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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte
Autoren: Val McDermid
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verfahren.« Wenn sie überhaupt noch eine Wahl hatten.

    Die Polizeistation, zu der Stacey vor ein paar Stunden zurückgekehrt war, hatte wenig mit dem Revier gemein, das sie zuvor verlassen hatte. Nichts verbreitet sich schneller als eine schlechte Nachricht in einer Organisation, in der Information einen solchen Stellenwert hat wie bei der Polizei. Seit Tagen hatte Paula McIntyres Entführung dazu geführt, dass die Gespräche und die Stimmung von einer Mischung aus Empörung, später Einsicht und Kritik bestimmt wurden. Jeder hatte irgendeine Meinung dazu. Aber die Nachricht von Jan Shields’ mutmaßlichem Verrat breitete sich wie eine Schockwelle bei der Polizei von Bradfield aus, ebenso wie im Augenblick nach einer Explosion, wenn der Sog die Luft und jedes Geräusch aus dem Zentrum herausgezogen hat. Auf den Korridoren war es ruhig, die Bewegungen waren verhalten und die Gesichter zornig und verwirrt. Als Stacey ins Einsatzzentrum kam, hatte sie die feindlichen Blicke gespürt, als sei sie durch ihre Anwesenheit bei diesem Vorfall für den brutalen Schlag gegen die Selbstachtung der Polizei verantwortlich. Schon jetzt wusste sie, dass die Leute die Geschichte neu schreiben würden, weil einige nach Möglichkeiten suchen würden, Shields freizusprechen. Andere, die ihr bisher als Kollegen nahe standen, würden sich von ihr absetzen, und wieder andere würden behaupten, sie hätten ja schon immer gewusst, dass sie irgendwie verdächtig sei. Der Schaden würde schlimm und schmerzlich sein.
    Als Stacey wieder an ihrem eigenen Schreibtisch war, schluckte sie erst einmal zwei Paracetamol ohne Flüssigkeit, dann nahm ihr Gesicht einen konzentrierten Ausdruck an. Sie brauchte nicht lange, um herauszufinden, dass es nicht leicht sein würde, nur anhand eines Bildes auf dem Monitor die Stelle ausfindig zu machen, wo die Webcam war. Es zog ihr den Magen zusammen, ihre Kollegin so ausgestreckt und gefesselt liegen zu sehen, und sie gelobte Paula, dafür zu sorgen, dass die Bilder für immer von jedem Computer verschwinden würden, den sie je besudelt hatten, sobald sie erst mal gerettet war. Es kam gar nicht in Frage, dass die Drecksäcke das Material in die Hände bekamen. Paula sollte nicht als Unterhaltungsobjekt für die fiesen Kerle von der Sitte oder für sonst irgendjemanden herhalten.
    Einer der Kollegen vom HOLMES-Computerteam hatte die Aufgabe übernommen, alle leicht zugänglichen Dateien auf der Festplatte des Laptops zu durchkämmen. Bis jetzt hatte er nichts gefunden außer einer deprimierenden Zahl von Hardcoreporno-Bildern.
    Aber für Stacey war nicht so sehr das interessant, was sichtbar war. Sie wusste, dass eine so systematisch vorgehende Kriminelle wie Jan Shields bestimmt keine wichtigen Informationen als Beweise hinterlassen hätte. Bestimmt hätte sie alles gelöscht, was sie irgendwie belastete, und da sie an den Ermittlungen zur Kinderpornografie beteiligt gewesen war, beherrschte sie wahrscheinlich alle grundlegenden Fähigkeiten, um ihre Festplatte regelmäßig zu reinigen.
    Trotzdem hieß das nicht, dass es nichts zu finden gab, und Stacey war entschlossen, es aufzuspüren. Nach einer Stunde intensiver Suche hatte sie nur drei Dateifragmente herausgefiltert, die nirgendwo hingehörten. Auf den ersten Blick sahen sie nach sinnlosen Wortfragmenten aus. Aber Stacey standen noch mehr Hilfsmittel zur Verfügung, und es dauerte nicht lange, bis die durcheinander gewürfelten Symbole sich zu Bruchstücken von Worten und Ausdrücken zusammenfügten.
    Das erste Bruchstück brachte nichts Interessantes. Es sah wie die Überreste eines E-Mail-Anhangs aus, offenbar einer der Tausende von Witzen, die auf dem Globus herumschwirren.
    Das zweite Bruchstück elektrisierte sie wie ein Schuss Wodka. »… Miete im Vorra … …tion in bar … Einzim … im !% …tron Lane, Temp … …rl Macke …« Während sich der Drucker in Bewegung setzte, rannte sie den Flur entlang zum Einsatzzentrum, wo eine detaillierte Karte von Temple Fields an der Wand hing. Sie fuhr die Straßennamen mit dem Finger nach. Da war es. Citron Lane. Die Gasse hinter der Straße, wo Paula verschwunden war.
    Aufgeregt eilte sie zu ihrem Schreibtisch zurück. Die Symbole ! und % waren die Umschalt-Version von 1 und 5. Sie hatte es gefunden.

    Carol legte den Kopf aufs Steuerrad und spürte, wie sich der Schmerz ihrer verkrampften Muskeln über die Schultern ausbreitete. Sie begriff Jan Shields nicht. Gegen wie viele Beweise
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