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Merlins Drache II - Die Große Aufgabe: Roman

Merlins Drache II - Die Große Aufgabe: Roman

Titel: Merlins Drache II - Die Große Aufgabe: Roman
Autoren: Thomas A. Barron , Irmela Brender
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1
Nicht mehr so klein
    Nachdem ich sehr klein gewesen bin, kann ich wahrheitsgemäß sagen, dass Größe gar nichts ausmacht.
    Außer ausnahmsweise.

    D as zornige Gebrüll brach los – so heftig, dass es ein Gehölz von Eisenbäumen umstürzte, einen lebhaften Fluss leerte und einen ganzen Wasserfall zur Seite schleuderte. Ungestüme Stürme peitschten die Berggipfel hoch über dem See Lavadon, sie zerstörten Felstürme, die über die Klippen rund um den See polterten und mit lautem Platschen aufs Wasser schlugen. Doch dieses Platschen konnte man nicht hören. Das Gebrüll füllte die ganze Luft und übertönte jedes andere Geräusch.
    Als es endlich verklang, blieben andere Töne zurück. Höher und dünner klangen sie, gemeinsam aber ebenso beherrschend – ein wilder Chor von Schreien.
    Schreie von Kindern im Todeskampf.
    Auf den nackten Klippen kauerte eine Gruppe junger Zwerge. Sie hatten die in Feuerwurzel typischenroten Locken, die ihre Köpfe wie duftige Wolken umgaben. Ihre Gesichter, sonst listig und verspielt, drückten jetzt etwas anderes aus. Entsetzen.
    Keine erwachsenen Zwerge umgaben und beschützten sie. Alle, die das versucht hatten, die Mütter mit scharfen Augen und kräftigen Händen, die Väter mit muskulösen Armen und dichten Bärten, lagen jetzt im Dreck, ihre leblosen Körper waren zerschlagen oder zerschnitten oder verbrannt. Nicht weit entfernt starrte das Ungeheuer, das dies alles getan hatte, wütend auf die Kinder: der wildeste Drache von Feuerwurzel.
    »Sagt es mir!«, befahl er, kratzte mit seinen mörderischen Krallen über die Erde und zerschnitt dabei Steinklötze so leicht wie ein Messer eine Melone.
    Lo Valdearg war der Name, den er für sich gewählt hatte in der Hoffnung, sich mit Valdearg in Verbindung zu bringen, dem gefährlichen Drachen alter Sagen, der Merlins Insel Fincayra terrorisiert hatte. Auch wenn Lo erst seit Kurzem in Feuerwurzel wütete, ließ schon der donnernde Klang dieses Drachennamens und sein Gebrüll die Leute vor Angst zittern. Genauso erschreckend wirkte seine unvorstellbar riesige Gestalt mit den purpurroten Schuppen, die Kopf, Hals, Brust, Schwanz und Flügel beschützten.
    »Sagt es mir!«, wiederholte er und hob dabei seinen enormen Kopf hoch über die kauernden Zwerge. Für sie ragte sein mächtiges Gesicht so groß auf wie ein Berghang. Doch dieser Hang hatte wilde rote Augen und einen klaffenden Mund mit Reihen von Zähnen,scharf wie Bergspitzen. Ganz zu schweigen von dem Feuer, das er ausatmen und damit jeden Stein schmelzen konnte.
    Dampfend heißer Atem blies aus seinen höhlenartigen Nasenlöchern auf die Kinder herab, sodass sie noch lauter schrien und bis an den Rand der Klippe zurückwichen. Da standen sie nun, manche hielten einander an den Händen, andere bedeckten ihre Augen, während die Jüngsten auf dem Boden saßen und heulten. Inzwischen peitschte Lo Valdeargs zerrupfter schwarzer Bart an seiner Kinnspitze durch die Luft, während er den massigen Kopf schüttelte. Aus dem Bart fielen frische Blutstropfen und ein paar Reste seiner letzten Opfer – hier ein abgerissener Arm, dort ein leerer Stiefel.
    »Sagt es mir!«, verlangte er erneut mit einer Stimme, die zum Gebrüll anstieg.
    »Nie!«, schrie ein älteres Mädchen, das immer noch die angekohlte Axt ihres Vaters umklammerte. Sie hob die schwere Axt, so hoch sie konnte, bis ihre Arme sie nicht länger halten konnten. Als die zweischneidige Klinge auf den Boden schlug, rief sie wütend: »Nie werden wir dir sagen, wo man die leuchtenden Edelsteine findet.«
    »Unsere Leute haben sie entdeckt«, schrie ein Junge neben ihr.
    »Sie gehören Zwergen«, rief ein anderer. »Nicht Drachen!«
    Lo Valdeargs Augen glühten wie geschmolzeneLava. Ein gefährliches Rumpeln sammelte sich in seiner Brust, während seine Augen in Flammen aufzulodern schienen. »Bald werden sie mir gehören, ihr sturen kleinen Insekten.«
    Der purpurrote Drache holte tief Atem und bereitete sich darauf vor, seine Beute zu Asche zu blasen.
    Die Schreie wurden lauter, sie durchbohrten die Luft. Viele Kinder wichen zurück, sodass sie fast über den Klippenrand stürzten. Nur wenige, unter ihnen auch das Mädchen mit der Axt, standen bewegungslos vor ihrem Feind.
    Der Drache brüllte. Aus seinem Maul stürzte eine Lawine von Flammen, so brennend heiß, dass selbst die Luft zu fliehen schien; in einem hoch erhitzten Wind brauste sie davon. Das alles, Feuer, Rauch und Wind, schoss auf die jungen Zwerge zu und
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