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Tödliche Geschäfte

Tödliche Geschäfte

Titel: Tödliche Geschäfte
Autoren: Robin Cook
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entfernt worden, und noch bevor sie sich ganz von den Folgen der Operation erholt hatte, hatten die Ärzte mit der Chemotherapie begonnen.
    Entschlossen, nicht in Selbstmitleid zu versinken, hatte sie gerade einen Roman zur Hand genommen, als die Tür ihres Privatzimmers aufging. Sie blickte nicht einmal auf. In der Forbes-Krebsklinik kam dauernd jemand herein, um ihre Infusion nachzustellen und neue Medikamente zu spritzen. Sie hatte sich so an das ständige Kommen und Gehen gewöhnt, daß es sie kaum noch beim Lesen störte.
    Erst als die Tür sich wieder geschlossen hatte, spürte sie, daß man ihr diesmal ein neues Mittel gegeben haben mußte. Die Wirkung war einzigartig, sämtliche Kraft wich aus ihrem Körper. Selbst das Buch, das sie gehalten hatte, fiel ihr aus den Händen. Noch mehr Angst bereitete ihr jedoch der Effekt, den es auf ihre Atmung hatte; es war, als würde sie ersticken. Qualvoll rang sie nach Luft, was zunehmend schwieriger wurde, bis sie mit Ausnahme ihrer Augen völlig gelähmt war. Die sich leise öffnende Tür war das letzte, was sie sah.

 
     
    1
     
    Freitag, 26. Februar, 9.15 Uhr
     
    »Oh, mein Gott, da kommt sie!« rief Sean Murphy. Panisch griff er nach einem Stapel Krankenblätter und verschwand in dem Raum hinter dem Schwesternzimmer im siebten Stock des Weber Building des Boston Memorial Hospital.
    Verwirrt über die plötzliche Unterbrechung, ließ Peter Colbert, ein Harvard-Kommilitone, der wie Sean im dritten Jahr Medizin studierte, seinen Blick über den Flur schweifen. Er konnte nichts Außergewöhnliches entdecken. Es sah aus wie eine ganz normale, geschäftige, internistische Station eines Krankenhauses. Im Schwesternzimmer ging es zu wie in einem Bienenkorb, eine Sekretärin und vier staatlich geprüfte Krankenschwestern waren emsig bei der Arbeit. Pfleger schoben Patienten in Krankenliegen über den Flur. Aus dem Aufenthaltsraum drangen die Orgelklänge der Titelmelodie einer vormittäglichen TV-Seifenoper. Die einzige Person, die sich dem Schwesternzimmer näherte und nicht hierhergehörte, war eine gutaussehende Krankenschwester, der Peter bei einem Schönheitswettbewerb acht oder neun von zehn möglichen Punkten gegeben hätte. Ihr Name war Janet Reardon, und sie war keine Unbekannte für Peter. Er wußte, daß sie aus einer alten, hochvornehmen Bostoner Familie stammte, unnahbar und unberührbar.
    Peter stieß sich vom Tresen ab, wo er neben der Ablage für die Krankenblätter gesessen hatte, und öffnete die Tür zum Hinterzimmer. Es war ein Allzweckbüro mit Arbeitsflächen in Schreibtischhöhe, einem Computerterminal und einem kleinen Kühlschrank. Hier drinnen fand nach jeder Schicht das Übergabeprotokoll der Schwestern statt, und wer sich etwas zu essen mitbrachte, benutzte die Kammer als Pausenraum. Eine Tür an der Rückwand führte zur Personaltoilette.
    »Was, zum Teufel, ist eigentlich los?« wollte Peter wissen. Er war, gelinde gesagt, neugierig. Sean lehnte, die Krankenblätter an die Brust gepreßt, an der Wand.
    »Mach die Tür zu!« bellte er.
    Peter trat ins Zimmer. »Du hast es mit der Reardon getrieben?« Es war halb Frage, halb verblüffte Erkenntnis. Vor fast zwei Monaten, zu Beginn des turnusmäßigen medizinischen Praktikums im dritten Studienjahr, hatte Sean Janet entdeckt und sich bei Peter nach ihr erkundigt.
    »Wer um alles in der Welt ist denn das?« hatte er gefragt und vergessen, den Mund zu schließen. Vor ihm stand die schönste Frau, die er je gesehen hatte. Sie war vom Tresen geklettert, nachdem sie irgend etwas aus dem unerreichbaren obersten Regal eines Wandschranks gefischt hatte. Er sah, daß ihre Figur jedem Hochglanzmagazin alle Ehre gemacht hätte.
    »Sie ist nicht dein Typ«, hatte Peter erwidert. »Also klapp den Mund wieder zu. Verglichen mit dir ist sie von geradezu königlichem Geblüt. Ich kenne ein paar Typen, die versucht haben, mit ihr auszugehen. Es ist unmöglich.«
    »Nichts ist unmöglich«, hatte Sean gesagt und Janet weiter bewundernd angestarrt.
    »Ein Stadttyp wie du würde es bei ihr nicht mal bis zur Mittellinie schaffen«, hatte Peter erwidert, »geschweige denn, einen Treffer zu landen.«
    »Wollen wir wetten?« hatte Sean ihn herausgefordert. »Fünf Dollar dagegen. Bis zum Ende des Praktikums habe ich sie so weit, daß sie ganz wild auf meinen Körper ist.«
    Damals hatte Peter nur gelacht. Jetzt musterte er seinen Partner mit neuem Respekt. Er hatte geglaubt, ihn in den letzten beiden Monaten voller
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