Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
die Gedanken in ihrem Kopf jagten einander. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal eine so schwierige Situation am Ende einer Verbrecherjagd gehabt hatte. Es hätte ihr Angst einjagen sollen, aber stattdessen erfüllte es sie mit Energie und Leben. Zweifellos war sie endlich wieder sie selbst. »Oh, und Stacey, wenn Sie auf dem Revier sind, rufen Sie bitte Don Merrick auf seinem Handy an und sagen Sie ihm, dass ich ihn hier brauche. Ich fahre in die Klinik, damit Tony seine Aussage zu Protokoll geben kann. Don soll hier die Hausdurchsuchung übernehmen.«
    Fünfzehn Minuten später wandte sie sich an eine gemischte Gruppe von Kriminaltechnikern und Ermittlern. »Wir müssen herausfinden, wo Paula ist. Es muss etwas geben – einen Mietvertrag, eine Rechnung von den Stadtwerken, irgendwas. Sie müssen schnell sein, aber auch keinen Spielraum lassen, das Ergebnis muss hieb- und stichfest sein. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie wichtig diese Durchsuchung ist. Tun Sie, was nötig ist. Nehmen Sie den Teppichboden hoch, schneiden Sie die Kissen auf, wenn es erforderlich ist. Es ist mir egal, wenn Sie die Wohnung wie einen Kriegsschauplatz hinterlassen, aber finden Sie Paula.«
    Sie wandte sich ab und sprach mit dem ranghöchsten Beamten: »Ich fahre ins Krankenhaus, um eine Aussage von Dr. Hill zu Protokoll zu nehmen, bevor ich Shields vernehme. Rufen Sie mich an, sobald Sie etwas haben. Ich lasse mein Handy angeschaltet. Zum Teufel mit den blöden Herzschrittmachern.« Sie blieb auf der Schwelle stehen und warf der Gruppe einen letzten gefassten Blick zu. »Ich weiß, dass ich mich auf euch verlassen kann. Und Paula weiß das auch.«

    Tony saß auf der Bettkante und hielt einen Styroporbecher mit einem undefinierbaren braunen Gebräu in der linken Hand. Er hatte weniger als zehn Minuten warten müssen, bis er im Bradfield Cross medizinisch versorgt wurde, was er vermutlich dem vielen Blut auf seinem Pullover zu verdanken hatte. Dann hatte man die Hand lokal betäubt, sie mit acht Stichen genäht und die vorsichtige Diagnose geäußert, dass wohl kein permanenter Schaden zurückbleiben werde.
    Die Vorhänge vor seiner abgeteilten Kabine bewegten sich, und Carols vertrautes Gesicht erschien in dem Spalt. »Hi«, sagte sie, schlüpfte hinein und schloss den Vorhang hinter sich. »Wie geht’s?«
    »Ich werd’s überleben«, sagte er.
    Carol setzte sich neben ihn auf das Bett. »Ich brauche eine Aussage von dir.«
    Er lächelte müde und traurig. »Was möchtest du wissen?«
    »Ich muss in Erfahrung bringen, was zwischen dir und Jan vorgefallen ist. Die Sachen vorher – wie du hingekommen bist, was du dir verdammt noch mal dabei gedacht hast –, das kann warten bis später. Aber ich will wissen, wie es sich abgespielt hat.«
    »Ich wusste nicht, wie ich dich dazu bringen könnte, mir zu glauben, außer durch knallharte Beweise«, sagte er. »Das war mein Fehler.« Er nahm einen Schluck aus der Tasse. Ist wohl Tee, dachte er, hätte aber kaum sein letztes Hemd darauf verwettet. »In einem Aktenschränkchen, das in ihrem Kleiderschrank versteckt war, habe ich Fotos und DVDs gefunden. Bilder von den Opfern, bevor sie von der Polizei gefunden wurden. Fotos, die wahrscheinlich von Carl Mackenzie aufgenommen wurden.«
    »Du weißt über Carl Bescheid?«
    Er nickte. »Jan hat mich in großen Zügen informiert.« Er erzählte weiter bis zu dem Zeitpunkt, als er sich umdrehte und weggehen wollte.
    »Sie folgte mir«, sagte er. »Und das hatte ich mir gedacht. Ich musste erreichen, dass sie sich machtlos fühlen und die Beherrschung verlieren würde. Es war meine einzige Chance, eine Schwachstelle in ihrer Verteidigung zu finden und vielleicht lebend davonzukommen.« Er lächelte. »Und da bist du gekommen.«
    »Sie hat also nicht gestanden?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, leider nicht. Sie hatte schon die Version parat, die sie auch dir aufgetischt hat.«
    »Macht nichts«, sagte Carol. »Wir werden sie überführen.«
    »Und Paula?«, fragte Tony.
    »Wir suchen sie. Wir werden sie finden.«
    Er erkannte ihr wiedergewonnenes Selbstbewusstsein an Carols Gesichtsausdruck und ihrer Stimme.
    Trotz seiner Sorge um Paula freute Tony sich auch darüber sehr.

    Nick Sanders trat gegen den leblosen Körper zu seinen Füßen. Der Scheißbulle hatte alles kaputtgemacht. Wo er doch alles perfekt geplant hatte. Er hatte sich eine Woche oder zwei ruhig verhalten wollen, bis das größte Geschrei verebbt war und er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher