganz ruhig, wir können nur warten.«
    Warten und Ruhe bewahren – so argumentierte auch die Lesemannschaft. Auch wenn er als Hottenträger ausfalle, solle er schleunigst nach Hannover fahren, so der allgemeine Rat.
    Er ging hinüber zu Susanne und fand sie im Keller, sie war gerade dabei, einen im Maischestadium befindlichen Wein zu schwefeln.
    »Wir tun das, um Enzyme zu hemmen, die Sauerstoff …«, doch schon nach diesen Worten spürte sie Georgs nur geheucheltes Interesse.
    Seine Panik brach durch.
    Nein, beruhigte sie ihn, es sei sicher nichts Schlimmes passiert, Rose werde wieder auftauchen, betonte sie. »Ichweiß es«, wiederholte sie ernsthaft, ihre Söhne reagierten manchmal auch für sie völlig unverständlich. Und sie kämpfte doch mit den Tränen, weil sie ihn nicht nach Hannover begleiten könne, wie sie sagte. Die Situation im Betrieb und die Lese ließen das nicht zu. Er hatte sich davor gefürchtet, ihr von Roses Verschwinden zu berichten, weil auch sie ihm die Schuld daran geben konnte. Doch sie zeigte Verständnis und glaubte, dass Roses Freundin Kathrin recht und sie sich zurückgezogen habe. »Wenn Kinder verletzt sind, verkriechen sie sich und sind lieber allein.«
    Rational war das alles einleuchtend und in einer anderen Situation zu akzeptieren. Georg hatte mit beiden Mädchen darüber gesprochen, über wahnsinnige, geisteskranke Männer, die sich an Kindern vergriffen. Wenn sie freiwillig mit niemandem mitgingen, dann musste jemand Gewalt angewendet haben … da blieb nur noch Baxter übrig … Baxter! Wieder griff er auf Georgs Gehirn zu, er griff hinein, als hätte er freien Zugang. Georg sah den »President«, wie er sich gern nannte, vor sich, hörte seine schneidende Befehlsstimme. Sollte sich herausstellen, dass eine Forderung gestellt würde, das Kind gegen sein Strategiepapier, würde er Baxter vierteilen, er würde ihn eigenhändig auseinanderreißen!
    Die Absurdität seiner Vorstellungen brachte ihn zur Besinnung. Der Gedanke, dass Miriam die Gelegenheit nutzen würde, sich der Boulevardpresse gegenüber als treusorgende Mutter aufzuspielen und ihn als das lieblose Scheusal anzuprangern, bewirkte das Gleiche. Georg ging wieder zu Sauter hinüber. Er konnte den Zwiespalt nicht mit ansehen, in den er Susanne stürzte, es war nicht auszuhalten, wie sie sich wand, zwischen dem Interesse an ihm, beziehungsweise an Rose, und dem an der Lese, die gerade jetzt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher