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Tödliche Geschäfte

Tödliche Geschäfte

Titel: Tödliche Geschäfte
Autoren: Robin Cook
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linken Hand befestigt war, eine Dosis Demerol. An einem Gestell, das über seinem Bett aufragte, hing eine Flasche mit einer Flüssigkeit.
    Das Demerol hatte ihn einschlummern lassen. Er wußte nicht, wie lange er geschlafen hatte, als er auf einmal eine Gestalt neben seinem Kopf bemerkte. Er mußte alle seine Kraft aufwenden, die Augen zu öffnen, so bleischwer waren seine Lider. Am Kopf des Bettes stand eine Schwester, die sich an dem Schlauch der Infusionsflasche zu schaffen machte. In ihrer rechten Hand hielt sie eine Spritze.
    »Was ist denn das?« murmelte Louis wie betrunken.
    Die Schwester schenkte ihm ein Lächeln.
    »Sie hören sich an, als hätten Sie einen zuviel getrunken«, sagte sie.
    Louis blinzelte und versuchte, sich auf das dunkelhäutige Gesicht der Frau zu konzentrieren, das er in seinem narkotisierten Zustand nur verschwommen erkennen konnte. Was seine Aussprache anging, hatte sie allerdings recht.
    »Ich brauche keine Schmerzmittel mehr«, brachte Louis hervor. Er kämpfte sich, auf einen Ellenbogen gestützt, in eine halb sitzende Position hoch.
    »Das ist auch kein Schmerzmittel«, sagte die Schwester.
    »Oh«, sagte Louis. Während die Schwester die Injektion vornahm, wurde Louis klar, daß er noch immer nicht wußte, was man ihm verabreicht hatte. »Was für eine Medizin ist es denn?« fragte er.
    »Eine Wunderdroge«, sagte die Schwester, während sie die Spritze rasch wieder verschloß.
    Trotz seiner Schmerzen mußte Louis lächeln. Er wollte eben eine weitere Frage stellen, als die Schwester seine Neugier befriedigte.
    »Es ist ein Antibiotikum«, sagte sie. Sie knuffte ihn aufmunternd in die Schulter. »Jetzt machen Sie schön die Augen zu und ruhen sich aus.«
    Louis ließ sich grinsend aufs Bett zurücksinken. Er mochte Menschen mit Humor. In Gedanken wiederholte er, was die Schwester gesagt hatte: eine Wunderdroge. Na ja, Antibiotika waren tatsächlich so etwas wie Wunderdrogen. Ihm fiel ein, daß Dr. Handlin gesagt hatte, daß man ihm nach der Operation möglicherweise vorsichtshalber ein Antibiotikum verabreichen würde. Louis fragte sich, wie es in Krankenhäusern wohl zugegangen war, bevor man Antibiotika entdeckt hatte, und war dankbar, daß er in der Zeit lebte, in der er lebte.
    Er schloß die Augen und entspannte, der Ermahnung der Schwester Folge leistend, seinen Körper. Der Schmerz war noch immer gegenwärtig, aber wegen der Narkotika störte er ihn nicht mehr. Narkosemittel waren auch Wunderdrogen, genau wie Schmerzmittel. Louis war jederzeit bereit zuzugeben, daß er, was Schmerzen anging, ein Feigling war. Zu einer Zeit, in der es noch keine »Wunderdrogen« gegeben hatte, hätte er einen Eingriff nie überstanden.
    Beim Eindösen fragte er sich noch, welche Art von Drogen die Zukunft wohl bringen würde. Er mußte Dr. Handlin danach fragen.
     
    4. Januar, 14.53 Uhr
     
    Norma Kaylor beobachtete, wie die Flüssigkeit in die Kammer tropfte, die unter ihrer Infusionsflasche hing. Durch einen großlumigen Katheter sickerte die Infusionslösung in ihren linken Arm. Die Medikamente, die man ihr verabreichte, lösten gemischte Gefühle bei ihr aus. Einerseits hoffte sie, daß die starken chemotherapeutischen Mittel, die man ihr gab, ihren Brustkrebs heilen würden, der sich, wie man ihr gesagt hatte, bereits bis auf Leber und Lungen ausgedehnt hatte. Andererseits wußte sie, daß Medikamente im Grunde Zellgifte waren, die sowohl auf ihren Tumor als auch auf ihren restlichen Körper eine verheerende Wirkung hatten. Dr. Clarence hatte sie vor so vielen möglichen Nebenwirkungen gewarnt, daß sie sich bewußt angestrengt hatte, seine Stimme auszublenden. Sie hatte genug gehört. Sie hatte die Einwilligungserklärung mit einem Gefühl tauber Teilnahmslosigkeit unterschrieben.
    Norma wandte den Kopf und sah vor ihrem Fenster den tiefblauen Himmel Miamis mit seinen weißen Kumuluswolken wie riesige Blasen. Nachdem man ihren Krebs diagnostiziert hatte, hatte sie sich angestrengt bemüht, sich nicht zu fragen: Warum ich? Als sie den Knoten zum ersten Mal ertastet hatte, hatte sie gehofft, er würde von selbst wieder verschwinden wie schon so viele andere Knoten davor. Erst als sich einige Monate später die Haut über der Verhärtung gekräuselt hatte, sah sie sich gezwungen, einen Arzt zu konsultieren, nur um zu erfahren, daß ihre Ängste begründet gewesen waren: Der Knoten war bösartig. So war ihr kurz vor ihrem dreiunddreißigsten Geburtstag die Brustdrüse vollständig
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