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Tödliche Ewigkeit

Tödliche Ewigkeit

Titel: Tödliche Ewigkeit
Autoren: Denis Marquet
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zu Ehren der Toten. Erweisen Sie Ihnen Respekt.«
    Jeff knurrte:
    »Sie haben Ihren Opfern ein Denkmal errichtet?«
    Ohne auf die Frage zu antworten, ging Irkalla auf Jeff zu, der sofort wieder seine Waffe hob. Doch der Professor hatte die Augen geschlossen: Wie in einem schmerzlichen Traum strich er zärtlich mit den Fingerspitzen über die in den Stein gemeißelten Namen. Dann fuhr er fast beiläufig fort:
    »Sie müssen wissen, dass ich jeden, der an meinem Werk mitgearbeitet hat, aus tiefstem Herzen geliebt habe. Ich kann mich mit ihrem Tod nicht abfinden. Jeder Mensch ist einzigartig, durch seinen Weggang büßt das Universum etwas Unwiederbringliches ein.«
    Er öffnete wieder die Augen und sah Jeff mit seinem hypnotischen Blick an, als wolle er die Tiefen seiner Seele ergründen. Mulligan kämpfte mit einem ihm bis dahin fremden Gefühl der Benommenheit.
    »Hören Sie doch auf«, entgegnete er. »Sie waren es doch, der diese Menschen umgebracht hat. Sie haben ihnen keine Wahl gelassen.«
    »Lässt man denn den Soldaten eine Wahl, die man in ein absurdes Gemetzel entsendet? Oder den Völkern, die man mit Bomben überzieht? Und zu welchem Zweck? Wozu ist ein Krieg gut? Was bringt er, wenn nicht Tote, Tote, Tote …? Und alle Welt findet sich damit ab, ist an den Tod gewöhnt, nicht wahr? Man liebt ihn, man verbreitet ihn. Ich dagegen kämpfe mit allem, was in meiner Macht steht, gegen den einzigen ernst zu nehmenden Feind des Menschen. Ja, ich habe Verluste zu verzeichnen, und glauben Sie mir, nachts verfolgen mich die Gesichter jedes Einzelnen, den ich nicht zu retten vermochte. Doch meine Einbußen sind unendlich geringer als jeder Kriegsgräuel. Und ich opfere diese Leben nur im Dienste des Lebens.«
    Jeff hatte Mühe, sich nicht von den Argumenten dieses eigenartigen Mannes einlullen zu lassen. Sie zogen ihn stärker in ihren Bann, als ihm lieb war.
    »Sie sind ein Verbrecher. Sie haben Lucie Milton und Henry Buchanan ermorden lassen.«
    »Lucie Milton … Henry Buchanan …«
    Irkalla hatte die beiden Namen mit großem Respekt, ja beinahe zärtlich ausgesprochen. Es war, als wolle er ihre Gegenwart mit einem Erinnerungsritual heraufbeschwören. Lange schwieg er.
    »Auch um sie habe ich geweint. Doch sie stellten sich gegen ein Werk, das verwirklicht werden muss, damit ihr Tod und der meiner Märtyrer einen Sinn hat.«
    »Wieso war Lucie eine Bedrohung für Sie?«
    »Sie hatte Henry Buchanans Medikament analysiert. Glauben Sie, eine Frau wie sie, die soeben das Unfassbare entdeckt hat, würde sich damit zufriedengeben, hinter das Rätsel gekommen zu sein?«
    »Aber was an diesem Medikament war so entlarvend?«
    Irkalla lächelte geheimnisvoll.
    »Es zeigte, wie nahe wir unserem Ziel sind.«
    Jeff runzelte ungläubig die Stirn.
    »Sie sind doch verrückt …«
    »137 Tote, Sergeant Mulligan. Ach, bald werden es 138 sein. Wie viele Namen werden in dieses Monument eingraviert sein, wenn wir unser Werk vollendet haben werden? Vielleicht weniger als zweihundert … Wir stehen kurz vor dem Durchbruch.«
    »Kurz davor, den Tod zu bezwingen? Also dann …«
    »Lucie hatte es begriffen. Sie hätte mir Fragen gestellt, hätte es nicht gutgeheißen. Doch wenn man Krieg führt, will man auch gewinnen, oder was meinen Sie? Man muss akzeptieren, dass man sich die Hände schmutzig macht. Sie kennen das ja aus eigener Anschauung, Sergeant Mulligan. Ein Mann, der mit so viel Blut an den Händen für die Gerechtigkeit eintritt … Ist es dieses überaus menschliche Paradox, das Ihnen schon seit langem den Schlaf raubt?«
    Jeff war wie vom Donner gerührt. Steve Buchanan hatte sie nicht belogen: Man hatte Erkundigungen über sie beide eingeholt, man wusste praktisch alles über sie. Doch über diese Informationen hinaus schien der Professor die Gabe zu besitzen, in seiner Seele zu lesen.
    »Lucie Milton«, fuhr Irkalla fort, »war derart … kompromisslos. Eine Idealistin. Das Gute wollen, ohne den Preis dafür zu zahlen …«
    »Was genau hatte sie denn nun herausgefunden?«, unterbrach ihn Jeff. »Was war an der Behandlung von Henry Buchanan so außergewöhnlich?«
    »Sie packt das Leben an seiner Wurzel. Ein Vorgang von göttlicher Einfachheit und dabei so schwer zu bewerkstelligen … Wissen Sie, durch welches Wunder die ersten Zellen eines Embryos auf Anhieb Dutzende verschiedener Organe unterscheiden? Die Stammzellen, Sergeant … Sie produzieren einen Transformationswirkstoff, und dieser verleiht den Zellen
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