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Tödliche Geschäfte

Tödliche Geschäfte

Titel: Tödliche Geschäfte
Autoren: Robin Cook
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mich nicht«, sagte Sean. »Bei all dem juristischen Hin und Her habe ich sie seit Wochen nicht gesehen.«
    »Das ist unbestreitbar richtig«, sagte Janet. »Amüsier dich gut.« Erneut wandte sie sich zum Gehen, hielt jedoch noch einmal inne. »Für mich hat die Reise nach Florida etwas Unerwartetes gebracht«, sagte sie. »Ich denke ernsthaft darüber nach, Medizin zu studieren. Nicht, daß ich den Schwesternjob nicht lieben würde, und er ist weiß Gott eine Herausforderung, aber all das, was du mir über Molekularbiologie und die von ihr in Gang gesetzte Revolution in der Medizin erzählt hast, hat mich so fasziniert wie kein anderes akademisches oder wissenschaftliches Thema zuvor. Ich glaube, ich möchte daran teilhaben.«
    »Ich hoffe, man sieht sich«, fügte sie noch hinzu, während sie schon den Flur hinunterging. »Und mach den Mund zu.«
    Sean war so perplex, daß er kein Wort herausbrachte.
     
    Es war kurz nach acht, als Sean Old Scully’s Bar betrat. Nach den vielen Wochen erzwungener Abwesenheit war er von freudiger Erwartung erfüllt. In der Bar wimmelte es von alten Freunden und Bekannten, und eine fröhliche Ausgelassenheit lag in der Luft. Einige Gäste waren bereits seit fünf oder sechs Uhr hier und jenseits der Schmerzgrenze. Im Fernsehen lief ein Spiel der Red Sox. Als Sean einen Blick auf den Bildschirm warf, schnitt Roger Clemens gerade Grimassen in die Kamera, während er auf ein Zeichen des Fängers wartete. Vor dem Fernseher hatte sich eine Truppe hartgesottener Fans versammelt, die Anfeuerungsrufe grölten.
    Sean blieb bei der Tür stehen und betrachtete die Szenerie. Er sah Jimmy O’Connor und Brady Flanagan, die am Dartboard standen und Tränen lachten. Ein Pfeil hatte nicht nur das Brett, sondern auch die Wand verfehlt und war im Fensterrahmen steckengeblieben. Jimmy und Brady waren offensichtlich voll.
    An der Bar waren Molly und Pete damit beschäftigt, Gläser mit Ale und Guiness zu füllen, wobei sie manchmal bis zu fünf Gläser in einer Hand hielten. Immer wieder wurden Schnapsgläser mit irischem Whiskey auf den Tresen gestellt. Ein Kurzer zwischen zwei Bieren, und die Probleme des Alltags gerieten schneller in Vergessenheit.
    Sean betrachtete die Jungs an der Bar. Er erkannte Patrick FitzGerald oder Fitzie, wie er genannt wurde. Als sie in der neunten Klasse waren, hatte Fitzie ihm sein Mädchen ausgespannt. Er erinnerte sich daran, als wenn es gestern gewesen wäre. Sean war total in Mary O’Higgins verliebt gewesen, doch die war einfach von einer Party, zu der er sie mitgebracht hatte, verschwunden, um es mit Fitzie auf der Ladefläche von Frank Kildares Pick-up zu treiben.
    Aber seit seinem Triumph aus Schultagen hatte Fitzie um die Hüften deutlich zugelegt, und sein Gesicht war aufgedunsen und teigig. Er arbeitete unten am alten Navy Yard, wenn er arbeitete, und war mit Anne Shaughnessy verheiratet, die seit der Geburt ihrer Zwillinge in die Breite gegangen war und gut 90 Kilo wiegen mußte.
    Sean machte einen Schritt auf den Tresen zu. Er wollte sich in seine alte Welt hineinziehen lassen. Er wollte, daß ihm jemand auf die Schulter klopfte und ihn damit aufzog, daß sein Bruder Priester geworden war. Er wollte sich an die alten Zeiten erinnern, als er gedacht hatte, die Zukunft sei eine endlose Straße, auf der er mit der ganzen Gang dahinsausen würde. Gemeinsame Erlebnisse, die man in der Erinnerung wieder und wieder genießen konnte, das war Sinn und Freude des Lebens, und mit jedem Wiedererzählen und jeder neuen Ausschmückung wurden die Erlebnisse immer schöner.
    Doch irgend etwas hielt Sean zurück. Irritiert, fast schmerzhaft spürte er wieder sein Anderssein, empfand mit geradezu erdrückender Klarheit, daß sein Leben einen anderen Weg genommen hatte als das seiner Freunde. Er kam sich vor wie ein Beobachter seines alten Lebens; er gehörte nicht mehr dazu. Die Ereignisse im Forbes-Zentrum hatten ihn gezwungen, über den engen Horizont seiner alten Freunde in Charlestown hinauszublicken auf andere, weitreichendere Zusammenhänge. Die schützende Geborgenheit, die in der Unkenntnis der Welt lag, war ihm endgültig verlorengegangen. Alle seine alten Freunde halb oder ganz betrunken zu sehen ließ ihn erkennen, wie begrenzt ihre Möglichkeiten waren. Eine undurchschaubare Mischung sozialer und ökonomischer Gründe hielt sie im Netz immer gleicher Fehler gefangen. Sie waren dazu verurteilt, die Vergangenheit zu wiederholen.
    Ohne ein einziges Wort mit
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