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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte
Autoren: Val McDermid
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Momente, in denen er merkte, dass er fast einnickte und dann mit einem Ruck nur wieder erwachte, weil sein Körper sich bewegt und er irgendwo eine andere Stelle der Felsen berührt hatte. Gedanken an Lindy und seine Söhne gingen ihm wirr durch den Kopf. Ihretwegen war er hier. Irgendwo in der Tiefe seiner Psyche wusste er, dass er hauptsächlich deshalb so entschlossen war, persönlich Tims und Guys Mörder seiner Strafe zuzuführen, weil er es als gutes Zeichen und als eine Tat ansah, die ihn davor bewahren würde, seine eigenen Jungen zu verlieren. Das beschwichtigte fast seine Schuldgefühle darüber, dass er Paula aufgegeben hatte. Aber es gab Dutzende von Leuten da draußen, die daran arbeiteten, Paula zurückzubringen, und niemanden außer ihm, der sich so für Tim und Guy einzusetzen bereit war, dass er es riskieren wollte, diese äußerst dürftige Spur zu verfolgen.
    Es war kurz nach sieben, als er ein Geräusch in der Ferne vernahm, das sich von der Brandung der See unterschied. Es konnte kein Zweifel bestehen. Es war ein Auto. Er setzte sich anders hin und versuchte, seine erstarrten Glieder durch Reiben wieder zu aktivieren. Entweder war es ein Bewohner der kleinen Häuser, der nach einem Tag von wer weiß welcher Arbeit in diese gottverlassene Gegend zurückkam. Oder es war Nick Sanders, der sich in seinen Bau zurückziehen wollte, wo er sich sicher wähnte.
    Die Minuten vergingen so langsam wie Stunden. Dann war ein Lichtschimmer hinter den Felsen zu sehen. Er wurde heller und deutlicher, kam um eine Felsnase herum und war dann klar als der gleichmäßige Strahl einer großen Taschenlampe zu erkennen. Merrick duckte sich tiefer hinunter, obwohl er es für ziemlich unwahrscheinlich hielt, dass er zwischen den schwarzen Felsmassen zu sehen war.
    Der Strahl schwang hin und her und fiel auf Hermit’s Castle. Merrick sah zuerst nichts von dem Menschen mit der Lampe. Aber als das Licht in dem schmalen Gang verschwand, konnte er die Umrisse eines Mannes mit einem großen Rucksack auf dem Rücken erkennen. Höhe und Umfang der Gestalt entsprach, soweit er das sehen konnte, weitgehend der Beschreibung von Nick Sanders.
    Merrick zählte bis sechzig, dann stand er auf. Es dauerte ein paar Minuten, bis seine Beine wieder in der Lage waren, ihn zu tragen. Er nutzte die Zeit, um sich zu vergewissern, dass seine Handschellen geöffnet und einsatzbereit waren und er die Lampe mit sicherem Griff hielt. Dann suchte er sich in der Dunkelheit den Weg über die Felsen und trat in den Eingang. Er ging so leise er konnte und hörte schon die Geräusche von jemandem, der sich da drinnen zu schaffen machte. Das Klirren von Dosen, das Rascheln von Plastiktüten. Dann war er in der Kammer und blickte auf den Mann hinunter, der beim Licht einer Taschenlampe, die wie eine Laterne geformt war, neben der Betonbank kauerte. Es konnte kein Zweifel bestehen. Dies war der Mann, dessen Foto an der Tafel im Dezernat hing.
    Langsam erschien ein Lächeln auf Merricks Gesicht.
    »Nick Sanders, ich verhafte Sie wegen Mordverdachts«, sagte er und genoss jedes Wort.
    Aber er hatte sich zu schnell sicher gefühlt. Sanders richtete sich so ungestüm auf, dass er gegen Merrick stieß und dieser die Balance verlor. Sanders versuchte, über ihn weg in den Tunnel zu kriechen, aber der war zu eng. Merrick stürzte sich auf sein Bein und riss ihn um. Sanders taumelte gegen die Wand, ging zu Boden, fiel rückwärts und schlug mit dem Kopf auf dem Betonbett auf.
    Er brummte noch einmal und erschlaffte dann. Merrick richtete sich mit Mühe auf und stolperte zu Sanders hinüber. Zu seinem Bedauern atmete dieser noch. Ohne sich Gedanken über die wichtigste Regel bei Kopfverletzungen zu machen, rollte er ihn auf die Seite und sah voller Zufriedenheit, dass auf der Stirn des Mannes eine Beule anzuschwellen begann. Als er die Handschellen nehmen wollte, passte er einen Moment nicht auf. Plötzlich streckte sich Sanders und sprang hoch, packte die schwere Taschenlampe und schwang sie wild gegen Merricks Kopf. Sie erwischte ihn an der Schläfe, und alles wurde für ihn rot und dann schwarz.

    Carol starrte Jan Shields ungläubig an. »Sie sind das Opfer? Quatsch. Wo ist Paula?«
    Jans Stimme nahm einen warmen, leiseren Ton an. »Ich habe keine Ahnung, Carol. Warum fragen Sie nicht Dr. Hill? Wie ich schon sagte, ich bin hier das Opfer. Ich kam nach Hause und stellte fest, dass er in meine Wohnung eingebrochen war. Er tippte auf meinem Laptop herum. Ich nahm
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