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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte
Autoren: Val McDermid
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sich einen Bart hatte wachsen lassen. Dann wollte er die Fähre nach Larne hinüber nehmen, nach Eire hinunterfahren und verschwinden. All das war schief gegangen wegen dieses Bullen, der glaubte, sich unbedingt einmischen zu müssen. Jetzt musste er sich in irgendeiner Schutzhütte in den Bergen an der Schneegrenze verkriechen und durfte sich nicht in bewohntes Gebiet vorwagen. Ein Kindermörder würde innerhalb einer Woche von den Titelseiten verschwunden sein, schätzte Sanders, aber einer, der einen Polizisten umgebracht hatte, würde Staatsfeind Nummer eins bleiben, bis er erwischt wurde. Aber Sanders hatte nicht vor, dies geschehen zu lassen.
    Er packte alles wieder in seinen Rucksack, schmierte das Blut von der Taschenlampe auf Don Merricks Pullover und machte sich dann über einen Felsvorsprung zu der Stelle auf, wo er das Auto hatte stehen lassen. Es war kurz vor dem Ende der geteerten Straße, die in den Weiler Achmelvich hineinführte. Es stand versteckt zwischen dem letzten Haus und der felsigen Landzunge. Durch die niedrig hängenden Wolken gab es nur wenig Licht, und Sanders musste seine Taschenlampe zu Hilfe nehmen, damit er sich auf den zerklüfteten Felsen, die zwischen ihm und der Sicherheit lagen, kein Bein brach.
    Schließlich kam er auf einem schmalen Pfad zwischen den Geröllblöcken heraus, sein Atem schwebte wie weißer Dunst in der kalten Luft, und sein Rücken war mit einer dünnen Schweißschicht bedeckt. Schwerfällig fing er an zu laufen. Er war nur noch ein paar Meter von seinem Wagen entfernt, als zwei Scheinwerfer aufleuchteten, ihn mit dem grellen Licht blendeten, so dass seine große Gestalt sich klar vor dem gebirgigen Horizont abzeichnete.
    Eine laute Stimme mit Highlands-Akzent rief ihn aus kurzer Entfernung an. »Polizei. Wir möchten Sie sprechen, Sir.«
    Sanders hielt nicht einmal inne, sondern rannte sofort den Pfad zurück in Richtung Meer. Er hörte schwere Schritte hinter sich, bekam Panik, wich vom Pfad ab und fing an, auf die Felsen zu klettern. Er war kaum zwölf Meter weit gekommen, als die grellen Lichtkegel von zwei Taschenlampen die Felswände um ihn herum absuchten und ihn nach ein paar Sekunden im Visier hatten. Er lief unverzagt weiter, aber seine Verfolger hatten den Vorteil, dass sie nicht müde waren und den Weg vor sich sehen konnten.
    Innerhalb von ein paar Minuten war es vorbei. Zwei stämmige Polizisten zerrten Sanders hoch, legten ihm Handschellen an und brachten ihn halb schleifend und halb tragend zu ihrem Wagen. »Was soll das bedeuten?«, schimpfte Sanders.
    »Erklären Sie es uns bitte, Sir. Unschuldige laufen normalerweise nicht vor der Polizei weg«, sagte der ältere Polizist.
    »Ich habe Angst bekommen«, sagte er. »Ich konnte nicht sehen, ob Sie wirklich von der Polizei sind. Sie hätten mich ja ausrauben können, das wusste ich doch nicht.«
    »Ja, alles klar.« Am Wagen angekommen schubsten sie ihn auf den Rücksitz und schalteten das Licht im Wageninneren an.
    »’ne mächtige Beule haben Sie sich da geholt«, bemerkte der Polizist. »Das ist aber keine brauchbare Tarnung, Mr. Sanders. Wir hatten Sie ja schon erwartet. Allerdings dachten wir, Sie würden sich auf Hermit’s Castle zubewegen, nicht aber in die entgegengesetzte Richtung davonlaufen.«
    Sanders sagte nichts, hauptsächlich deshalb, weil ihm nichts einfiel. Eine einzelne Träne rann aus seinem Augenwinkel und lief langsam über die Wange herunter.
    Der ältere der beiden Beamten sagte: »Also gut. Constable Mackie wird hier bleiben, während ich mal kurz aufs Meer runterschaue. Ich werde nicht lange weg sein.«

    Das Krankenhaus hatte Tony in der irrigen Annahme entlassen, dass er direkt nach Hause und zu Bett gehen würde. Stattdessen bat er den Taxifahrer, ihn auf die Polizeistation zu bringen. Er war müde und hatte Schmerzen, musste aber trotzdem noch einige Arbeit erledigen. Er wusste, das Einzige, was er konkret tun konnte, um Paula zu helfen, war Carol zu beraten, wie sie vielleicht Jan Shields’ Abwehrmechanismen mit ihrer Vernehmungstaktik durchbrechen konnte. Nach Hause zu gehen kam also nicht in Frage.
    Als er ankam, fand er Carol ins Gespräch mit John Brandon vertieft. Jan Shields lehnte jeglichen Rechtsbeistand ab. Sie weigerte sich ebenfalls, in einer offiziellen Vernehmung irgendetwas zu sagen. Brandon schien überraschend erfreut, Tony zu sehen. »Wie geht es Ihnen?«, fragte er mit besorgtem und zugleich wohlwollendem Gesichtsausdruck.
    »Sir«, sagte Carol
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