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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte
Autoren: Val McDermid
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zwar bei all diesen Dingen.«
    Plötzlich durchfuhr Tony ein eisiger Schreck. Er sah das Bild von Jan, in Bradfield Moor gegen die Wand gelehnt, vor sich. Wie lange hatte sie da schon auf ihn gewartet? War sie in der Nähe von Derek Tyler gewesen? Hatte sie die Chance gehabt, etwas in ihm zu aktivieren, das sie ihm vor langer Zeit suggeriert hatte?
    »Was gibt’s, Doc?«, fragte Jan und freute sich offen über die Verwirrung, die sie auf seinem Gesicht sah. »Ist Ihnen etwas eingefallen?«
    Tony sprang auf und rannte zur Tür. Carol kam im gleichen Moment aus dem Beobachtungsraum. Sie trafen sich im Flur. »Sie ist in die Anstalt gekommen, um mich zu holen«, sagte er aufgeregt. Er holte sein Telefon heraus und wählte mit einer Hand die Nummer von Bradfield Moor. »Hier Dr. Hill, ich muss mit dem Leiter des Nachtdienstes sprechen.« Während er auf die Verbindung wartete, sah er Carol an. »Du musst hinfahren. Hol Derek Tyler her, lass jemanden rund um die Uhr bei ihm bleiben, bis ich ihn überredet habe, eine Aussage zu machen. Er darf nicht allein gelassen werden. Sie hat ihn bestimmt so programmiert, dass er sich selbst zerstört.« Er sprach in den Hörer. »Vincent? Hier Tony Hill. Diese Sache ist wirklich wichtig. Wie ging es Derek Tyler heute?«
    »Komisch, dass Sie danach fragen, Doc. Er schien ziemlich gut gelaunt, fast aufgekratzt. Wie immer sagte er nichts, aber er war irgendwie ein bisschen lebhafter als sonst.«
    »Wann habt ihr das letzte Mal nach ihm gesehen?«
    »Als das Licht ausgemacht wurde, nehme ich an. Es gibt ja keinen Grund, noch mal nach ihm zu sehen.«
    Verdammt . »Vincent, können Sie mir einen Gefallen tun? Können Sie mal gehen und selbst nach ihm sehen? Jetzt sofort?«
    Der Pfleger klang verwirrt. »Klar, aber …«
    »Und Vincent? Rufen Sie mich zurück, sobald Sie das getan haben.« Er legte auf. »Warum bist du noch hier, Carol? Wir müssen Tyler holen, bevor es zu spät ist. Ich muss mit ihm sprechen.«
    »Wäre es nicht besser, wenn du hinfahren und dort mit ihm sprechen würdest?«
    Er schüttelte den Kopf. »Sonderüberwachung wegen Selbstmordgefahr bedeutet dort, dass man alle fünfzehn Minuten nach ihm sieht. Aber du kannst jemanden rund um die Uhr zu ihm reinschicken. Und das brauchen wir, wenn wir ihn am Leben halten wollen. Carol, du musst mir in dieser Sache vertrauen.«
    Sie zögerte eine Sekunde und sagte dann: »Gut, alles klar.« Sie eilte den Korridor entlang, und Tony ging in den Beobachtungsraum. Er starrte Jan Shields, die anscheinend gar nicht beunruhigt war, durch den nur in einer Richtung durchsichtigen Spiegel an. Ihre Arroganz war umwerfend. Selbst als sie wusste, dass ihr Spitzname bei den Ermittlungen erwähnt wurde, hatte sie nicht Reißaus genommen, sondern einfach vergnügt weitergemacht und jedes auftauchende Problem bereinigt, bevor es für sie zur Schwierigkeit wurde. Es war wirklich unheimlich, denn sie hatte ihn fast so weit, dass er an ihre Unbesiegbarkeit glaubte. Sie schien eine beinahe überzeugende Antwort auf alles und jedes zu haben. Sie konnte, so fürchtete er, wahrscheinlich die Geschworenen so für sich einnehmen, dass sie ihr glaubten oder zumindest verziehen.
    Die Minuten verstrichen, und Tony wurde immer nervöser. Je länger er warten musste, desto schlimmer wurden seine Befürchtungen. Vier, fünf Minuten waren es höchstens vom Raum der Pfleger zu Tylers Zimmer. Eine Minute, um nachzusehen, dann wieder der Weg zurück. Zehn Minuten, nicht länger. So lange dürfte es dauern, bis Vincent sich bei ihm meldete, wenn alles in Ordnung war.
    Zehn Minuten vergingen und dann fünfzehn, aus den fünfzehn wurden zwanzig. Als sein Telefon endlich klingelte, ließ Tony es vor lauter Hast fast fallen, als er es mit der linken Hand aufnahm. »Hallo? Vincent?«
    »Ich bin’s«, sagte Carol. Schon diese Worte sagten ihm alles, was er wissen musste.
    »Verdammt«, sagte er.
    »Ich bin vor fünf Minuten hier angekommen«, sagte sie. »Hier ist alles in Aufruhr. Sie haben Tyler gerade tot in seinem Zimmer aufgefunden. Offenbar hat er seine Zunge verschluckt.«
    »Ich kann’s nicht glauben«, stöhnte Tony.
    »Glaub es«, sagte Carol grimmig. »Dieser Fall ist ein solches Fiasko, und wir sind immer noch weit davon entfernt, Paula zu finden. Ich könnte heulen.«
    »Das könnten wir beide.«
    »Ich seh dich auf dem Revier. Tony, geh nicht zu Jan rein, bis ich wieder zurück bin, ja?«
    »Ja. Wir müssen uns klar werden, wie wir in der Sache weiter
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