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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte
Autoren: Val McDermid
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lebt.«
    »Gott sei Dank«, seufzte er.
    Nach dem Gespräch war Carol von freudestrahlenden Mitarbeitern umringt, die sich selbst und einander gratulierten. Der Jubel war so groß, dass niemand, nicht einmal Carol, bemerkte, dass ein Gesicht fehlte. Sie machten einen solchen Lärm, dass sie fast ihr Telefon nicht klingeln hörte. Damit sie besser verstehen konnte, ging sie in den Raum zurück, wo Paula gerade auf eine Trage gelegt wurde.
    Die Stimme am anderen Ende kannte sie nicht. »Ist dort DCI Jordan?«
    »Ja, am Apparat. Wer spricht dort?«
    »Hier ist Inspector Macgregor. Ich bin hier oben in Achmelvich«, sagte er mit schroffer, ernster Stimme.
    »Haben Sie Nick Sanders gefunden?« Carol wagte kaum zu hoffen. Aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass jemand von Macgregors Rang zu nachtschlafender Zeit in diesem winzigen Ort sein sollte, außer wenn eine wichtige Festnahme vorgenommen worden war. Es war ja fast zu gut, um wahr zu sein. Sie hatten Paula gefunden, sie hatten Jan Shields in Gewahrsam, und jetzt war der Mann gefasst worden, der Tim Golding und Guy Lefevre missbraucht und ermordet hatte.
    Es folgte eine Pause. Dann sprach Macgregor, klang aber sehr zurückhaltend. »Ja. Wir haben Sanders in Gewahrsam.«
    »Gibt es ein Problem?«, fragte sie und trat dabei zur Seite, damit die Sanitäter mit ihrer Last Platz hatten. Sie streckte die Hand aus und fuhr Paula über den Arm, als sie vorbeikamen.
    »DCI Jordan«, sagte er, »gehört ein Inspector Merrick zu Ihrem Team?«
    Eine schreckliche Ahnung stieg in Carol auf. »Was ist passiert?«, fragte sie.
    »Hören Sie, es tut mir sehr leid. Es ist nicht leicht, das zu sagen. Inspector Merrick ist tot, Ma’am.«
    Carols Beine gaben unter ihr nach, sie glitt an der Wand hinunter und saß zusammengesunken da. Es war zu viel, auch das nach all dem anderen, was in den letzten paar Stunden geschehen war, noch zu ertragen.
    »Nein«, flüsterte sie. »Das kann doch nicht stimmen. Er sollte eigentlich hier sein. Er sollte schlafen. In einem Motel. Es kann nicht stimmen.«
    »Ich glaube, es kann kein Zweifel bestehen, Ma’am. Er sieht genau aus wie das Bild auf dem Ausweis, den er bei sich trug. Er scheint die Stelle hier überwacht und auf Sanders gewartet zu haben. Sie hatten eine Auseinandersetzung, und er bekam einen starken Schlag auf den Kopf. Wir dürften morgen früh mehr darüber wissen. Es tut mir wirklich sehr, sehr leid, Ma’am.«
    Carol legte auf und ließ das Telefon in ihre Tasche fallen. Sie vergrub das Gesicht in den Händen. Dann zwang sie sich aufzustehen. Für die Trauer würde später noch Zeit sein. Jetzt trug sie die Verantwortung.
    Langsam ging sie zur Tür und setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen wie eine Betrunkene. Sie holte lange und zitternd Atem und sprach so klar und laut sie konnte. »Ich habe eine schlechte Nachricht«, begann sie.

    Tony stand noch immer vor dem Spiegel im Beobachtungsraum. Er wusste, dass er hocherfreut über Paulas Befreiung sein sollte, aber er hatte nur das Gefühl einer bitteren Niederlage. Zu guter Letzt hatte er einen ebenbürtigen Gegner gefunden: eine Kriminelle, die anscheinend mühelos seinen bohrenden Fragen standhalten konnte. Die Techniken, die sie entwickelt hatte, um die Psyche anderer zu beherrschen, hatten ihr die Fähigkeit verliehen, auch ihre eigenen Reaktionen weitgehend zu kontrollieren. Vielleicht konnte er nach einer gewissen Zeit ihren Widerstand überwinden. Aber er hatte den Verdacht, dass ihm in ihrem Fall nicht viel Zeit vergönnt sein würde. Wenn es in dieser Sache je zu einer Verhandlung kam, würde sie charmant und glaubhaft sein, und man würde sie wahrscheinlich für nicht schuldig erklären. Wenn sie verlor, konnte sie sehr wohl in eine geschlossene Anstalt kommen, aber er würde dafür sorgen, dass es eine war, die von seinem Arbeitsplatz sehr weit entfernt sein würde.
    Dass Paula überlebt hatte, war natürlich ein großer Trost. Was die menschliche Seite anging, hätte es gar nicht besser ausgehen können. Aber das wog nicht seine Niedergeschlagenheit auf, die er beim Anblick von Jan Shields’ Selbstzufriedenheit empfand.
    Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, als er hörte, dass jemand anklopfte. Er ging zur Tür und machte auf. Ein uniformierter Polizist stand unsicher auf der Schwelle. »Leider muss ich Sie stören, Dr. Hill. Aber das ist gerade für Sie gekommen.« Er hielt Tony ein kleines braunes Kuvert hin. »Einer der Pfleger von Bradfield
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